Mineralkunststoffschäume zum Dämmen und Isolieren

20. Juli 2020

Prof. Cosima Stubenrauch und Philipp Menold von der Universität Stuttgart sowie Prof. Helmut Cölfen von der Universität Konstanz haben ein recyclebares, nicht brennbares Dämmmaterial aus Mineralkunststoff zum Patent angemeldet. Das Dämmmaterial kann im Gebäudebau sowie in Fahrzeugen und Gehäusen für elektronische Geräte eingesetzt werden.

Ob Wärmedämmung im Winter oder Hitzeschutz im Sommer: Der Bedarf an Materialien zum Dämmen und Isolieren nimmt zu. Steigende Energiepreise sowie staatliche Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Vermeidung von klimaschädlichen Treibhausgasen befeuern diese Entwicklung. Für das Jahr 2025 wird ein weltweiter Verbrauch an Dämmstoffen von insgesamt bis zu 579 Millionen Kubikmetern erwartet, davon allein in Europa über 200 Millionen Kubikmeter.

Ein weit verbreitetes und gut isolierendes Material sind Kunststoffschäume wie etwa Dämmplatten aus Polystyrol. Allerdings sind viele Kunststoffschäume brennbar. So besteht bei mehreren Großbränden der jüngeren Vergangenheit wie etwa dem Grenfell Tower in London der Verdacht, dass sich das Feuer unter anderem aufgrund der Fassadendämmung in wenigen Minuten massiv ausbreiten konnte. Zudem sind Kunststoffschäume auch ökologisch umstritten, da sie auf der Basis von Erdöl hergestellt werden, biologisch nicht abbaubar sind und nur mit großem Energieaufwand recycelt werden können.

Die Teams von Prof. Cosima Stubenrauch vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Stuttgart und von Prof. Helmut Cölfen vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Konstanz haben einen neuen Mineralkunststoffschaum entwickelt, der als bioinspiriertes Hybridmaterial konzipiert ist und keinen der genannten Nachteile der Kunststoffschäume aufweist. Die Forscher mischten eine Natriumcarbonatlösung mit einer Polyacrylsäure-Calciumchlorid-Lösung, schäumten diese auf und gelierten anschließend die Mischung. Dabei entsteht als Zwischenprodukt ein Hydrogel, ein mit Wasser gequollenes Polymernetzwerk, woraus zum Beispiel auch ein Wackelpudding besteht. Das erzeugte Hydrogel ist plastisch beliebig verformbar. Durch Härten des Hydrogels erhält man dann einen porösen Mineralkunststoffschaum, der die Form des Hydrogels beibehält.

Härter als Acrylglas, aber leicht zu verarbeiten

Der Mineralkunststoffschaum ist fünf bis sechsmal härter als konventionelles Acrylglas, aber dennoch leicht zu verarbeiten. Durch seinen Mineralanteil von bis über 30 Massenprozent ist er im Gegensatz zu rein organischen Polymeren wie zum Beispiel Polyethylen (PE) nicht brennbar. Die Inhaltsstoffe Calcium, Calciumcarbonat und Polyacrylsäure sind gesundheitlich unbedenklich und werden beispielsweise auch in Augentropfen und Augengelen eingesetzt. Der Mineralkunststoffschaum lässt sich in vielen herkömmlichen Säuren vollständig auflösen, was ein einfaches und effizientes Recycling ermöglicht.

Der Mineralkunststoff wird derzeit zum Patent angemeldet (DE 102020002914). Über das Technologie-Lizenz-Büro der Baden-Württembergischen Hochschulen (TLB) suchen die Forschenden nun nach Wirtschaftspartnern, die Mineralkunststoffschäume in großem Maßstab produzieren können, um sie kommerziell zu vertreiben.

Kontakt Prof. Dr. Cosima Stubenrauch, Philipp Menold, Universität Stuttgart, Institut für Physikalische Chemie Tel. +49-(0)711-685-64470, -64481, E-Mail: cosima.stubenrauch@ipc.uni-stuttgart.de, philipp.menold@ipc.uni-stuttgart.de
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