Prof. Dr.-Ing. habil. Jörn Birkmann, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung

ERC Synergy Grant für Prof. Jörn Birkmann

11. Oktober 2019, Nr. 91

Hochkarätige Auszeichnung für Forschungsprojekt zu neuen Risiken durch Klimawandel und Urbanisierung

Prof. Jörn Birkmann, Leiter des Instituts für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) der Universität Stuttgart sowie Koordinierender Leitautor für den 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC), hat zusammen mit Prof. Sue Grimmond (University of Reading, England), Prof. Nektarios Chrysoulakis (Technisches Forschungsinstituts Hellas, Griechenland) und Prof. Andreas Christen (Universität Freiburg) einen ERC-Synergy Grant mit der Fördersumme von insgesamt 12,7 Mio. Euro und einer Laufzeit von sechs Jahren erhalten. Die hochkarätige Förderauszeichnung der EU ging zum ersten Mal an einen Forschenden der Universität Stuttgart. Der Anteil für die Universität Stuttgart liegt bei 2,5 Mio. Euro.

Prof. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, gratulierte Prof. Birkmann zu diesem großen Erfolg und unterstrich: „Der transnationale und interdisziplinäre Charakter des Forschungsprojekts ist ein Musterbeispiel für den viel beachteten Forschungsansatz des Stuttgarter Wegs. Die Auszeichnung ist ein weiterer sichtbarer Beitrag für die internationale Forschungsstärke der Universität Stuttgart. Zudem ist das Thema an der Schnittstelle der zwei globalen Mega-Trends – Klimawandel und Urbanisierung - sowohl für Megastädte im globalen Süden, aber auch für Städte und Nachhaltigkeitsstrategien in Baden-Württemberg und Deutschland hoch relevant.“

In dem geplanten Projekt werden in den nächsten sechs Jahren neue Dynamiken und Wechselwirkungen zwischen Städten bzw. Stadtentwicklung sowie Klima und Klimawandel untersucht. Die Entwicklung eines dynamischen Modells soll dabei helfen, bisher unverbundene Forschungsfelder zu verknüpfen. Dabei geht es unter anderem um die Implikationen von Klimawandel und Extremereignissen auf Verhaltens- und Mobilitätsmuster sowie auf Anpassungsstrategien unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in Bezug auf zentrale Daseinsfunktionen von Städten wie Wohnen, Arbeiten und Erholung. Wissensbestände und Methoden aus der räumlichen Planung und Stadtentwicklung, den Naturwissenschaften, der Klimamodellierung und der Fernerkundung werden dazu gekoppelt. Ein Ziel des Projekts ist die Ermittlung von unterschiedlichen Dynamiken und sog. „Urban Archetypes“, die sowohl unterschiedliche Siedlungsstrukturtypen (gebaute Umwelt) als auch sozio-demographische Profile und Mobilitätsmuster verschiedener Bevölkerungsgruppen (soziale Umwelt) erfassen und damit Informationen über Emissionen als auch Anpassungskapazitäten geben.

Der Forschungsbeitrag aus Stuttgart

Der Beitrag von Prof. Birkmann bezieht sich insbesondere auf die Entwicklung eines neuen Assessment- und Modellierungsansatzes für Fragen der räumlichen Exposition und Verwundbarkeit von Menschen und Infrastrukturen in Städten gegenüber Klimawandel und Extremereignissen. Dabei wird Birkmann ein Assessment-Modell entwickeln, dass sozio-demographische Dynamiken, Reaktionen auf Klimaextreme sowie Treiber der urbanen Transformation für unterschiedliche Stadtstrukturtypen ermittelt und definiert. Konkret wird er unter anderem untersuchen, wie stark die Anzahl der Personen in Städten zukünftig ansteigt, die extremen Hitzeperioden ausgesetzt sind, und wie verwundbar unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und Stadtstrukturtypen gegenüber Hitzestress sind. Zudem geht es um die Analyse und Modellierung aktueller und zukünftiger Anpassungsstrategien von Menschen und Institutionen (Stadtplanung) und die Rückwirkung dieser Anpassungsstrategien auf das lokale Klima. So ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich aufgrund von längeren und intensiveren Hitzeperioden in Städten (im Kontext des Klimawandels) Haushalte zunehmend eine Klimaanlage anschaffen, um sich daran anzupassen. Diese Anpassungsstrategie kann allerdings wiederum zur Aufheizung von urbanen Räumen und mehr Emissionen führen. Die Berücksichtigung dieser komplexen Wechselwirkungen zwischen Klima, Klimawandel, gebauter und sozialer Umwelt und der Transformation von Städten bedarf daher neuer interdisziplinärer Forschungen, die in dem Projekt angegangen werden.

Umfragen zur Datengewinnung

Neben statistischen Daten wird Prof. Birkmann durch Haushaltsbefragungen spezifische Informationen darüber erheben, wie unterschiedliche Haushalte in unterschiedlichen Stadtstrukturtypen mit Klimaextremen umgehen und welche Anpassungsmöglichkeiten und –grenzen vorliegen. Zudem wird Birkmann die Entwicklung kleinräumiger Szenarien zur zukünftigen Exposition und Verwundbarkeit von Bevölkerungsgruppen und Infrastrukturen gegenüber Klimaextremen, wie Hitzestress leiten. „Gerade die Stadtplanung und das Risikomanagement in Städten muss sich nicht nur fragen, was heute an Risiken bereits vorhanden ist, sondern wie sich entsprechende Risiken ‚morgen‘ darstellen - auf die wir bereits heute in der Planung unserer Städte und Infrastrukturen reagieren müssen“, so Birkmann.

In einer ersten Pilotphase werden diese Aspekte und Fragen für die Stadt London analysiert und dann auf weitere europäische Städte übertragen sowie in einer dritten Phase weltweit untersucht. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Raum- und Umweltplanern (IREUS), Klimamodellierern (Uni Freiburg, University of Reading) und Fernerkundung (Hellas) sowie die gemeinsame Forschung an ausgewählten Fallstudien ist dabei ein besonderes Plus.

Über den ERC Synergy Grant

Die ERC Synergy Grants fördern Teams von zwei bis vier vielversprechenden Wissenschaftler*innen. Zielgruppe der ERC Synergy Grants sind exzellente Nachwuchswissenschaftler*innen, sowie etablierte aktive Forschende mit herausragenden wissenschaftlichen Leistungen. Die Projekte sollen zu Entdeckungen an den Schnittstellen zwischen etablierten Disziplinen und zu substantiellen Fortschritten an den Grenzen des Wissens führen. Denkbar sind die Entwicklung neuer Methoden und Techniken, sowie ungewöhnliche Herangehensweisen. Die Projekte sollen nur durch die Zusammenarbeit der benannten Forscherinnen und Forscher möglich sein. Es muss deutlich werden, warum das Projekt nur durch diese Zusammenarbeit sinnvoll und erfolgsversprechend ist.

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