Maren Scheel

Interview mit Maren Scheel: Doktorandin gewinnt Amelia Earhart Fellowship

11. April 2022

Im Interview erzählt die Doktorandin der Universität Stuttgart, wie sie das Schwingunsverhalten von Bauteilen untersucht, sodass diese sicherer und nachhaltiger werden.
[Foto: Felix Meinhardt ]

Die Doktorandin Maren Scheel vom Institut für Luftfahrtantriebe der Universität Stuttgart gewinnt den mit 10.000 US-Dollar dotierten Amelia Earhart Fellowship Award. Der Preis wird von Zonta International vergeben. Zonta zeichnet jährlich 35 junge Wissenschaftlerinnen aus, die wie Amelia Earhart Pionierleistungen in der Luft- und Raumfahrttechnik erbracht haben.

Doris Brummer, Direktorin der Aerea 02 von Zonta International und die Preisträgerin Maren Scheel bei der Verleihung des Amelia Earhart Fellowship Awards.

Frau Scheel, was erforschen Sie in Ihrer Doktorarbeit?

Ich untersuche das Schwingungsverhalten von zusammengebauten Strukturen. Wenn eine Struktur zu Schwingungen angeregt wird, werden die Schwingungen bei bestimmten Anregungsfrequenzen besonders groß. Das nennt man Resonanz. Die Schwingungsamplitude bei Resonanz wird nur durch die Dämpfung des Gesamtsystems begrenzt. Aus technischer Sicht ist es besonders wichtig, Resonanzfrequenzen, Resonanzamplituden und Dämpfungsgrad zu kennen. Außerdem ist es relevant, wie sich das Bauteil verformt, also die Schwingform. Es gibt Standardverfahren, um diese Größen durch Messungen zu ermitteln. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Größen unabhängig davon sind wie stark das Bauteil schwingt.

Das Schwingungsverhalten von zusammengebauten Strukturen wird aber von Kontaktvorgängen in Fügestellen, beispielsweise Reibung, beeinflusst. In solchen Fällen hängen die Größen Resonanzfrequenz, Dämpfungsgrad und sogar die Schwingform von der Schwingungsamplitude ab. Reibung ist nur ein Beispiel für viele verschiedene physikalische Ursachen, die diese Amplitudenabhängigkeit hervorrufen.

Maren Scheel arbeitet am Laptop.
Doktorandin Maren Scheel

In meiner Doktorarbeit entwickle ich ein Messverfahren, um Resonanzfrequenz, Dämpfungsgrad und Schwingform in Abhängigkeit der Schwingungsamplitude zu ermitteln. Dazu habe ich eine geeignete Regelung gefunden, um ein Bauteil bei beliebiger Schwingungsamplitude stets in Resonanz anzuregen. Aus der gemessenen Schwingungsantwort und der Anregungskraft bestimme ich dann die drei gesuchten Kenngrößen.

Wie wird Ihre Forschung angewandt und in Zukunft eingesetzt?

Wenn Resonanzfrequenz, Dämpfungsgrad und Schwingform bekannt sind, ist es beispielsweise möglich, kompliziertes Schwingverhalten nur basierend auf Messdaten zu modellieren, Modellparameter zu identifizieren und physikalische Modelle zu validieren. Damit können dann zum Beispiel mechanische Fügestellen, wie Schraubverbindungen oder die Verbindung zwischen einer Schaufel und einer Scheibe in Flugzeugtriebwerken, genauer ausgelegt werden.

Welchen Nutzen hat Ihre Forschung für die Gesellschaft?

Mit genauen und vor allem gut validierten Modellen ist es möglich, Bauteile besser auszulegen. Das bedeutet, dass die Teile beispielsweise leichter gebaut werden können. Leichtbau hilft uns dabei, Ressourcen zu schonen und Emissionen zu mindern. Leichtere Strukturen sind allerdings anfälliger gegenüber Schwingungen. Da wir nun aber die Resonanzfrequenz, Dämpfungsgrad und Schwingform genau kennen, kann trotzdem ein sicherer und ungestörter Betrieb ermöglicht werden.

Sie bekommen einen Preis, der zu Ehren von Amelia Earhart gegründet wurde. Kannten Sie die berühmte Pilotin vor Ihrer Bewerbung?

Natürlich war mir Amelia Earhart schon vor meiner Bewerbung ein Begriff. Die Pilotin ist ein Vorbild für viele Frauen in technischen Berufen. So wie ihr ist es auch mir wichtig, mehr Mädchen und Frauen für die Ingenieurwissenschaften zu begeistern. Ich hoffe, dass ich als Wissenschaftlerin und Dozentin dazu beitragen kann, dass Frauen in diesem Bereich sichtbarer werden. Außerdem engagiere ich mich als Mentorin im StartScience-Programm der Universität für Studentinnen. Wir Mentorinnen unterstützen in dem Programm die Studentinnen bei ihrer beruflichen Orientierung.

Was ist Ihr berufliches Ziel für die Zukunft?

In den nächsten Monaten werde ich voraussichtlich meine Promotion abschließen. Danach werde ich an meinem Institut als Post-Doc bleiben, um meine Forschung weiterzuführen und mich in der Lehre einzubringen. Mittelfristig möchte ich eine eigene Forschungsgruppe an der Universität aufbauen und strebe eine Habilitation an.

Von links: Prof. Malte Krack (Universität Stuttgart, Institut für Luftfahrtantriebe), Stefanie Sauerhöfer (Präsidentin Zonta Club Stuttgart), Maren Scheel (Institut für Luftfahrtantriebe) und Doris Brummer (Direktorin der Aerea 02 von Zonta International)

Über den Amelia Earhart Fellowship Award
Der Amelia Earhart Fellowship Award wurde 1938 zu Ehren der Pilotin Amelia Earhart ins Leben gerufen, die 1932 als erste Frau im 20-stündigen Alleinflug den Atlantik überquerte. Die Popularität, die die Pilotin durch ihre Flugrekorde erlangte, nutzte sie, um sich für die Rechte von Frauen einzusetzen. Sie half Frauen, eine Zulassung an technischen Hochschulen zu bekommen und unterstützte sie bei der Wahl von technischen Berufen. Bei ihrem Versuch, die Erde entlang des Äquators zu umrunden, ist Amelia Earhart 1937 verschollen. Der Amelia Earhart Fellowship Award soll die Forschungsarbeit junger Wissenschaftlerinnen unterstützen und sie auf ihrem weiteren beruflichen Weg motivieren. Bis heute wurden 1.674 Frauen aus 75 Ländern ausgezeichnet.

Was ist Zonta?

Zonta International ist ein weltweiter Zusammenschluss berufstätiger Frauen in verantwortungsvollen Positionen, der als NGO bei den Vereinten Nationen ebenso wie jeweils in den einzelnen Clubs vor Ort das Ziel verfolgt, die Stellung von Frauen in rechtlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht zu verbessern. Weltweit bestehen in 63 Ländern mehr als 1.200 Clubs mit mehr als 30.000 Mitgliedern.

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