Mittelstand profitiert von Datengenossenschaften

2. Juli 2020, Nr. 43

Pilotprojekt mit Beteiligung der Universität Stuttgart gestartet

Wie können Unternehmen in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg von den Potenzialen der Digitalisierung und Vernetzung profitieren, ohne dabei in die Abhängigkeit großer, internationaler Plattformen zu geraten? Die Lösung könnten sogenannte Datengenossenschaften sein. Ein Pilotprojekt zum Thema Datengenossenschaften ist nun gestartet. Die Datengenossenschaft schafft einen Vertrauensraum, der Unternehmer dazu ermutigt, eigene Daten zu teilen. Die genossenschaftliche Gestaltung der Zusammenarbeit soll Ängste vor Know-how-Verlust abbauen und neue Wertschöpfungspotenziale hervorbringen.

In dem mit 1,4 Millionen Euro durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in Baden-Württemberg geförderten Projekt haben sich das Ferdinand-Steinbeis-Institut, der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) und die Lehrstühle für Controlling und Wirtschaftsinformatik 1 der Universität Stuttgart das Ziel gesetzt, technische, betriebswirtschaftliche sowie rechtliche Grundlagen zur Etablierung von Datengenossenschaften zu erforschen. Im Rahmen des Projekts werden hierfür drei konkrete Datengenossenschaften aufgebaut und gegründet. Von den Erkenntnissen sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen profitieren. Prof. Dr. Heiner Lasi, Leiter des Ferdinand-Steinbeis-Instituts, kommentiert das Vorhaben: „Durch die Kombination der Fähigkeiten von Unternehmen aus verschiedenen Branchen und den Austausch von Daten über Internetplattformen können wir zusätzliche Wertschöpfungspotenziale realisieren. Im Rahmen unserer bisherigen Forschungsaktivitäten wurde deutlich, dass der Vertrauensraum zwischen den Unternehmen ein zentraler Erfolgsfaktor ist.“

Die Praxis zeigt, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen häufig zögerlich beim Teilen ihrer Daten sind. Dr. Roman Glaser, Präsident des BWGV, sieht in dem genossenschaftlichen Ansatz großes Potenzial: „Die genossenschaftliche Rechts- und Unternehmensform ist flexibel und vielseitig anwendbar. Auch im Bereich der Datenökonomie eröffnet sie gerade für kleine und mittlere Unternehmen die Chance zur gewinnbringenden Zusammenarbeit, ohne dass die einzelnen Unternehmen im Rahmen eines genossenschaftlichen Zusammenschlusses ihre Selbstständigkeit aufgeben müssen. Das Projekt schafft Möglichkeiten, das Modell der Genossenschaften ganzheitlich weiterzuentwickeln und der Wirtschaft einen nachhaltig erfolgversprechenden Lösungsansatz zur Verfügung zu stellen.“ „Das Konzept der Datengenossenschaften kann nur funktionieren, wenn wir die Aspekte Datenqualität, Governance-Strukturen, Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung berücksichtigen.“, sagt Prof. Dr. Hans-Georg Kemper, Leiter des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik 1 am Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart.

Wie die Vernetzung und der Austausch sowie die dabei entstehenden Leistungsverflechtungen mit entsprechenden Verrechnungskonzepten koordiniert und gesteuert werden können, erforscht Prof. Dr. Burkhard Pedell, Leiter des Lehrstuhls für Controlling am Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart: „Wichtig ist es für uns, solide Partizipationsmodelle und Koordinationsmechanismen im Kontext von Genossenschaften zu schaffen, um damit die Grundlage für tragfähige und nachhaltige Geschäftsmodelle gestalten zu können.“

Die Projektpartner sind sich einig, dass Datengenossenschaften einen Lösungsansatz für deutsche und baden-württembergische Unternehmen sein können, um die Wettbewerbsfähigkeit der Region auch zukünftig zu sichern.

Im Rahmen des Pilotprojekts werden noch Unternehmen gesucht, die Teil einer Datengenossenschaft werden möchten.

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