Am Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde heute das Richtfest gefeiert für einen Erweiterungsbau, durch den das größte Zentrum dieser Art in Deutschland künftig an einem Ort zusammengefasst werden kann. Die Maßnahme mit einem Investitionsvolumen von 5,46 Millionen Euro schafft Platz für den derzeit schnellsten zivilen Rechner Europas, das neue Rechensystem HERMIT, sowie für eine weltweit einmalige Visualisierungsum-gebung, die es Forschern ermöglicht, unmittelbar mit dem Höchstleistungs-rechner zu interagieren.
„Mit dem Erweiterungsbau sowie dem seit Oktober im Aufbau befindlichen extrem leistungsfähigen
Rechnersystem wird die Universität Stuttgart europaweit, wenn nicht gar weltweit das führende
Forschungszentrum auf dem Gebiet der Simulation und Modellbildung und bietet ideale
Forschungsbedingungen für alle Bereiche, in denen immense Datenmengen verarbeitet werden müssen“,
so Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel. „Profitieren werden zum Beispiel der Exzellenzcluster
Simulation Technology oder das Zentrum für Systembiologie der Universität Stuttgart, aber auch
außeruniversitäre Forschungspartner und unsere Kooperationspartner aus der Industrie“, ergänzt der
Prorektor Struktur, Prof. Manfred Berroth. „In diesem Gebäude bündeln wir alle Ressourcen im
Höchstleistungsrechnen an der Universität Stuttgart. Mit der Visualisierung als Zentrum des
Gebäudes schaffen wir uns ein kräftig schlagendes Herz des Zentrums", so der Direktor des HLRS,
Prof. Michael Resch.
Kernstück des zweigeschossigen, vom Universitätsbauamt entworfenen Baukörpers mit einer
Nutzfläche von insgesamt 1.330 Quadratmetern ist eine über drei Geschosse verbundene Cave. Die Cave
ist ein Raum, dessen fünf Seiten aus Glas und Acrylglas bestehen, wobei die fünfte Seite mobil ist
und zum Betreten geöffnet werden kann. Über die simultane Projektion auf den Wänden entsteht im
Inneren ein umfassendes, sehr realistisches Raumerlebnis. Vor allem im Bereich der technischen
Simulation ist das von besonderer Bedeutung. Benutzer erhalten so eine bessere Darstellung ihrer
Arbeiten. Sie können ihre Modelle durchwandern oder von allen Seiten interaktiv betrachten.
Parallel zu den Arbeiten am Erweiterungsbau hat im Oktober die Installation des neuen
Rechensystems HERMIT begonnen. Die Komponenten des Rechners, die zusammen mehr als 60 Tonnen auf
die Waage bringen, werden durch Experten der Firma CRAY installiert. Das neue System verfügt über
eine Spitzenleistung von etwas mehr als einem Petaflop, insgesamt mehr als 3.500 Rechenknoten und
110.000 cores. Damit rangiert HERMIT auf der aktuellen Top500-Liste der weltschnellsten
Supercomputer als schnellster Rechner Deutschlands und schnellster ziviler Rechner Europas. In der
Gesamtwertung liegt das System auf Platz 12. In einem weiteren Ausbauschritt im Jahr 2013 soll die
Leistung um weitere vier bis fünf Petaflop/s anwachsen. Die Besonderheit dieses Systems liegt in
seinem speziellen, auf Linux basierten Betriebssystem und der Software-Infrastruktur in einem für
hochskalierbare Anwendungen optimiertem Kommunikationsnetz, sowie auch im Betriebsmodell: Die
enorme Rechenleistung des Systems wird nicht nur Wissenschaftlern zur Verfügung stehen, sondern
auch zur industriellen Nutzung angeboten. Die Kosten für HERMIT belaufen sich auf 22,5 Millionen
Euro für die Hardware des ersten Installationsschrittes und Betriebskosten von etwa zwei Millionen
Euro pro Jahr. Sie werden durch umfangreiche Investitionen für eine energieeffiziente Infrastruktur
ergänzt.
Bautechnisch ist der im Osten an den bestehenden Kubus des HLRS anschließende, auf das
Minimum reduzierte Stahlskelettbau eine große Herausforderung. Mit Hilfe von Stahlrahmen hängen die
betonierten Deckenscheiben zwischen den filigranen Vollstahlstützen. Ohne zusätzliche
Unterkonstruktion ist die umlaufende Glasfassade direkt auf den Stahlstützen befestigt. Das
Besondere an dieser Konstruktion ist zugleich die größte Herausforderung an einen präzisen Rohbau.
Über die filigrane Konstruktion und die spiegelnden Oberflächen scheinen die Decken fast zu
schweben und vermitteln eine hohe Transparenz.
Weitere Informationen bei Prof. Michael Resch, Höchstleistungsrechenzentrum Universität
Stuttgart, Tel. 0711/685-87269, e-mail: resch@hlrs.de.