Visualisierung der Gleisumfeld-Überwachung.

Digitales Auge für bessere Kontrolle und Instandsetzung im Bahnverkehr

21. September 2017, Nr. 81

Universität Stuttgart im Forschungskonsortium zur Zustandsüberwachung des Gleisumfelds
[Bild: Eisenbahnbundesamt (EBA)]

Mehr als 33.000 Kilometer misst das Streckennetz der Deutschen Bahn, auf dem die Züge täglich Millionen Menschen und Güter durch die Bundesrepublik und darüber hinaus transportieren. Um die aufwändige Kontrolle und Instandhaltung der Strecke zu verbessern, entwickeln namhafte Partner aus Eisenbahnwesen und Forschung, darunter Expertinnen und Experten für Schienenfahrzeugtechnik der Universität Stuttgart, jetzt eine Technologie zur 3D-Rekonstruktion und -analyse des Streckennetzes. Für das Forschungsprojekt „Zustandsüberwachung des Gleisumfeldes“ (ZuG) stellt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 2,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Initiiert wurde „ZuG“ von einem Konsortium aus Eisenbahn-Bundesamt (EBA), dem Bereich Schienenfahrzeugtechnik am Institut für Maschinenelemente (IMA) der Universität Stuttgart, dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), der ASCI-Systemhaus GmbH und der DB RegioNetz Verkehrs GmbH.

„Ziel ist eine verbesserte Nachprüfbarkeit und Verlässlichkeit der Streckeninstandhaltung«, erklärt Projektleiter Markus Reinhardt vom EBA. Dabei orientiere sich das Projekt an der „5-Punkte-Strategie“ des „Zukunftsforums Schiene Digital“ für eine umfassende Digitalisierung und Automatisierung des Schienenwesens.

In ZuG werden Technologien entwickelt, die künftig das Bahnpersonal entlasten und ein Hindernis für das automatisierte Fahren entfernen: Denn zur Zeit übernimmt der Lokführer beim Fahren noch eine weitere wichtige Funktion, indem er die Infrastruktur rund um die Gleise beobachtet und Auffälligkeiten an eine koordinierende Stelle weiterleitet. Ziel von ZuG ist es, künftig auch die Funktion der Streckenbeobachtung zu automatisieren.

Corinna Salander, IMA-Professorin für Schienenfahrzeugtechnik betont: „Es wird gerne vergessen, dass die Aufgaben des Lokführers weit mehr umfassen als nur das Führen des Fahrzeugs. Er überwacht zum Beispiel auch den Zustand des Gleisumfeldes auf potentielle Hindernisse, wobei ihm Erfahrung und Intuition helfen. Dies muss auch beim automatisierten Fahren sichergestellt werden. Dafür erarbeitet das Projekt wichtige Grundlagen.“

Die Universität Stuttgart erarbeitet für das Projekt den theoretischen Unterbau. Zum einen werden rechtliche, normative und technische Anforderungen an ein solches System recherchiert. Für offene Punkte, die noch nicht vom geltenden Regelwerk erfasst sind, werden Vorschläge erarbeitet. Dies soll die Umsetzung solcher Systeme in Zukunft einfacher und schneller ermöglichen. Zum anderen wird ein Katalog entworfen, welcher Objekte im Gleisumfeld enthält, die eine Gefahr für den Bahnbetrieb darstellen können. Dabei wird auch ermittelt, welches Gefährdungspotenzial vom jeweiligen Objekt ausgeht und welche Instandhaltungsmaßnahmen dementsprechend erforderlich sind, um einen sicheren Zustand wiederherzustellen.

Im Rahmen des Projekts liefern auf ein Triebfahrzeug der DB RegioNetz Verkehrs GmbH montierte Stereokameras Bilder, die in regelmäßigen Intervallen in 3D-Modelle der Strecke umgewandelt werden. Der Vergleich mit den Daten des Vortages erlaubt es, kurzfristige Veränderungen zu detektieren, die eine hohe oder akute Gefahr darstellen. Der Vergleich mit Vorjahreswerten zeigt längerfristige, aber stetige Veränderungen, die zu Problemen führen könnten. So sollen Sicherheitsrisiken, zum Beispiel durch umsturzgefährdete Bäume oder Verschiebung einer Böschungsmauer, minimiert werden.

Mit der 5-Punkte-Strategie definieren das BMVI, die DB und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. fünf Maßnahmen, um die Digitalisierung stärker in das Schienenverkehrswesen einzubringen. Dabei leistet ZuG zu drei der fünf Themen einen direkten Beitrag.

Fachlicher Kontakt:

Timo Strobel, Akademischer Mitarbeiter Schienenfahrzeugtechnik, T +49 711 685-66588, E-Mail

Kontakt

 

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Keplerstraße 7, 70174 Stuttgart

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