Der Booster-Demonstrator im 32 Meter tiefen Prüfschacht der MPA.

Rakete unter Druck

21. Juni 2017, Nr. 45

An der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart wird bald (Raumfahrt-)Geschichte geschrieben
[Bild: Universität Stuttgart/MPA]

An der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart (MPA) wurde am 20. Juni 2017 ein sechs Tonnen schwerer Testkörper angeliefert, an dem Berstversuche eines neuartigen Feststofftanks für die nächste Raketengeneration Ariane 6 der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) durchgeführt werden sollen. Der Erstflug der Ariane 6-Rakete ist für das Jahr 2020 geplant.

Ein großer LKW rollt vor, beladen mit dem sechs Tonnen schweren Demonstrator. Behutsam hebt ein Kran das kostbare Stück vom Tieflader und lässt ihn anschließend in den unterirdischen Prüfschacht der MPA hinab, der mit 32 Meter Tiefe und 14 Meter Durchmesser genügend Raum bietet. Bei dem von der Firma MT Aerospace AG entwickelten und gebauten Demonstrator handelt es sich um einen neuartigen Feststofftank für die nächste Raketengeneration Ariane 6 der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Er basiert erstmalig auf einer Faserverbundtechnologie, welche dazu beiträgt, das Gewicht der Rakete zu verringern. Dies soll gewährleisten, dass die europäische Raumfahrtindustrie auf dem weltweit stark umkämpften Markt weiterhin konkurrenzfähig bleibt.

Der Booster-Demonstrator der neuen ARIANE 6 kurz vor dem Ablassen in den MPA-Prüfschacht
Der Booster-Demonstrator der neuen ARIANE 6 kurz vor dem Ablassen in den MPA-Prüfschacht

Anforderungen wie beim Raketenstart

Bei dem Test simulieren die Prüfer einen Druck, wie er beim Start der Ariane 6 ebenfalls auf die Feststofftanks einwirken kann. Es soll nachgewiesen werden, dass der neuartige Booster den Anforderungen für den Einsatz bei einem Raketenstart standhält. Die MPA wurde als Partner für den entscheidenden Verifikationstest bezüglich der Festigkeit des Technologiedemonstrators beauftragt, weil sie über eine tiefgreifende und breite Prüfkompetenz verfügt und gerade auf dem Gebiet von Druckbehälterprüfungen spezielle Erfahrung hat: Bereits vor über 20 Jahren wurde in demselben Prüfschacht der Demonstrator der aktuellen Ariane 5-Rakete getestet, der damals noch aus hochfesten Stahllegierungen gefertigt war.

Für den Verifikationstest wird heute wie damals der Tank auf einem genau angepassten Metallring verankert. Mit Hilfe eines Gerüsts wird der Demonstrator mit aufwendiger Messtechnik versehen. Der eigentliche Test beinhaltet mehrere Drucktests. Der Tank wird dazu mit Wasser gefüllt, wodurch ein Druck entsteht. Beim letzten Druckversuch wird der Druck soweit erhöht, bis der Demonstrator birst.

Tests ab Mitte Juli

Da genau vorhersehbar ist, was in diesem Augenblick passiert, gelten für die ab Mitte Juli geplanten Tests hohe Sicherheitsvorkehrungen. Vor 20 Jahren gab es einen ohrenbetäubenden Knall, und der tonnenschwere Aufbau aus Demonstrator und Messgerüst wurde um fast einen halben Meter zur Seite versetzt. Auch dieses Mal wird erwartet, dass sich dabei der Inhalt des Behälters – 56.000 Liter Wasser, das entspricht der Füllung von 375 Badewannen – schlagartig in den Prüfschacht ergießt.

Fachlicher Kontakt:

Dr. Geert Schellenberg, Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart, Tel.: 685-62576, geert.schellenberg@mpa.uni-stuttgart.de

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