Amtliche Bekanntmachung Nr. 15/2023. Herausgegeben im Auftrag des Rektorats der Universität Stuttgart

Satzung der Universität Stuttgart zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis

Vom 30. Juni 2023

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PDF-Version und Anlagen PDF-Fassung dieser Amtlichen Bekanntmachung
Veröffentlicht am: 11. Juli 2023
Hinweis Hinweis zur Rechtsverbindlichkeit

Auf Grund der §§ 3 Absatz 5 Satz 4, 8 Absatz 5 Satz 1 des Landeshochschulgesetzes (LHG) vom 1. Januar 2005 (GBl. 2005, S. 1), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Dezember 2022 (GBl. S. 649) geändert worden ist hat der Senat der Universität Stuttgart am 21. Juni 2023 die nachstehende Satzung der Universität Stuttgart zur Sicherung der Integrität wissenschaftlicher Praxis beschlossen.

Präambel

Wissenschaftliche Integrität bildet die Grundlage einer vertrauenswürdigen Wissenschaft. Sie ist eine Ausprägung wissenschaftlicher Selbstverpflichtung, die den respektvollen Umgang miteinander, mit Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, Tieren, Kulturgütern und der Umwelt umfasst und das unerlässliche Vertrauen der Gesellschaft in die Wissenschaft stärkt und fördert. Mit der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Wissenschaft ist untrennbar eine entsprechende Verantwortung verbunden. Dieser Verantwortung umfassend Rechnung zu tragen und sie als Richtschnur des eigenen Handelns zu verankern, ist zuvorderst Aufgabe jeder Wissenschaftlerin und jedes Wissenschaftlers sowie derjenigen Einrichtungen, in denen Wissenschaft verfasst ist. Die Wissenschaft selbst gewährleistet durch redliches Denken und Handeln und durch organisations- und verfahrensrechtliche Regelungen gute wissenschaftliche Praxis.

Wissenschaftliches Fehlverhalten verletzt das Selbstverständnis jeder Wissenschaftlerin und jedes Wissenschaftlers. Es zerstört das Vertrauen, das die Gesellschaft in die Lauterkeit der Wissenschaft setzt.

Die Universität Stuttgart bekennt sich zu den obersten Prinzipien der Wissenschaft – zu Ehrlichkeit und Redlichkeit in Forschung und Lehre. Zur Wahrung dieser grundlegenden Fundamente wissenschaftlichen Arbeitens ist es notwendig, dass die allgemeinen und fachspezifischen Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in allen wissenschaftserheblichen Bereichen der Universität Stuttgart gelebt und im Hinblick auf den stetigen Fortschritt von Forschung und Lehre fortgeschrieben werden. Mit diesem Ziel und der Notwendigkeit eines transparenten und konsequenten Umgangs mit wissenschaftlichem Fehlverhalten gibt sich die Universität Stuttgart die folgende Satzung zur Sicherung der Integrität wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft selbstverpflichtend.

I. Allgemeine Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis

§ 1 Verpflichtung zur guten wissenschaftlichen Praxis

(1) Die Universität Stuttgart verpflichtet alle ihre Mitglieder und Angehörigen,

    • nach den anerkannten Regeln des jeweiligen wissenschaftlichen Faches zu arbeiten,
    • alle Ergebnisse konsequent selbst anzuzweifeln,
    • strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die eigenen und die Beiträge Dritter zu wahren
    • und den kritischen Diskurs in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zuzulassen und zu fördern.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tragen Verantwortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlichen Arbeitens in ihrem Handeln zu verwirklichen und für sie einzustehen.

(2) Neben der individuellen Verpflichtung zur Beachtung der Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis regelt die Universität Stuttgart für ihren Verantwortungsbereich in der „Satzung der Universität Stuttgart zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft“ ein Verfahren für den Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommen nur solche vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstöße in Betracht, die dort niedergelegt sind.

§ 2 Strukturelle Rahmenbedingungen

(1) Die Universität Stuttgart als Ganzes sowie alle Personen, die in ihr mit Personalführungsaufgaben im Wissenschaftsbereich betraut sind, haben ebenso wie die einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis.

(2) Die Universität Stuttgart trifft neben Maßnahmen zur Feststellung und Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens geeignete Maßnahmen, um wissenschaftliches Fehlverhalten nicht entstehen zu lassen. Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rechtliche und ethische Standards einhalten können. Zu den Rahmenbedingungen gehören klare und schriftlich festgelegte Verfahren und Grundsätze im Sinne des § 4 für die Personalauswahl und die -entwicklung sowie für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Für die Bewertung der Leistung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist ein mehrdimensionaler Ansatz erforderlich: Neben der wissenschaftlichen Leistung können weitere Aspekte Berücksichtigung finden, wie beispielsweise die Lehrleistung, das Engagement in der akademischen Selbstverwaltung, Personalführungskompetenz, Transferaktivitäten, ein internationales Profil oder außeruniversitäre Erfahrungen. Unter Berücksichtigung des akademischen Alters folgt die Bewertung der Leistung in erster Linie qualitativen Maßstäben, wobei quantitative Indikatoren nur differenziert und reflektiert in die Gesamtbewertung einfließen. Soweit freiwillig angegeben, werden – neben den Kategorien des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – auch individuelle Besonderheiten in Lebensläufen in die Urteilsbildung einbezogen.

(3) Jede Arbeitseinheit der Universität Stuttgart hat sich wissenschaftlich vorbildlich zu verhalten. Dafür trägt die jeweilige Leitung einer wissenschaftlichen Arbeitseinheit die Verantwortung. Das Zusammenwirken in wissenschaftlichen Arbeitseinheiten ist so zu gestalten, dass jede einzelne Wissenschaftlerin und jeder einzelne Wissenschaftler sowie die Gruppe als Ganze ihre Aufgaben erfüllen kann, dass die dafür nötige Zusammenarbeit und Koordination erfolgen kann und allen Mitgliedern ihre Rollen, Rechte und Pflichten bewusst sind. Zur Leitungsaufgabe gehören insbesondere auch die Gewährleistung der angemessenen individuellen – in das Gesamtkonzept der jeweiligen Einheit eingebetteten – Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die Karriereförderung des wissenschaftlichen und wissenschaftsakzessorischen Personals. Machtmissbrauch und das Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen sind durch geeignete organisatorische Maßnahmen auf jeder Ebene zu verhindern.

§ 3 Vermittlung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis

(1) Die Fakultäten und Einrichtungen der Universität Stuttgart sind aufgefordert, in der wissenschaftsbezogenen Ausbildung „Gute Wissenschaftliche Praxis“ angemessen zu thematisieren und den akademischen Nachwuchs über die an der Universität Stuttgart geltenden Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis zu unterrichten.

(2) Die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sind fester Bestandteil der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen und
-wissenschaftler werden zu Beginn ihrer Tätigkeit ebenso wie die Leiterinnen oder Leiter der einzelnen wissenschaftlichen Organisationseinheiten auf die Einhaltung dieser Regeln verpflichtet. Ebenso gelten die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis auch in der Lehre. Die Universität Stuttgart nimmt die Verantwortung für ihre Absolventinnen und Absolventen auch dadurch wahr, dass sie den Studierenden die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens und guter wissenschaftlicher Praxis vermittelt. Dies geschieht üblicherweise in den Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten im Studium. Darin werden angesichts der raschen wissenschaftlichen Entwicklung in manchen Disziplinen, zumal in solchen, deren Forschungsergebnisse kurzfristig verwertbar sind, Sensibilität auch im Hinblick auf die Möglichkeit des Fehlverhaltens in der Wissenschaft vermittelt. Gleichzeitig stellt sich die Universität Stuttgart auch der Aufgabe, ihre Studierenden zu Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit in der Wissenschaft zu befähigen. Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Studierende müssen im Interesse ihrer eigenen Zukunftsplanung auch selbst wachsam gegenüber möglichem Fehlverhalten in ihrem Umfeld sein.

(3) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Karriereebenen aktualisieren regelmäßig ihren Wissensstand zu den Standards guter wissenschaftlicher Praxis und zum Stand der Forschung.

§ 4 Statuten, Standards und sonstige Regelungen

Die Universität Stuttgart sowie einzelne Fakultäten, einzelne Institute oder Einrichtungen der Universität Stuttgart können disziplinenabhängig die in dieser Satzung aufgeführten allgemein anerkannten Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in Form von fachspezifischen Statuten oder Standards konkretisieren. Konkretisierungen können erfolgen durch beispielsweise disziplinenbezogene Regelungen aus den Bereichen Lehre und Forschung, wie z.B. zur Zitierung fremder Texte, Erstellung von schriftlichen Arbeiten (insbesondere auch wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten), Laborberichten, aber auch durch Berufungsleitfäden, Verfahrensleitfäden o. ä. Die Statuten werden in geeigneter Weise hochschulöffentlich bekannt gemacht.

II. Forschungsvorhaben und Veröffentlichungen

§ 5 Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen

(1) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen mit der verfassungsrechtlich gewährten Forschungsfreiheit verantwortungsvoll um. Sie berücksichtigen Rechte und Pflichten, insbesondere solche, die aus gesetzlichen Vorgaben, aber auch aus Verträgen mit Dritten resultieren, und holen, sofern erforderlich, Genehmigungen, Ethikvoten, und sofern erforderlich, Gutachten der Stabsstelle Exportkontrolle ein und legen diese vor. Im Hinblick auf Forschungsvorhaben soll eine gründliche Abschätzung der Forschungsfolgen und die Beurteilung der jeweiligen ethischen Aspekte erfolgen.

(2) Es sind rechtzeitig Regelungen über die Nutzungsrechte an aus Forschungsvorhaben hervorgehenden Forschungsdaten und Forschungsergebnissen zu treffen und zu dokumentieren. Dies wird spätestens dann zwingend, wenn an einem Forschungsvorhaben mehrere Einrichtungen beteiligt sind oder wenn ein Wechsel einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers an eine andere Forschungseinrichtung absehbar ist und die selbst generierten Daten weiterhin für (eigene) Forschungszwecke verwendet werden sollen. Grundsätzlich steht die Nutzung der Forschungsdaten und -ergebnisse der- oder demjenigen zu, die oder der sie erhebt.

(3) Im Rahmen eines laufenden Forschungsprojektes entscheiden auch die Nutzungsberechtigten (insbesondere nach Maßgabe datenschutzrechtlicher Bestimmungen), ob Dritte Zugang zu den Daten erhalten sollen.

§ 6 Qualitätssicherung

(1) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berücksichtigen bei der Planung eines Vorhabens den aktuellen Forschungsstand umfassend und respektieren ihn. Die Identifikation relevanter und geeigneter Forschungsfragen setzt sorgfältige Recherche nach bereits öffentlich zugänglich gemachten Forschungsleistungen voraus. Methoden zur Vermeidung von (unbewussten) Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden, zum Beispiel Verblindung von Versuchsreihen, werden, soweit möglich, angewandt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prüfen, ob und wenn ja, inwiefern Geschlecht und Vielfältigkeit für das Forschungsvorhaben (mit Blick auf die Methoden, das Arbeitsprogramm, die Ziele etc.) bedeutsam sein können. Bei der Interpretation von Befunden werden die jeweiligen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Die Universität Stuttgart stellt die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen sicher.

(2) Jeder Teilschritt im Forschungsprozess ist lege artis durchzuführen. Die Replizierbarkeit von Forschungsergebnissen ist – abhängig von dem betroffenen Fachgebiet – essenzieller Bestandteil der Qualitätssicherung. Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse öffentlich zugänglich gemacht werden, werden stets die angewandten Mechanismen der Qualitätssicherung dargelegt. Dies gilt insbesondere, wenn neue Methoden entwickelt werden. Kontinuierliche, forschungsbegleitende Qualitätssicherung bezieht sich insbesondere auf die Einhaltung fachspezifischer Standards und etablierter Methoden sowie auf Prozesse. Wenn im Nachgang einer Veröffentlichung dazu Unstimmigkeiten oder Fehler auffallen, berichtigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese oder weisen bei dem entsprechenden Verlag oder dem Infrastrukturanbieter etc. schnellstmöglich darauf hin, dass die Korrektur bzw. die Zurücknahme erfolgt und entsprechend kenntlich gemacht wird.

(3) Zur Beantwortung von Forschungsfragen wenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Methoden an. Bei der Entwicklung und Anwendung neuer Methoden legen sie besonderen Wert auf die Qualitätssicherung und Etablierung als zukünftig anerkannte Methoden.

(4) Die Herkunft von im Forschungsprozess verwendeten Daten, Organismen, Materialien und Software wird kenntlich gemacht und die Nachnutzung belegt; die Originalquellen werden zitiert. Art und Umfang von im Forschungsprozess entstehenden Forschungsdaten werden beschrieben. Der Umgang mit ihnen wird, entsprechend den Vorgaben im betroffenen Fach, ausgestaltet. Der Quellcode von öffentlich zugänglicher Software muss persistent, zitierbar und dokumentiert sein.

§ 7 Dokumentation, Sicherung, Aufbewahrung und öffentlicher Zugang von Forschungsdaten

(1) Die für das Zustandekommen eines Forschungsergebnisses relevanten Informationen sind so nachvollziehbar zu dokumentieren, wie dies im betroffenen Fachgebiet erforderlich und angemessen ist, um das Ergebnis überprüfen und bewerten zu können. Grundsätzlich dokumentieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher auch Einzelergebnisse, die die Forschungshypothese nicht stützen. Wird die Dokumentation von Forschungsergebnissen den entsprechenden (fachlichen) Vorgaben nicht gerecht, werden die Einschränkungen und Gründe dafür nachvollziehbar dargelegt. Bei der Entwicklung von Forschungssoftware wird der Quellcode dokumentiert. Dokumentationen und Forschungsergebnisse dürfen nicht manipuliert werden; sie sind bestmöglich gegen Manipulationen zu schützen.

(2) Grundlagen für öffentlich zugänglich gemachte Forschungsdaten und -ergebnisse sowie die ihnen zugrundeliegenden zentralen Materialien und gegebenenfalls die eingesetzte Forschungssoftware sind in der Regel zehn Jahre nach Herstellung des öffentlichen Zugangs zu Vorhaben/Projekte so aufzubewahren, dass sie über die Organisationseinheit für Kontrollorgane zugreifbar sind. Es wird sichergestellt, dass die Kernaussagen einer wissenschaftlichen Arbeit auch über die zehn Jahre hinaus durch Originaldaten belegbar und nachvollziehbar bleiben. Sofern nachvollziehbare Gründe dafür existieren, bestimmte Daten nicht oder kürzer aufzubewahren, legen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dies dar. Weitergehende Aufbewahrungspflichten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sowie Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben hiervon unberührt. Die Aufbewahrung erfolgt nachvollziehbar in der Einrichtung, wo die Forschungsdaten entstanden sind oder in standortübergreifenden Repositorien. Es wird empfohlen, die von der Universität Stuttgart bereitgestellten Archivierungssysteme zu verwenden.

(3) Grundsätzlich bringen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle Ergebnisse in den wissenschaftlichen Diskurs ein. Wenn Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden, beschreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese vollständig und weisen eigene und fremde Vorarbeiten vollständig und korrekt nach, wobei Selbstzitationen auf ein Mindestmaß zu beschränken sind. Unangemessen kleinteilige Publikationen sind zu vermeiden.

(4) Im Einzelfall kann es Gründe geben, Ergebnisse nicht öffentlich zugänglich (im engeren Sinne in Form von Publikationen, aber auch im weiteren Sinne über andere Kommunikationswege) zu machen. Grundsätzlich entscheiden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst über die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse. Ausnahmen können sich u. a. durch Verträge mit Dritten ergeben. Soweit dies möglich und zumutbar ist, sind die den Ergebnissen zugrundeliegenden Forschungsdaten, Materialien und Informationen, die angewandten Methoden sowie die eingesetzte Software verfügbar zu machen und Arbeitsabläufe umfänglich darzulegen. Einschränkungen können sich im Kontext von Patentanmeldungen mit Blick auf die öffentliche Zugänglichkeit ergeben. Sofern eigens entwickelte Forschungssoftware für Dritte bereitgestellt werden soll, wird diese mit einer angemessenen Lizenz versehen.

§ 8 Verantwortlichkeiten und Rollen

Die Rollen und die Verantwortlichkeiten der an einem Forschungsvorhaben beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie des wissenschaftsakzessorischen Personals müssen zu jedem Zeitpunkt eines Forschungsvorhabens klar sein. Die Beteiligten stehen in einem regelmäßigen Austausch, legen ihre Rollen und Verantwortlichkeiten in geeigneter Weise fest und passen diese, sofern erforderlich, an. Eine Anpassung ist insbesondere angezeigt, wenn sich der Arbeitsschwerpunkt einer oder eines Beteiligten des Forschungsvorhabens verändert.

§ 9 Autorschaft und wissenschaftliche Publikationen

(1) Autorin oder Autor ist, wer einen genuinen, nachvollziehbaren Beitrag zu dem Inhalt einer wissenschaftlichen Text-, Daten- oder Softwarepublikation geleistet hat. Wann ein Beitrag genuin und nachvollziehbar ist, ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen und hängt von dem betroffenen Fachgebiet ab. Ein nachvollziehbarer, genuiner Beitrag liegt insbesondere vor, wenn eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler in wissenschaftserheblicher Weise an

a) der Entwicklung und Konzeption des Forschungsvorhabens oder
b) der Erarbeitung, Erhebung, Beschaffung, Bereitstellung der Daten, der Software, der Quellen oder
c) der Analyse/Auswertung oder Interpretation der Daten, Quellen und an den aus diesen folgenden Schlussfolgerungen oder
d)am Verfassen des Manuskripts mitgewirkt hat.

(2) Eine Leitungs- oder Vorgesetztenfunktion begründet für sich allein keine Mitautorschaft. Ebenso ist eine Ehrenautorschaft ist nicht zulässig. Reicht ein Beitrag nicht aus, um eine Autorschaft zu rechtfertigen, kann diese Unterstützung in Fußnoten, Vorwort oder im Acknowledgement angemessen anerkannt werden. Die Verständigung über die Reihenfolge der Autorinnen und Autoren erfolgt rechtzeitig, in der Regel spätestens dann, wenn das Manuskript formuliert wird, anhand nachvollziehbarer Kriterien unter Berücksichtigung der Konventionen jedes Fachgebiets.

(3) Alle Autorinnen und Autoren stimmen der finalen Fassung des Werks, das publiziert werden soll, zu. Sie tragen für die Publikation die gemeinsame Verantwortung, es sei denn, es wird explizit anders ausgewiesen. Autorinnen und Autoren achten darauf und wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge von den Verlagen bzw. den Infrastrukturanbietenden so gekennzeichnet werden, dass sie von Nutzerinnen und Nutzern korrekt zitiert werden können. Ohne hinreichende Gründe (insbesondere bei sachfremden) darf eine erforderliche Zustimmung zu einer Publikation von Ergebnissen nicht verweigert werden. Die Verweigerung der Zustimmung muss mit einer nachprüfbaren Kritik an Daten, Methoden oder Ergebnissen begründet werden.

(4) Für alle Mitglieder und Angehörige der Universität Stuttgart gilt zudem die Publikationsrichtlinie der Universität Stuttgart in ihrer aktuellen Fassung.

§ 10 Publikationsorgan

Autorinnen und Autoren wählen das Publikationsorgan – unter Berücksichtigung seiner Qualität und Sichtbarkeit im jeweiligen Diskursfeld – sorgfältig aus. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Funktion von Herausgeberinnen und Herausgebern übernehmen, prüfen sorgfältig, für welche Publikationsorgane sie diese Aufgabe übernehmen. Die wissenschaftliche Qualität eines Beitrags hängt nicht von dem Publikationsorgan ab, in dem er öffentlich zugänglich gemacht wird. Neben Büchern und Fachzeitschriften kommen als Publikationsorgane insbesondere auch Fachrepositorien, Daten- und Softwarerepositorien sowie Blogs in Betracht.

§ 11 Vertraulichkeit und Neutralität

(1) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die insbesondere als Gremienmitglieder oder als Gutachtende eingereichte Manuskripte, Förderanträge oder die Ausgewiesenheit von Personen beurteilen, sind diesbezüglich zu strikter Vertraulichkeit verpflichtet. Die Vertraulichkeit der fremden Inhalte schließt die Weitergabe an Dritte und die eigene Nutzung aus.

(2) Alle Tatsachen, die die Besorgnis einer Befangenheit begründen können, sind offenzulegen. Dies gilt auch für Mitglieder in wissenschaftlichen Beratungs- und Entscheidungsgremien, insbesondere die Ombudspersonen, Mitglieder der Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens sowie deren Geschäftsstelle.

§ 12 Ombudspersonen

Der Senat der Universität Stuttgart bestellt Ombudspersonen, an die sich ihre Mitglieder und Angehörigen in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und in Fragen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens wenden können. Näheres regelt die „Satzung der Universität Stuttgart zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft“.

§ 13 Inkrafttreten

(1) Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in den Amtlichen Bekanntmachungen der Universität Stuttgart in Kraft. Gleichzeitig tritt die Satzung der Universität Stuttgart zur Sicherung der Integrität wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft vom 31.07.2013 (Amtliche Bekanntmachung Nr. 63/13) außer Kraft.

(2) Sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung Vorprüfungs- oder Untersuchungsverfahren anhängig, so werden diese Verfahren nach den bisherigen Regelungen der Richtlinien der Universität Stuttgart zur Sicherung der Integrität wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft vom 31.07.2013 durchgeführt.

(3) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung vom Senat berufenen Ombudspersonen und Mitglieder der Kommission der Universität Stuttgart bleiben bis zum Ablauf ihrer Amtszeit oder einem Ausscheiden aus anderen Gründen Ombudspersonen bzw. Mitglieder der Kommission.

Stuttgart, den 30. Juni 2023

gez.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel
Rektor

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