Über agile Unternehmen und Methoden

27. Juni 2022 – Publizieren!

Prof. Birgit Renzl, Dr. Christian Mahringer und Dr. Martin Rost vom Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart (BWI) haben im Rahmen einer Tagung dargelegt, wie sich Unternehmen und Einrichtungen agil organisieren. Im Anschluss an die Tagung wurde eine Open-Access-Zeitschriftenausgabe veröffentlicht. Wir stellen die Arbeit in der Reihe „Publizieren!“ vor.

„Wenn eine Organisation agil sein möchte, geht es immer um Prozesse und die schnelle Anpassung an die dynamischen Entwicklungen der Umwelt. Wir nennen das ‚organisationale Agilität‘“, erklärt Dr. Christian Mahringer, akademischer Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Birgit Renzl am BWI.

Veränderungen, mit denen Firmen umgehen müssen, können beispielsweise durch andere Firmen oder die Gesellschaft hervorgerufen werden. Christian Mahringer nennt als Beispiel das Unternehmen Uber, das vor einigen Jahren das Taxigewerbe durcheinandergewirbelt hat. Auch Firmen wie Tesla, Entwicklungen der künstlichen Intelligenz, die Corona-Pandemie oder neue staatliche und gesellschaftliche Forderungen zur Eindämmung des Klimawandels stellen solche dynamischen Umwelteinflüsse dar. In all diesen Fällen brauchen Unternehmen organisationale Agilität, um erfolgreich handeln zu können.

Originalpublikation
Renzl, B., Mahringer, C., Rost, M., & Scheible, L. (2021). Organizational Agility: Current Challenges and Future Opportunities. Journal of Competences, Strategy & Management, Volume 11, 1–10, https://doi.org/10.25437/jcsm-vol11-51

Dr. Christian Mahringer wurde 2020 mit dem Publikationspreis der Universität Stuttgart ausgezeichnet.

„In unserem Editorial zur Sonderausgabe des Journals of Competences, Strategy & Management (JCSM) möchten wir einen Überblick darüber geben, wie Organisationen es schaffen, agil zu werden und wie man dies beschreiben und definieren kann. Der gesamte Band bietet darüber hinaus ein Forum für unterschiedliche Perspektiven, um das Verständnis von organisationaler Agilität zu verbessern“, erläutert Christian Mahringer die Zielsetzung der Publikation.

Unterschiedliche Definitionen für dasselbe Phänomen

Für die Forschung besteht die Herausforderung darin, dass es viele verschiedene Definitionen für dasselbe Phänomen gibt und dass der Begriff ‚Agilität‘ verschiedene Konzepte beinhaltet. Einerseits bezieht sich Agilität auf ein Phänomen auf der Organisationsebene, das sich mit der Umweltdynamik und der Art und Weise, wie Organisationen auf diese Dynamik reagieren, befasst. Andererseits bezieht sich Agilität auf ein bestimmtes Set von Methoden wie beispielsweise Scrum. Dabei handelt es sich um eine anpassungsfähige und agile Vorgehensweise bei der Produktentwicklung und der Abwicklung von Projekten. Der Begriff stammt aus dem Rugby und steht dort für einen Spielzug, bei dem sich das Team selbständig und in enger Abstimmung koordinieren muss. Entsprechend steht bei Scrum die Selbstorganisation des Teams im Mittelpunkt.

Auch die Universität Stuttgart treibt das Thema Agilität um. So wurde z. B. vor einigen Jahren das Agility Lab eingerichtet.

Die Wissenschaftler*innen haben sich auch angeschaut, wie Teams arbeiten. Die methodische Agilität umfasst beispielsweise das Thema Führung, welche Organisationsstrukturen vorhanden sind und wie sich Teams organisieren. „Agile Unternehmen arbeiten nicht unbedingt mit agilen Methoden und umgekehrt kann ein Unternehmen mit agilen Methoden arbeiten, aber selbst nicht wirklich agil sein“, beschreibt Christian Mahringer die Problematik. Bei der klassischen Motorenentwicklung in der Automobilindustrie gehe es beispielsweise darum, bestehendes Wissen weiter zu optimieren. Obwohl hierbei agile Methoden zum Einsatz kommen, hängt dies nicht unbedingt mit der Agilität der Organisation zusammen. In anderen Bereichen, wie der Entwicklung neuer Antriebstechnologien oder dem autonomen Fahren hingegen, muss sich die Organisation als Ganzes ‚agil‘ an neue Umweltbedingungen anpassen.

Agilität als Proaktivität und Schnelligkeit

Viele in der Publikation genannte Definitionen betrachten die Natur der Agilität als eine organisationale Fähigkeit oder Fertigkeit. Mehrere Autoren gehen davon aus, dass organisationale Agilität Firmen in die Lage versetzt, Chancen im externen Umfeld rasch zu erkennen und zu ergreifen und damit auch die Konkurrenz zu überraschen. Diese zeitliche Konnotation sei nach Aussage der Forschenden eines der hervorstechendsten Merkmale der organisationalen Agilität. Auch ein kollektives Verhaltensmuster von Akteuren in einer Organisation könne organisationale Agilität fördern, wenn auf verschiedenen Ebenen ein organisatorischer Lern- und Kompetenzentwicklungsprozess abläuft.

„Bei Agilität geht es also nicht nur darum, dass Unternehmen auf Umweltveränderungen reagieren und sich anpassen, sondern auch darum, etwas ganz Neues zu entwickeln, die Umwelt proaktiv zu gestalten und die Marktdynamik zu beeinflussen, wie dies Uber z. B. getan hat“, fasst Dr. Christian Mahringer zusammen.

Ergebnis einer bibliometrischen Kopplungsanalyse von über 700 wissenschaftlichen Artikel, die zeigt, welche wissenschaftlichen Gemeinschaften sich mit Agilität befassen.
Die Sonderausgabe bezieht sich hauptsächlich auf Beiträge der SKM-Konferenz 2019, die von Prof. Birgit Renzl (Foto) und ihrem Team am Betriebswirtschaftlichen Institut (BWI) ausgerichtet wurde.

Veröffentlichung über Open Access

Die Veröffentlichung der Sonderausgabe spiegelt eine wichtige Veränderung im akademischen Umfeld wider, nämlich den zunehmenden Trend von Zeitschriften zu Open-Access-Lösungen. Die Sonderausgabe ist die erste Ausgabe des ‚Journal of Competences, Strategy & Management‘ (JCSM), die vollständig über Open Access zugänglich ist. „Mit Unterstützung der Universitätsbibliothek der Universität Stuttgart haben wir eine Plattform eingerichtet, die es uns ermöglicht, den Publikationsprozess zu verwalten und zukünftige Artikel frei zugänglich zu machen. Wir glauben, dass dies ein entscheidender Schritt ist, um die Zeitschrift für die akademische Zukunft vorzubereiten, und wir freuen uns, dass die Artikel nun mehr Sichtbarkeit erfahren und einem breiteren Publikum auf der ganzen Welt zur Verfügung stehen“, erklären die Herausgeber.

Services rund ums Publizieren

Das Team der Universitätsbibliothek berät zu Finanzierungsfragen und Publikationsmöglichkeiten, auch bei Buchveröffentlichungen. Wichtig ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme, besonders bei DFG-Projekten.

Kontakt:
Stefan Drößler, Open-Access-Beauftragter, Tel. 0711/685 83509, E-Mail.
Weitere Informationen und Beratung.

Hilfe beim Verfassen von wissenschaftlichen Texten erhalten Sie unter anderem bei folgenden Einrichtungen:

Wenn Sie aktuell eine Arbeit veröffentlicht haben, die geeignet ist, sie im Rahmen der Reihe Publizieren! vorzustellen, schicken Sie bitte eine kurze Zusammenfassung des Themas und eine Begründung für die Aufnahme in der Reihe an die Hochschulkommunikation.

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