Ein Auge aufs Auge: Vorsorgecheck für SOFIA-Teleskop abgeschlossen

1. Februar 2021

Fit für neue astronomische Flugmissionen

Ein ganz besonderes Flugzeug hat vor kurzem den Hangar 7 der Lufthansa Technik in Hamburg verlassen. Es ist nicht nur eine der letzten wenigen, Mitte der siebziger Jahren gebauten Boeings 747 SP, die dort in den letzten Monaten den etwa alle drei Jahre stattfindenden Extended Maintenance Check mit den vorgegebenen Wartungsarbeiten absolviert hat. Es ist gleichermaßen auch die weltweit einzige fliegende Sternwarte.

DSI nutzte Wartungspause des Flugzeugs

Die Wartungspause des Flugzeugs nutzten auch die Expertinnen und Experten des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart und nahmen das Teleskop, das Herzstück des fliegenden Stratosphären-Observatoriums für Infrarot-Astronomie (SOFIA), ins Visier, um es fit für neue spektakuläre Entdeckungen zu machen. Es ist ein in den neunziger Jahren gebautes rund 17 Tonnen schweres Infrarot-Teleskop mit einem aus temperaturbeständigen Spezialglas von Schott bestehenden Primärspiegel mit einem Durchmesser von 2.70 Meter. Das Teleskop ist im hinteren Teil des Flugzeugs fest eingebaut und ruht in einem hydrostatischen Öllager. Ein aufwändiges Isolationssystem entkoppelt die Störbewegungen und Vibrationen des Flugzeugs vom Teleskop.

Michael Hütwohl, SOFIA Teleskop Manager und Leiter des DSI-Teams der Universität Stuttgart am SOFIA-Standort im kalifornischen Palmdale beschreibt die Wartung als eine vielfältige Kombination aus unterschiedlichsten Arbeiten. Diese umfassten zum Beispiel die visuelle Inspektion von Bauteilen, das Reinigen und Schmieren beweglicher Teile und den Ersatz von Verschleißteilen. Dazu gehören unter anderem riesige Dichtungen, die den bedruckten vom unbedruckten Teil des Flugzeugs trennen. Oder die Bauteile des „Vibration Isolation Systems“, das die Vibrationen des Jumbos vom Teleskop fernhält. Dass es sich bei den Arbeiten nicht nur um filigrane Feinmechanik handelte, davon kann das DSI-Team in Hamburg ein Lied singen.

Alex Grüll vom DSI prüft die Ventile des Luftfedersystems des Teleskops auf Dichtigkeit. Dieses Stoßdämpfersystem besteht aus 24 Luftfedern und sorgt dafür, dass das Teleskop die Vibrationen des Flugzeugs nicht spürt, sondern stabil auf ein Himmelsobjekt ausgerichtet bleibt.

Über mehrere Wochen wurde schweres Material aus- und eingebaut - Schweißtreibende Arbeit an zum Teil schwer zugänglichen Stellen im Flugzeug, die neben körperlicher Fitness zum Teil akrobatische Fähigkeiten erforderte. Darüber hinaus wurden diverse Teleskopkomponenten mit Softwareupdates versehen. Dazu Michael Hütwohl: „Das Teleskop ist ein äußerst komplexes System aus optischen, mechanischen, elektrischen und elektronischen Komponenten, für dessen Gesamtfunktion die Software eine entscheidende Rolle spielt. Diese muss immer wieder korrigiert, verbessert und erweitert werden“. Was also bis zu den derzeitigen ersten Testflügen gemacht wurde, fasst Hütwohl so zusammen: „von einfachen Inspektionen bis hin zu äußerst komplexen Wartungsarbeiten.“

DSI-Mitarbeiter Jean Meyer überprüft die Steuerungselektronik für das Teleskop.

Zwar erschwerten die Corona-Erfordernisse und das gleichzeitige Arbeiten von Flugzeugtechniker*innen der Lufthansa – sie arbeiteten im Zwei-Schicht-Betrieb - die Arbeiten des etwa zehnköpfigen DSI-Teams am Teleskop, aber der Terminplan wurde eingehalten. Wenn SOFIA in Kürze den Hangar endgültig verlässt, ist nicht nur das Flugzeug so gut wie neu, sondern, so Michael Hütwohl, auch das Teleskop. Mit einem Unterschied: Während die Funktionalitäten des Flugzeugs bei diesem „Functional Check Flight“ vollständig überprüft werden können, ist dies für das Teleskop und seine Funktionen nicht vorgesehen. Dies geschieht zunächst mit Hilfe umfangreicher Testprozeduren am Boden. Den endgültigen Bewies, dass alles „im grünen Bereich ist“, liefern dann aber die ersten echten astronomischen Missionen.

Beeindruckende Bilanz SOFIA aus sieben Jahren

Bei SOFIA handelt es sich um das größte deutsch-amerikanische bilaterale Forschungsprojekt, das von den Luft- und Raumfahrtagenturen der beiden Länder (DLR, NASA) verantwortet wird. Dementsprechend war auch die NASA mit einem umfangreichen Team in Hamburg vertreten, das die Arbeiten am Flugzeug steuerte und überwachte. Das DLR hat den Betrieb des Teleskops, der deutsche Beitrag zu der fliegenden Sternwarte, an das 2004 an der Universität Stuttgart eigens dafür gegründete Deutsche SOFIA Institut (DSI) übertragen. Die Bilanz der Forschungsergebnisse, die SOFIA bislang vorweisen kann ist beeindruckend und sie hat immer wieder für wissenschaftliche Überraschungen gesorgt. Erst vor kurzem konnte sie Wasser auf dem Mond ausmachen und zwar an Stellen, an denen bisher kein Wasser vermutet wurde.

Der First-Light Flug des Stratosphären Observatorium für Infrarot-Astronomie (SOFIA) war 2010, seit 2014 ist es im wissenschaftlichen Vollbetrieb unterwegs. In einer Flughöhe von 12 bis mehr als 13 Kilometern forscht es überall dort, wohin irdischen Observatorien auf der ganzen Welt wegen des Wassergehalts in der Atmosphäre der Blick verwehrt ist. SOFIA detektiert dabei die von astronomischen Objekten ausgehende Infrarotstrahlung. Das Teleskop bedient derzeit sechs verschiedene Instrumente für unterschiedliche Forschungsaufgaben. Drei der Instrumente sind von amerikanischen Forschungseinrichtungen entwickelt worden, drei von deutschen Instituten, namentlich dem deutschen SOFIA-Institut (FIFI-LS, FPI+) und dem Max-Planck-Institut Bonn (GREAT). FIFI-LS ist eines der wenigen astronomischen Instrumente, das ähnlich wie das menschliche Auge funktioniert und Konturen eines Objektes gleichzeitig mit seinen verschiedenen Farben wahrnehmen kann. FPI+ ist die Leitkamera des Teleskops und das einzige Instrument, das dauerhaft am Teleskop montiert ist und zeitgleich mit einem der anderen Detektoren Daten registrieren kann. Diese Instrumente waren jedoch nicht in dem aktuellen Wartungsprogram enthalten.

Rundgang durch SOFIA

Dauer: 01:11 | © Universität Stuttgart | Quelle: YouTube

Ein Rundgang durch das fliegende Observatorium SOFIA im Zeitraffer.

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