Geschichte der Naturwissenschaft und Technik

Studienwahl-Kompass

Bachelor Geschichte der Naturwissenschaft und Technik – Orientierung für Studieninteressierte

Passt GNT zu mir?

Meine Fähigkeiten

Das für manche vielleicht Wichtigste vorab: Sie müssen kein Mathe-Ass sein! Sie müssen auch keine naturwissenschaftlichen Leistungsfächer oder ein Abitur auf einem Technischen Gymnasium mitbringen. Was Sie aber brauchen, ist ein ausgeprägtes Grundinteresse an naturwissenschaftlich-technischen Entwicklungen und die Bereitschaft, eigenständig die naturwissenschaftlich-technischen Aspekte eines Themas so weit nachzuvollziehen, wie es in den Lehrveranstaltungen und der historischen Fachliteratur erklärt wird. 

Die zweite zentrale Fähigkeit, die Sie für alle geisteswissenschaftlichen Studienfächer benötigen: Sie kommen mit einem hohen Lesepensum gut zurecht und schaffen es, auch selbst ziemlich viel zu schreiben. Wenn Sie eigentlich nur unter Protest zum Stift oder zur Tastatur greifen, werden Sie im Studium nicht glücklich werden. Die Lust zum Lesen schließt auch die Bereitschaft ein, sich an englischsprachige Texte zu wagen – auch wenn Sie nicht gleich alles verstehen.

Da historische Forschung eine Art Spurensuche und Fährtenlesen in der Vergangenheit bedeutet, ist neben solidem historischen Wissen auch analytisches Denken und Spaß am Recherchieren gefragt. Und schließlich: Wie alle geisteswissenschaftlichen Studiengänge erfordert das Fach GNT ein hohes Maß an Eigeninitiative und -motivation!

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 (c) Pixabay

Meine Interessen

Natürlich sollten Sie ausgeprägtes Interesse für Naturwissenschaften und Technik einerseits und Interesse für Geschichte andererseits mitbringen – vor allem für die Frage, wie und warum sich wissenschaftliche Kenntnisse und technische Errungenschaften entwickelt und wie sie die Welt verändert haben. Es ist aber nicht schlimm, wenn Sie sich nicht für alles gleich stark interessieren:

Sie begeistern sich zum Beispiel für die Geschichte des Verkehrs und der Mobilitätstechnik, haben aber für Botanik wenig übrig? Dann legen Sie einen Schwerpunkt auf die Technikgeschichte, die in Stuttgart ein starkes mobilitätshistorisches Profil hat. Autos und Flugzeuge sind Ihnen nicht so wichtig, aber Sie wollen verstehen, wie die Relativitätstheorie oder das Konzept des Atoms unser Weltbild verändert haben? Auch da kommen Sie auf Ihre Kosten!

Kurz und gut: Sie brauchen eigentlich nur Interesse für Naturwissenschaften und/oder Technik und für deren Geschichte – und eine große Portion Neugier. Alles andere entwickelt sich im Studium!

 

Beispiele aus unserer Forschung

Finden Sie diese interessant?

Computer veränderten den Alltag seit ihrem Aufkommen zunehmend und grundlegend. Häufig prägte die Angst vor vollständiger Rationalisierung, Entfremdung und gläsernen Bürgern das Thema der Computerisierung. Dem gegenüber standen von Anfang an die Neugierde und die Vorstellung, das Leben der Menschen durch Computer zu verbessern, zu vereinfachen sowie neuartige Kommunikationsformen zu erschließen. In diesem Spannungsfeld der neuen Technologie, zwischen Chancen und Gefahren, befanden sich die Hacker.

Manche sahen sie als Kriminelle, die in jedes System eindringen konnten. Andere wiederum sehen sie als Bastler, die den technischen Fortschritt aus Neugierde vorantrieben oder als Experten, die für den Datenschutz eintraten. Von Anfang an warben Hacker für einen kritischen Umgang mit der Technik und entwarfen utopische, digitalisierte Welten. Den Hackern war der freie Zugang zu Informationen und Kommunikation, direkte Partizipationsmöglichkeiten sowie ein kreativ-schöpferischer Lebensweg wichtig. In der DDR gab es durch strengere staatliche Überwachung deutlich kleinere Handlungsspielräume für Gesellschaftskritik und Computer waren im geringeren Maße verfügbar. Dennoch verfolgten auch im sozialistischen Deutschland Amateure einen spielerischen Umgang mit Computern oder nutzten Computer für die oppositionelle Arbeit.

Aber welchen Einfluss hatten Hacker tatsächlich in der Computerisierung der Bundesrepublik und DDR seit den späten 1970ern? Wie hat sich ihr alltäglicher Umgang mit Computern auf deren Entwicklung, Wahrnehmung und Anwendung ausgewirkt? Wie reagierten Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien auf dieses neue Phänomen?

Julia Gül Erdogan hat sich in ihrer Doktorarbeit mit der frühen sub- und gegenkulturellen Computernutzung im Spannungsfeld zwischen Freizeitkultur, Wissenschaft, Individualisierungsprozessen und Politisierung auseinandergsetzt. Ihr Projekt ist ein Beispiel für Promotionsprojekte in der Zeitgeschichte der Naturwissenschaften und Technik.

Der Maschinenbau prägte im 20. Jahrhundert nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern auch Politik, Hochschulwesen und Kultur des Landes. Gerade der Beginn des 20. Jahrhunderts stellt einen besonders interessanten Entwicklungszeitraum in den Maschinenwissenschaften dar, da zu dieser Zeit ein Großteil des im 19. Jahrhunderts geschaffenen Grundlagenwissens in maschinentechnische Entwicklungen einge­bracht wurde: Grundlagendisziplinen der Maschinenwissenschaften wie Thermodynamik oder Technische Mechanik – die auch heutzutage Grundlage jedes Studiums des Maschinenbaus sind – wurden geschaffen. Diese trugen nicht nur dazu bei, den Maschinenbau in Lehre und Forschung in der deutschen Hochschullandschaft zu etablieren, sondern auch das Tor für leistungsstärkere Maschinentechnik und die Erschließung neuer Werkstoffe aufzustoßen.

Die von Andreas Haka vorgelegte Forschungsarbeit untersucht die deutschen Maschinenwissenschaften an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen über einen Zeitraum von 50 Jahren. In der Arbeit wurden soziale Netzwerke in den deutschen Maschinenwissenschaften eruiert und mit dem Thermodynamiker Ernst Schmidt (1892-1975) und der Maschinenbauer Enno Heidebroek (1875-1955) zwei Akteure aus verschiedenen Generationen als Fallbeispiele dargestellt. Die Untersuchung basiert auf der Sichtung von rund 4.000 Biografien von Maschinenbauern und deren sozialem Umfeld.

Diese Forschungsarbeit ist ein gutes Beispiel für eine analytische Arbeit zur sozialen Interaktion von Vertretern einer ganzen Fachcommunity.

Klaus Hentschel hat sich in seinem Buch mit den verblüffenden Gemeinsamkeiten zwischen auf den ersten Blick so verschiedenen Wissenschaftsfeldern wie Astrophysik und Anatomie, Stereochemie und Architektur, Metorologie und Mineralogie, Geologie und Zoologie, auseinandergesetzt. Allen diesen Forschungsfeldern gemeinsam ist eine intensive Nutzung visueller Methoden zur Beobach­tung, Repräsentation und Modellierung ihrer Forschungsobjekte. Die Forscher in diesen Feldern legen großen Wert auf Mustererkennung und die bestmögliche Wiedergabe ihrer Befunde. Die Forscher eint ein ausgeprägtes anschauliches Denken sowie eine große ästhe­tische Faszination durch ihre Untersuchungs­gegenstände, die sich im häufigen Gebrauch von Attributen wie „schön, fesselnd, faszinierend” äußert.

Durch einen Vergleich vieler Dutzend naturwissenschaftlicher und technischer Forschungs­gebiete von der Frühen Neuzeit bis ins späte 20. Jahrhundert leitet Klaus Hentschel neun Merkmale visueller Wissenschafts- und Technikkulturen ab. Diese finden sich in den meisten seiner Fallstudien in immer neuen Kontexten und Disziplinen. Ein überraschendes Merkmal ist beispielsweise, dass viele Pioniere der Wissensfelder aus Familien mit Bezügen zum Hand­werk stammen oder aus anderen, stark visuell geprägten Berufen außerhalb der Wissenschaft. Viele von ihnen hatten nicht Universitäten besucht, sondern Technische Hochschulen, Polytechnika, oder andere eher praktisch orientierte Bildungs­anstalten, in denen sehr viel mehr Zeichnen unter­richtet wurde als an den stärker theorie- und textorientierten Universitäten. Ihre außergewöhnlichen visuellen Fähigkeiten übertrugen sie später dann in neue Wissen­­schafts­felder. 

Durch die schärfere Umreissung des oft vage bleibenden Begriffs „visuelle Kultur” entsteht ein gesamtheitliches Bild von Wissen­schaftspraxis. Auch für Nachbarfächer wie Bildungs- und Kunst­geschichte oder Sozial­geschichte erwachsen spannende Fragestellungen. 

Dieses Projekt ist ein Beispiel für ein viele Jahre lang verfolgtes Forschungsprojekt in der Geschichte der Naturwissenschaften und Technik.

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