Die Stuttgarter Gips-Schüle-Stiftung würdigt im Rahmen ihres Nachwuchspreises einmal jährlich herausragende Doktorarbeiten aus Baden-Württemberg. Der Ehrenpreis in der Kategorie Technikwissenschaften ging 2025 an Prof. Christina Eisenbarth, die am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart promoviert hat. Um Prof. Eisenbarths Forschung zu unterstützen, übernimmt die Stiftung die Kosten für die Teilnahme an einer Konferenz in Europa.
Hydroaktive Gebäudefassade: Beitrag zu Ressourceneffizienz und Klimaschutz
Eisenbarth, die inzwischen Professorin an der TU Darmstadt ist, erforschte in ihrer Dissertation die Grundlagen zur Entwicklung und Anwendung „hydroaktiver“ Gebäudehüllen. Dabei handelt es sich um innovative textile Hüllen, die durch Regenwasseraufnahme und Verdunstungskühlung den in Städten aus der Balance geratenen Wasser- und Wärmehaushalt wiederherstellen. Christina Eisenbarth hat dafür Polyestertextilien verwendet, die perspektivisch aus PET-Flaschenabfällen gefertigt werden können. Diese Hüllen nehmen nahezu das gesamte Regenwasser auf, das auf die Gebäudefassade trifft. Dadurch entlasten sie nicht nur städtische Kanalisationssysteme, sondern verwandeln Regenwasser in eine nutzbare Wasserressource, um den gebäudeinternen Frischwasserverbrauch zu reduzieren. Bei einem Starkregen im August 2024 nahmen die hydroaktiven Hüllen in weniger als 30 Minuten mehr als 24 Liter pro Quadratmeter auf. Das Wasser kann an heißen Tagen zur Verdunstungskühlung genutzt werden. Damit lässt sich an heißen Tagen die Temperatur der Gebäudefassade auf ein Minimum von 17°C senken.
HydroSKIN: Vom Dissertationsthema zum Start-up
Während ihrer Promotion war Eisenbarth Teil eines interdisziplinären Forschungsnetzwerks: Im Sonderforschungsbereich (SFB) 1244 der Universität Stuttgart arbeiten vierzehn Institute gemeinsam daran, das Potenzial adaptiver Gebäudehüllen und Strukturen zu erforschen. Zentrale Plattform des Verbunds ist ein zwölf Stockwerke hohes Demonstrator-Hochhaus – ein weltweit einzigartiges Labor für zukunftsweisende urbane Architekturkonzepte. Dort testet auch Eisenbarth ihr innovatives Konzept einer hydroaktiven Gebäudefassade seit 2022 unter realen Bedingungen – mit vielversprechenden Ergebnissen.
Um die neue Technologie, die den Namen „HydroSKIN“ bekam, rasch in die Baupraxis zu überführen, gründete Eisenbarth im April 2023, noch während ihrer Promotion, ein Start-up. Unterstützt wurde sie dabei von der Technologie-Transfer-Initiative (TTI GmbH) der Universität Stuttgart.
HydroSKIN wurde mehrfach national und international ausgezeichnet, darunter mit dem „German Design Award 2024“ und mit dem „Blauen Kompass“ des Umweltbundesamtes und des Bundesumweltministeriums. Christina Eisenbarth ist mit ihrer Dissertation zudem aus 687 Einreichungen unter den 31 Finalisten für den Deutschen Studienpreis 2025 der Körber-Stiftung sowie unter den Nominierten für den Stuttgarter Innovationspreis 2025.
Sonderforschungsbereich (SFB) 1244: Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen
Wie kann angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und schrumpfender Ressourcen künftig mehr Wohnraum mit weniger Material geschaffen werden? Im SFB 1244 arbeiten vierzehn Institute der Universität Stuttgart interdisziplinär zusammen, um Antworten auf diese Frage zu finden. Im Fokus stehen dabei sogenannte adaptive Gebäudehüllen und Tragwerkstrukturen – Bauelemente, die gezielt auf sich verändernde Umweltbedingungen und Nutzeranforderungen reagieren.
Ausgezeichnete Forscher*innen
Für bahnbrechende und kreative Leistungen werden jedes Jahr zahlreiche Forschende der Universität Stuttgart ausgezeichnet. Eine Auswahl unserer Preisträger*innen.
Kontakt

Lena Jauernig
Redakteurin Wissenschaftskommunikation / Wissenschaftlicher Nachwuchs