ChatGPT

ChatGPT an der Universität Stuttgart: Ausprobieren, Chancen nutzen, Empfehlungen erarbeiten

12. April 2023

Der Chatbot ChatGPT hat das Potenzial, unser Handeln in Lehre und Forschung zu verändern. Für den Einsatz von KI-Tools müssen neue Rahmenbedingungen geschaffen werden. Was die Universität Stuttgart für das Sommersemester 2023 plant.

Mit Unterstützung von IRIS und IZKT und begleitet von der Prorektorin für Informationstechnologie Dr. Simone Rehm lädt die Universität Stuttgart zu einem internen Diskurs zur Bedeutung von Chatbots in der Wissenschaft ein. Darüber hinaus gibt es es eine Informations- und Diskussionsveranstaltung, die sich auch an die Stadtgesellschaft richtet.

Aktuelles zu ChatGPT


Informationsmaterialien

Um Sie in Diskussions- und Entscheidungsprozessen im Umgang mit KI-Tools zu unterstützen, stellen wir Ihnen folgendes Informationsmaterial zur Verfügung. 

Diskutieren Sie mit

Sie bieten in Ihrem Fachbereich eine Veranstaltung zu generativen KI-Anwendungen wie ChatGPT an? Bitte melden Sie diese über das entsprechende Formular der Hochschulkommunikation, damit Ihre Veranstaltungen in dieser Übersicht veröffentlicht werden können. 

Die Universität Stuttgart hat für ihre Beschäftigten und Studierenden in ILIAS ein Forum zu KI-Tools wie ChatGPT eingerichtet. Es dient dem Erfahrungsaustausch und der Diskussion, wie diese in Lehre und Forschung eingesetzt werden können. Alle sind herzlich eingeladen, im Forum eigene Erfahrungen mit der Anwendung solcher Tools zu schildern oder mit anderen über die Einsatzmöglichkeiten in der Lehre oder in der Forschung zu diskutieren.

Über Chancen und Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz in Forschung und Lehre

Wie soll die Universität Stuttgart mit KI-Tools wie ChatGPT umgehen? Der Prorektor für Lehre und Weiterbildung Prof. Frank Gießelmann und Lisa Schöllhammer, die Koordinatorin des Projekts digit@L und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften, sprechen im Interview vom 17. März 2023 über Chancen und Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz und erläutern, was die Universität plant. Handlungsempfehlungen für ChatGPT in Lehre, Prüfungen und Forschung sollen im Sommersemester 2023 veröffentlicht werden.

ChatGPT, der auf einer Künstlichen Intelligenz (KI) basierende Chatbot, ist in aller Munde – und auch Thema an der Universität Stuttgart, oder?
Porträtfotografie von Prof. Frank Gießelmann
Prof. Frank Gießelmann, Prorektor für Lehre und Weiterbildung

Gießelmann: Ja, spätestens seit dem Jahreswechsel kommt niemand mehr an dem Thema vorbei. Wir wollen und können uns dem technologischen Fortschritt nicht verschließen. Im Treffen der Studiendekaninnen und Studiendekane am 14. Februar fand ein erster Meinungsaustausch zu ChatGPT in der Lehre statt. Und am 28. Februar hat das Rektorat über ChatGPT diskutiert. In beiden Runden hat Frau Schöllhammer mit ihrem Impulsvortrag, in dem sie das KI-Tool sowie seine Chancen und Herausforderungen vorgestellt hat, eine gute Diskussionsgrundlage gegeben.

Was ist das Besondere an ChatGPT – allgemein und speziell für Studierende und Lehrende?
Porträtfotografie von Lisa Schöllhammer
Lisa Schöllhammer, Akademische Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften

Schöllhammer: Allgemein ist es ein gut trainiertes, großes statistisches Sprachmodell, das durch die Chat-Oberfläche sehr leicht zu bedienen ist. Anders gesagt: ChatGPT ist ein intelligenter Gesprächs- und Feedbackpartner, wobei die Qualität der Antworten von der Qualität der Fragen abhängt. Auf die Wissenschaft bezogen ist das Besondere die kreative individuelle Textgenerierung auf einem Niveau, das eine Unterscheidung der KI-Leistung von menschlicher Leistung sehr erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Jede Antwort ist einzigartig, sie besteht nicht aus vorgefertigten Satzstücken. Auch Codegenerierung ist möglich, allerdings im Moment noch auf einem niedrigeren qualitativen Niveau. Diese, bisher umsonst verfügbare, mächtige KI-Leistung birgt Herausforderungen aber auch große Chancen für die Lehre.

Studierende können ChatGPT wie einen persönlichen, immer verfügbaren und geduldigen Tutor nutzen, um eigene Leistungen zu verbessern. Das KI-Tool passt sich an das Niveau des Studierenden an, stellt Übungsaufgaben, gibt Feedback und hilft bei der Fehlersuche. Und auch Lehrende können profitieren: ChatGPT ist wie ein persönlicher Assistent, der die eigene Effizienz erhöhen kann, zum Beispiel beim Erstellen von Klausur- und Übungsfragen, durch Vorschläge zur Planung und Gliederung von Veranstaltungen oder der Zusammenstellung von Texten für diese.

Gießelmann: Die Forschung ist ebenso betroffen. Auch darüber haben wir im Rektorat gesprochen. Es gibt ja schon Beispiele von Publikationen in Peer-Review-Journalen, die unter Beteiligung von ChatGPT erstellt wurden. Und der Übergangsbereich ist natürlich der Einsatz von ChatGPT bei der Erstellung von Doktorarbeiten. Auch hier besteht sicherlich Klärungsbedarf.

Wo liegen die Grenzen von ChatGPT?

Schöllhammer: ChatGPT ist darauf ausgelegt, auf alle Fragen eine möglichst plausible, gut formulierte Antwort zu geben. Das heißt nicht, dass die Antwort wahr oder faktenbasiert ist. Wie die Antwort zustande kommt und welche Quellen genutzt werden, ist vom Nutzer nicht erkennbar. Manche Antworten sind einfach nur eloquenter Unsinn. Außerdem sollte bedacht werden, dass nicht klar ist, was mit den eingegebenen Daten oder Prompts passiert, wie lange und wo sie gespeichert werden und wer jetzt und in Zukunft Zugriff hat.

Was muss im Zusammenhang mit ChatGPT an der Universität Stuttgart geklärt werden? Wie sollen wir mit dem KI-Tool umgehen?

Gießelmann: Wie an den meisten anderen Hochschulen geht die Tendenz dahin, dass ChatGPT in Zukunft ein wichtiges Tool werden wird, mit dem zu arbeiten und dessen richtigen Einsatz man lernen muss. Wir wollen es nicht verbieten, sondern auf die Chancen setzen und ermuntern alle, es auszuprobieren. Das war der Tenor in der Studiendekan*innen-Runde und im Rektorat. Wir schließen uns in weiten Teilen der in Frau Schöllhammers Präsentation zitierten Handreichung der TU München zum Einsatz von ChatGPT in der Lehre an.

Schöllhammer: Was bald geklärt werden sollte, ist der Umgang mit ChatGPT in Prüfungen. Viele Prüfungsformen wie mündliche oder klassische schriftliche Prüfungen ohne Hilfsmittel sind nicht betroffen. Es gibt jedoch manche Prüfungsformen, in denen ChatGPT während der Erbringung der Leistung verfügbar ist und Inhalte abgefragt werden, bei denen das KI-Tool eine gute Leistung erbringen kann.

Gießelmann: Es geht etwa um Inhalte für Präsentationen oder Seminararbeiten, das Schreiben von Versuchsprotokollen in den MINT-Fächern, um Textpassagen in Bachelor- und Masterarbeiten bis hin zu Dissertationen oder Publikationen. In diesen Fällen ist ChatGPT ungemein hilfreich, man kann viel Zeit sparen und es ist schwer, die Leistung der Studierenden vom Beitrag der KI zu unterscheiden. Hier müssen wir Empfehlungen zum Umgang mit dem KI-Tool erarbeiten. Das war der Wunsch der Studiendekan*innen und Beschluss des Rektorats.

Was sind konkret die nächsten Schritte?

Gießelmann: Alle Lehrenden und Studierende sind zunächst aufgerufen, sich mit ChatGPT zu beschäftigen, zu sehen, welche Möglichkeiten es bietet, und eigene Erfahrungen zu sammeln. Wenn wir uns nicht damit auseinandersetzen, ist keine Folgeneinschätzung möglich. Darüber hinaus muss jeder Fachbereich für sich Vorstellungen entwickeln, wie er mit ChatGPT in Lehre und Forschung und in spezifischen Prüfungen umgehen will.

Schöllhammer: Es gibt bereits Institute, die jetzt den Umgang mit ChatGPT in möglichen Anwendungsfällen definieren und Studierenden und Lehrenden zum Start des Sommersemesters kommunizieren möchten.

Gießelmann: Genau diese fachspezifischen Bottom-up-Regelungen, diese Vorstellungen und die ersten Erfahrungen, die in den Fachbereichen gesammelt werden, möchten wir nutzen. Sie sollen bald zentral auf Universitäts-Ebene zusammengeführt und im Sommersemester 2023 zu einer ersten Handreichung der Universität Stuttgart zum Umgang mit ChatGPT führen. Trotz der fachspezifischen Unterschiede wird es sicher gewisse Schnittmengen geben, aus denen wir, genauer: eine vom Rektorat eingesetzte Gruppe, generelle Empfehlungen ableiten können.

Diese Handreichung muss natürlich immer wieder überprüft und angepasst werden, da die Entwicklung äußerst dynamisch verläuft. Es muss einen stetigen Diskurs innerhalb unserer Universität und ebenso einen intensiven Austausch mit anderen Universitäten geben.

Schöllhammer: Als Lehrende am Institut für Sozialwissenschaften gesprochen: Wenn sich im Sommersemester die Qualität der Hausarbeiten fundamental verbessern würde, müssten wir uns neue Bewertungsinhalte und  -standards überlegen, die Prüfungsform vielleicht um eine mündliche Prüfung ergänzen oder andere Dinge abprüfen, die ChatGPT nicht leisten kann. Das Szenario halte ich aber im Hinblick auf die oben angesprochenen Grenzen von ChatGPT zumindest für das kommende Sommersemester für ausgesprochen unwahrscheinlich. Wir werden Erfahrungen sammeln und Prüfungsregelungen semesterweise anpassen müssen.

Welche Änderungen erwarten Sie langfristig durch ChatGPT?

Schöllhammer: Es besteht die Chance, dass ChatGPT das Leistungsniveau und das Textniveau der Studierenden auf Dauer anheben könnte. Ich denke, KI-Tools werden das Wissenschaftssystem grundlegend verändern. Es geht um die Frage, inwieweit die Texterstellung noch zur Wissensgenerierung zählt und welche Rolle sie beim wissenschaftlichen Arbeiten spielt. Wird bisher außergewöhnlich gutes wissenschaftliches Texten Standard, weil ohnehin jede*r einen KI-Assistenten hat?

Gießelmann: Das ist ein gutes Stichwort. Langfristig gesehen ist es für uns als Universität wichtig, dass jede und jeder Zugang zu KI-Tools hat. ChatGPT ist zwar noch frei zugänglich, bietet inzwischen jedoch schon eine kostenpflichtige Plus-Variante, mit der man seit 15. März eine aktuellere Version mit größerer Datenbasis und verbesserter Leistung nutzen kann. Wir sollten uns schon jetzt über das Thema der Zugänglichkeit Gedanken machen.

AISA

Um die Grundlagen zu Künstlicher Intelligenz hinter ChatGPT zu lernen, bietet die Universität Stuttgart Kurse in der „Artificial Intelligence Software Academy“ (AISA) für Studierende und Promovierende aller Fachrichtungen an. Hier werden nicht nur die Grundlagen vermittelt, sondern es geht bis in das Bauen von Software-Systemen, die KI enthalten, sowie die kritische Reflexion über die Auswirkungen solcher Systeme auf Menschen und Gesellschaft. Dazu haben sich Lehrende aus der Künstlichen Intelligenz, dem Software Engineering und verschiedener Anwendungsgebiete zusammengefunden. Aktuell arbeiten mehr als zehn Doktorand*innen mit ihren Betreuenden daran, die KI-Fähigkeiten an der Universität Stuttgart zu verbreitern. Perspektivisch sollen auch Kurse außerhalb der Universität angeboten werden.
AISA wird durch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg im Kontext der Cyber-Valley-Initiative gefördert. Unterstützt wird hierbei der Ausbau der notwendigen technischen Infrastruktur, die entsprechende Ausweitung des Lehrangebots sowie intensive Forschung an der Schnittstelle von KI, Software und Anwendungen.
KI-Kompetenz vermitteln – Artikel über AISA aus dem Magazin forschung leben

Experten-Interview über ChatGPT

Technische Hintergründe und halluzinierende Sprachmodelle
Mit ChatGPT zu plaudern, ist beeindruckend. Wie funktioniert das Sprachmodell? Woher stammen die Antworten? Die genauen Vorgänge erläutert Prof. Jonas Kuhn vom Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung (IMS) im ausführlichen Interview. Er erklärt, warum die Gefahr besteht, dass Sprachmodelle zu halluzinieren beginnen, was er an ChatGPT faszinierend findet und wo die derzeitigen Grenzen von KI liegen. Außerdem zeigt er auf, dass die interdisziplinäre Forschung an der Universität Stuttgart hilft, Mechanismen der Weiterentwicklung von Sprach- und Begriffssystemen noch besser zu verstehen.

Interview mit Prof. Jonas Kuhn

Kontakt

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Frank Gießelmann

Prof. Dr.

Prorektor für Lehre und Weiterbildung

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Lisa Schöllhammer

 

Projektkoordination digit@L

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Lydia Lehmann

 

Stellvertretende Leiterin Hochschulkommunikation

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