Die auf der Jahrestagung der DGZfP geehrten IKT-Forscher Julian Würthner, links, und Dr. Johannes Rittmann, rechts

Kunststofftechnik: Ausgezeichnete Forschung zu Material- und Bauteilprüfung

June 23, 2025

Zwei Nachwuchswissenschaftler des Instituts für Kunststofftechnik wurden für ihre Forschung im Bereich der „zerstörungsfreien Prüfung“ (ZfP) ausgezeichnet. Als ZfP bezeichnet man spezifische Verfahren zur Material- oder Bauteilprüfung, bei denen das Prüfobjekt nicht beschädigt oder verändert wird. Die ZfP ist heute in nahezu allen Industriezweigen unverzichtbarer Bestandteil der Qualitätssicherung – von der Energie- und Fahrzeugtechnik bis zum Brücken- und Flugzeugbau.

Auf der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) in Berlin wurden gleich zwei Wissenschaftler für ihre Arbeiten am Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart ausgezeichnet.

Der Science Award Young Researchers ging an Julian Würthner, den Science Award durfte Dr. Johannes Rittmann entgegennehmen. Würthner erhielt die Auszeichnung für seine am IKT angefertigte Masterarbeit, Rittmann, inzwischen KI-Entwicklungsingenieur bei der Precitec GmbH & Co. KG, für seine am selben Institut erstellte Promotion. Damit gehen erstmalig zwei DGZfP-Preise an zwei Mitarbeitende desselben Forschungsinstituts.

Das Institut für Kunststofftechnik agiert in Lehre, Forschung und industrieller Dienstleistung in allen Hauptbereichen der Kunststofftechnik: der Werkstofftechnik, der Verarbeitungstechnik wie auch in der Produktentwicklung. Die Zerstörungsfreie Prüfung ist ein starker Forschungsschwerpunkt des Instituts.

Die auf der Jahrestagung der DGZfP geehrten IKT-Forscher Julian Würthner, links, und Dr. Johannes Rittmann, rechts

Die Preisträger

Julian Würthner erhielt den Preis für seine Arbeit über Luftultraschall-Polarscans von Faserkunststoffverbunden („Untersuchung zur Realisierung von luftgekoppelten Ultraschall-Polar-Scans“): Er erforschte, ob man über das Ausbreitungsverhalten von akustischen Wellen im Material Aufschluss über die richtungsabhängige (anisotrope) Steifigkeit eines Werkstücks erhalten kann. Johannes Rittmann dagegen gelang es, das Auflösungsvermögen der aktiven Thermographie massiv zu erhöhen („Optimierung des örtlichen Auflösungsvermögens in der aktiven Thermographie durch eine Lockin-Kompensationsmethode und die KI-gestützte Invertierung thermischer Wellen“).

Die Forschungsprojekte

Bei Polarscans werden Ultraschall-Emitter und -Messkopf von Robotern kreisförmig über einen Punkt der Materialprobe geführt – in definierten Winkeln und im Abstand von wenigen Millimetern. Würthner konnte zeigen, dass anhand der Amplitude des rückseitig empfangenen Ultraschallsignals, aufgetragen in einem Polarkoordinatensystem, tatsächlich Rückschlüsse auf die Anisotropie des Werkstoffs möglich sind. Grundsätzlich stimmen seine Resultate, bei denen der Wissenschaftler auf das Koppelmittel verzichten konnte, mit Literaturergebnissen überein, die „klassisch“ im Wasserbad gemessen wurden.

Bei der aktiven Thermographie nutzt man Infrarot-Strahlung, um Materialfehler in Kunststoffbauteilen aufzuspüren. Versteckte Fehlstellen verraten sich dann, indem sie einen Teil der eingestrahlten Wärme reflektieren. Leider liefert das schon länger bekannte Verfahren oft unscharfe Bilder, weil größere Wärmemengen im Werkstoff dissipiert werden. Rittmann setzte ihm praktisch eine „Brille“ auf, indem er über einen Infrarot-Beamer die aufgebrachte Wärme an heißen Stellen der Probe gezielt reduziert und an kälteren Stellen erhöht – so lange, bis auf der Bauteiloberfläche nur noch eine einheitliche Temperatur vorherrscht. Damit verfügt der Computer, der die Beleuchtung steuert, über ein sehr genaues Abbild des Schadens – weil er über die eingetragenen Energiemengen exakt Buch führt und die Fehlstellen im Werkstück kaum noch überschüssige Wärme an benachbarte Bereiche abgeben. Damit kann der Rechner ein wirklichkeitsnäheres Bild des Schadens erzeugen. Gleichzeitig kann er die Messung selbsttätig einregeln und das bereits gute Bild mit Hilfe von künstlicher Intelligenz nochmals nachschärfen. Damit konnte Johannes Rittmann die Auflösung der Thermographie im Vergleich zum klassischen Verfahren mehr als verdoppeln. Die Arbeit wurde auch in den Scientific Reports des renommierten Wissenschaftsmagazin Nature publiziert.

Die Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung 
Die Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) versteht sich als Sprachrohr der Zerstörungsfreien Prüfung und als Plattform für ZfP-Interessierte. Mit ihren Awards würdigt die DGZfP besonders herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Zerstörungsfreien Prüfung; sie wurden erst jüngst internationaler ausgerichtet, um die weltweite Sichtbarkeit der ZfP zu erhöhen und den Prestigegewinn für die Preisträger*innen zu steigern. Der Science Award Young Researchers (bis 2024 der „Nachwuchspreis“) wird an Studierende und Wissenschaftler*innen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen verliehen, die ein Thema von Bedeutung für die Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) fundiert bearbeitet haben. Der Science Award (bis 2024 der „DGZfP-Wissenschaftspreis“) wird an Forscher*innen verliehen, die die Zerstörungsfreie Prüfung mit einer herausragenden wissenschaftlichen Arbeit und innovativen Ansätzen maßgeblich vorangetrieben haben.

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