Mit einem lauten Surren hebt die Drohne vom Boden ab. Sie bringt ein Paket ins Stadtzentrum. Auf ihrem Weg fliegt sie über Straßen, Fabriken und an Hochhäusern vorbei. Wegen unterschiedlicher Störeinflüsse könnte die Drohne abstürzen oder den Zielort verfehlen. Störende Einflüsse können zum Beispiel durch Gebäude entstehen, die GPS-Signale blockieren oder reflektieren.
Das INS setzt nun eine neue Software ein, mit welcher Studierende diese Szenarien simulieren können. Die sogenannte Skydel-Software, die von der Firma Orolia zur Verfügung gestellt wurde, legt die Route fest, welche die Studierenden virtuell abfliegen. Entlang dieser Route werden Messungen simuliert, die in der Realität ein GPS-Empfänger machen würde. Alternativ können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch einen echten GPS-Empfänger an den Simulator anschließen. So kann ein Drohnenflug mit realen Daten simuliert werden. Mit Hilfe der Software können Studierende Szenarien üben, ohne jemanden zu gefährden. Außerdem ist die Simulation unkomplizierter, als mit einer echten Drohne ein Paket durch zum Beispiel Stuttgart zu fliegen.
Software bereitet Studierende auf Forschung und Karriere vor
Das Besondere an der Software ist, dass sie alle momentan angebotenen Satellitennavigationsdienste abdeckt. In Deutschland ist die Universität Stuttgart die einzige Universität, die mit dieser Software arbeitet. Das INS bietet Studierenden an, Vorlesungen und Übungen mit der Software um praktische Elemente zu ergänzen. Prof. Thomas Hobiger vom INS sagt: „Wir wollen unsere Absolventinnen und Absolventen bestmöglich auf die Anforderungen in Industrie und Wirtschaft vorbereiten. Durch den Einsatz von Simulationssoftware im Lehrbetrieb machen wir unsere Studierenden mit Konzepten wie Hardware-in-the-Loop vertraut und verschaffen ihnen dadurch zusätzliche Soft Skills, die sie bei potenziellen Arbeitgebenden sofort einsetzen können. Darüber hinaus können unsere Studierenden Navigationsszenarien durchspielen, die bisher nicht darstellbar waren.“
Die Skydel-Software wird auch in der Forschung eingesetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler simulieren Szenarien in Echtzeit im Labor und senden die Signale mit Hilfe sogenannter Software-Defined Radio Hardware an kommerzielle oder selbst entwickelte Empfänger. Dabei ist es möglich, neben GPS-Signalen (Global Positioning System) auch Beobachtungen mit anderen globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS), wie dem chinesischen BeiDou, dem russischen GLONASS oder dem europäischen Galileo, zu simulieren. Mit Hilfe von Galileo kann das Institut für Navigation den Stand der Forschung an die von der Europäischen Union vorangetriebenen Neuerungen anpassen und damit genaue und zuverlässige Positionierungs- und Navigationsalgorithmen entwickeln.
Genaue Simulationen verbessern Algorithmen
Neben dem Schwerpunkt autonomes Fliegen, forscht das INS auch zur Schätzung von Satellitenbahnen, zur sicheren Navigation von Fahrzeugen in urbaner oder komplexer Umgebung oder der Bestimmung von atmosphärischen Parametern aus GNSS Messungen. Forschende wollen die Simulationssoftware in Zukunft als Werkzeug einsetzen, um die Genauigkeit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der entwickelten Algorithmen und Hardware-Lösungen beschreiben zu können. „Durch die Verwendung der Software sind wir in der Lage, nicht nur auf zeit- und kostenaufwendige Feldtests zu verzichten, sondern wir können nun unsere Navigationslösungen mit den simulierten Trajektorien vergleichen, und haben die Möglichkeit, die absolute Genauigkeit - also die Abweichung von der tatsächlichen Position - unserer Algorithmen anzugeben“, erklärt Hobiger.