Für die Therapie von Brustkrebs hat sich der Einsatz von Antiöstrogenen wie dem Wirkstoff Tamoxifen als sehr erfolgreich erwiesen. Bei rund 30 Prozent der Patientinnen kommt es jedoch nach einer Langzeitbehandlung zu Rückfällen. Einen wesentlichen Mechanismus, der hinter dieser nachlassenden Wirksamkeit steht, konnte nun eine Arbeitsgruppe des Dr. Margarete Fischer-Bosch-Instituts für Klinische Pharmakologie am Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zellbiologie und Immunologie der Universität Stuttgart zeigen. Die Erkenntnisse bilden die Basis für die Modifikation bestehender antiöstrogener Medikamente oder die Entwicklung eines neuen Medikaments, das der nachlassenden Wirkung der eingesetzten Antiöstrogene vorbeugt.
Östrogene, die natürlich im Körper gebildet werden, können das Wachstum von Tumoren fördern, wenn deren Gewebe bestimmte Bindungsstellen (Rezeptoren) für Hormone aufweist. Durch den Einsatz von Antiöstrogenen wird diese wachstumsfördernde Wirkung unterdrückt. Unterstützend wirkt dabei der natürliche Schutzmechanismus des Immunsystems, das einen Tumor erkennt und abtötet.
Immunhemmendes Protein identifziert
„Ein Grund für das erhöhte Rückfallrisiko nach einer langjährigen antiöstrogenen Behandlung
liegt offensichtlich darin, dass die natürliche Immunantwort des Körpers lokal in der Tumorumgebung
gehemmt wird“, erläutert Prof. Dr. Cornelius Knabbe, Chefarzt der Abteilung für Labormedizin am RBK
und Leiter der Arbeitsgruppe, der gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus Pfizenmaier von der Universität
Stuttgart das Forschungsprojekt betreut. „Verantwortlich für diese Hemmung ist der Transformierende
Wachstumsfaktor Beta (TGF-ß), ein Protein, das die Brustkrebszellen bei andauerndem Einsatz von
Antiöstrogenen vermehrt produzieren.“
TGF-b wirkt immunsuppressiv, so dass die Zellteilung zwar teilweise weiterhin gehemmt wird, der Tumor aber nicht mehr vom Immunsystem bekämpft werden kann und erneut wächst. Dieser Effekt trägt zum Therapieversagen nach langfristiger Anwendung bei.
Perspektiven
„Der nächste Schritt wird sein, nach einem geeigneten Wirkstoff zu suchen, der diesem
Mechanismus entgegenwirkt“, so Chefarzt Prof. Knabbe. „Vorstellbar ist, das seit bereits mehr als
30 Jahren erfolgreich eingesetzte antiöstrogene Mittel Tamoxifen so zu modifizieren, dass es die
Immunantwort des Körpers zusätzlich stimuliert. Ein anderer Weg wäre, ein zusätzliches Medikament
zu entwickeln, das simultan zur Wirkung des Tamoxifen das Protein TGF-ß in seiner immunsuppressiven
Wirkung neutralisiert.“
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden erstmalig am 9. Februar 2010 als Titelthema in der
Zeitschrift Cancer Research publiziert:
Antiestrogens Induce Transforming Growth Factor ß-Mediated Immunosuppression in Breast Cancer
Christian M. Joffroy, Miriam B. Buck, Matthias B. Stope, Simone E. Popp, Klaus Pfizenmaier and
Cornelius Knabbe; Cancer Res; 70(4), 1314-1322, February 15, 2010