Das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) hat die Leitung von drei neuen Projekten übernommen. Sie haben zum Ziel, ein europaweites Netzwerk von nationalen Kompetenzzentren für Höchstleistungsrechnen (High-Performance Computing, HPC) zu schaffen. Außerdem soll der Austausch und das Teilen von HPC-Wissen und -Ressourcen über europäische Grenzen hinweg ermöglicht und kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) der Zugriff auf HPC-Technologien erleichtert werden. Die Projekte verfügen über das Potential, in ganz Europa die Expertise bei zukunftsweisenden Technologien für Simulation, Künstlicher Intelligenz und Hochleistungs-Datenanalyse voranzutreiben und eine breitere Akzeptanz der HPC-Technologien für Forschung und Entwicklung zu erwirken.
EU-Programm „EuroHPC Joint Undertaking“
2018 rief die Europäische Union das Vorhaben „EuroHPC Joint Undertaking [en]“ ins Leben, ein europaweites Programm zur Schaffung eines nachhaltigen und international wettbewerbsfähigen Eco-Systems für europäisches Hoch- und Höchstleistungsrechnen. Im ersten Schritt fokussierte sich EuroHPC auf Themen wie Infrastruktur und Ressourcen-Verfügbarkeit, die Förderung zukunftsweisender Technologien und die Entwicklung modernster Softwarelösungen. Schnell wurde jedoch offenbar, dass für den dauerhaften Erfolg von EuroHPC eine maßgebliche Komponente fehlte, nämlich: HPC-Kenntnis und -Kompetenz über europäische Grenzen hinweg.
Neue Projekte unter Leitung des HLRS
Am 1. September 2020 feierte das HLRS zusammen mit seinen europäischen Partnern den offiziellen Startschuss für drei neue Projekte, die diese europaweite Expertise gewährleisten soll:
- EuroCC (National Competence Centres in the Framework of EuroHPC)
- CASTIEL (Coordination and Support for National Competence Centres on a European Level)
- FF4EuroHPC (HPC Innovation for European SMEs)
Das HLRS hat die Aufgabe, als oberste koordinierende Instanz die wegweisenden europäischen Vorhaben zu leiten.
Dass durch das HLRS alle drei Projekte federführend von ein und derselben Organisation koordiniert werden, ist von Vorteil für alle Beteiligten.
Dr. Bastian Koller, Managing Director am HLRS
„Die Ziele von EuroCC, CASTIEL und FF4EuroHPC sind komplementär“, erklärt Dr. Bastian Koller, Managing Director am HLRS. „Dass durch das HLRS alle drei Projekte federführend von ein und derselben Organisation koordiniert werden, ist von Vorteil für alle Beteiligten. Mit diesem Vorhaben werden europaweit die HPC-Expertise gesteigert und die individuellen Kooperationen gefördert. Zudem wird besonderes Augenmerk der Industrie gewidmet – unter Einbeziehung der KMUs, die einen entscheidenden Beitrag zur Europäischen Wirtschaftskraft leisten. Daher sind wir sehr zuversichtlich, den nutzbringenden Einsatz der HPC-Technologien für wissenschaftliche wie auch industrielle Forschung und Entwicklung auf ein neues Niveau heben zu können – ein Niveau, das letztlich Gesamt-Europa zugute kommt.“
Das Fundament dieser länderübergreifenden HPC-Expertise bildet mit EuroCC [en] ein europaweites Netzwerk nationaler HPC-Kompetenzzentren. Zum Zeitpunkt des Projektstarts hatten 33 teilnehmende Länder jeweils ein solches Kompetenzzentrum ausgewiesen. Ziel von EuroCC ist es, dass sich diese Kompetenzzentren als nationale Ankerpunkte etablieren, um das von den nationalen Experten bereitgestellte HPC-Know-How, die Trainings-Ressourcen, sowie die HPC-Dienstleistungen und -Werkzeuge den jeweiligen Nutzergruppen ihres Heimatlandes zur Verfügung zu stellen. Vor allem die Zusammenarbeit mit der jeweiligen nationalen Industrie steht im Fokus des Vorhabens.
Parallel hierzu wurde dem HLRS die Leitung eines eng mit EuroCC einhergehenden zweiten EU-Projektes übertragen. Das Vorhaben CASTIEL [en], in dem weitere Europäische HPC-Institutionen mitwirken, hat zum Ziel, die Weitergabe der im Rahmen des EuroCC-Vorhabens erworbenen Kenntnisse und Expertise über die jeweiligen Landesgrenzen hinweg zu koordinieren. Während es die Rolle von EuroCC ist, die HPC-Expertise innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten zu entwickeln und zu fördern, wird es die Aufgabe von CASTIEL sein, diese Expertise über das gesamte EuroCC-Netzwerk hinweg verfügbar zu machen. Dies soll durch internationale Workshops, Mentoring-Programme und dedizierte Partnerschaften, sowie themenspezifische Arbeitsgruppen erreicht werden, im Rahmen derer gemeinsame Themenpunkte identifiziert und gezielt angegangen werden können. Die Projektverantwortlichen erwarten, dass diese beiden EU-weiten Projekte das HPC-Niveau auf gesamteuropäischer Ebene steigern, während sie zugleich in neuen Synergien resultieren und über Landesgrenzen hinweg neue Partnerschaften geknüpft werden.
Mit FF4EuroHPC [en] komplementiert ein drittes Projekt das Europäische HPC-Vorhaben, das sich auf kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) fokussiert. Ziel von FF4EuroHPC ist, dass teilnehmende KMUs mithilfe von Hoch- und Höchstleistungsrechnen optimierte Design- und Entwicklungsprozesse ableiten, somit bessere Produkte und Dienstleistungen generieren und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt erhöhen.
Über zwei Calls for Proposals können sich KMUs mit innovativen Projektvorschlägen für Rechenzeitkontingente auf Supercomputern und für den Zugriff auf weitere HPC-Ressourcen bewerben. Die Themen dieser Projekte können dabei durchaus außerhalb des traditionellen Ingenieurswesens, der Produktion oder des dazugehörigen Umfelds liegen. So werden nicht nur Anwendungen von Simulation und Modellierung gefördert, sondern auch Vorhaben, die zunehmend wichtiger werdende neuartige HPC-Technologien nutzen, wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz oder Höchstleistungs-Datenanalyse (High-Performance Data Analytics, HPDA). Durch die resultierenden Probeprojekte werden die Vorteile von HPC und verwandter Technologien einem noch breiteren Kreis von KMUs nahegebracht und das Bewusstsein für den nutzbringenden Einsatz von HPC-Ressourcen gesteigert werden.
Mit Erfolgsgeschichten zu europaweiter HPC-Community
„Die Success Storys, die sich einstellen werden, wie auch der länder- und themenfeldübergreifende Dialog, der im Verlauf dieser Projekte stattfinden wird, wird zweifellos in ganz Europa das Bewusstsein für das High-Performance Computing und für die Vorteile, die es mit sich bringt, steigern“, ist Koller überzeugt. „Wobei sich dies nicht auf die Forscher und Unternehmen beschränken wird, die von Supercomputing, KI oder HPDA in direkter Weise profitieren. Auch Regierungen und Interessenvertreter für die Entwicklung und den Unterhalt von HPC-Ressourcen werden dies realisieren. Das alles wird maßgeblich dazu beitragen, dass eine gemeinsame, europaweite HPC-Community von höchstem Niveau entsteht – und das ist es, worauf EuroHPC hinarbeitet.“