Staubbeschleuniger

Neuer Staubbeschleuniger macht Staubsensoren fit für den Weg ins All

30. März 2022

Das Stuttgarter Institut für Raumfahrtsysteme IRS wird im Jahr 2024 wieder an einer Raumfahrtmission teilnehmen. Ein wichtiger Meilenstein hierfür ist der am 30.03.2022 in Betrieb genommene Staubbeschleuniger des IRS an der MPA.
[Bild: Universität Stuttgart, Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) und Materialprüfungsanstalt (MPA)]

DESTINY+ und DDA - Brückenbau zwischen den Planetenwissenschaften und der Astrophysik

Die japanisch-deutsche Raumfahrtmission DESTINY+ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency) startet im Jahr 2024 auf eine Reise zum Asteroiden 3200 Phaethon; mit an Bord ist das Staubteleskop DDA (Destiny Dust Analyser) des Instituts für Luft-und Raumfahrtsysteme (IRS).

DESTINY+ steht für "Demonstration and Experiment of Space Technology for INterplanetary voYage" und ist, nach dem großen Erfolg der NASA/ESA Mission Cassini-Huygens, der nächste große Schritt für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Staubastronomie am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart. "Das Staubteleskop auf DESTINY+ ist eine Weiterentwicklung des erfolgreichen Staubdetektors CDA der NASA Sonde Cassini-Huygens und öffnet ein neues Fenster in der Staubastronomie" erklärt der Leiter des Instituts Dr. Ralf Srama.

Kein Flug ohne Staubbeschleuniger

Die Inbetriebnahme des weltweit modernsten Staubbeschleunigers im März 2022 am IRS ist dabei ein wichtiger Schritt für die Mission. Die Anlage wurde gemeinsam mit der Materialprüfungsanstalt (MPA) aufgebaut und wird für Tests der Staubsensoren für die interplanetare Raumfahrtmission DESTINY+ eingesetzt. Im Staubbeschleunigerlabor werden die Weltraumexperimente getestet und kalibriert sowie die Staubmessgeräte geeicht, damit diese an Bord der interplanetaren Raumsonde reibungslos arbeiten können. Im neuen Staubbeschleuniger können 100 nm große Metall- oder Silikatpartikel in einem Vakuumrohr auf Partikelgeschwindigkeiten von 50 km/s beschleunigt werden. Solche hohen Relativgeschwindigkeiten treten insbesondere bei der Messung von interstellarem Staub mit Raumsonden im Sonnensystem auf.

Vier Jahre wird DESTINY+ zum Asteroiden 3200 Phaethon unterwegs sein. Ein Hauptziel der Mission ist die Charakterisierung von Phaethon in einer Sonnenentfernung von 150 Millionen Kilometern während eines 36 km/s schnellen Vorbeiflugs. "Der Vorbeiflug am Asteroiden Phaethon ermöglicht erstmals die genaue Analyse von einzelnen Nanopartikeln, um Rückschlüsse über die Oberflächenbeschaffenheit des ausgebrannten kleinen Körpers zu erzielen" erläutert Ralf Srama. Dabei soll sich die Sonde dem Asteroiden bis auf 500 km nähern. Während des gesamten Vorbeiflugs ist die Durchführung von Remote Sensing und in-situ Beobachtungen geplant. Japanische Multispektralkameras sollen den sechs Kilometer großen Asteroiden aus der Ferne charakterisieren und der Staubsensor bestimmt die Massen, die elektrische Ladung und die Zusammensetzung der von Phaethon stammenden Staubpartikel.

Phaethon, der teilweise nur rund 21 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt ist, gilt als der Ursprung der Geminiden, einer um die Sonne kreisenden Staubwolke, die jedes Jahr im Dezember bei uns für einen Sternschnuppen-Schauer sorgt. Durch seine Nähe zur Sonne erwärmt sich die Oberfläche des sechs Kilometer großen Körpers auf eine Temperatur von über 700 Grad Celsius und setzt dadurch Staubpartikel und sehr viel Gas frei. Da Phaethon schon sehr viel Material von seiner Oberfläche verloren hat und nur noch in unmittelbarer Sonnennähe Aktivität zeigt, wird er als aktiver Asteroid bezeichnet.

Die wissenschaftlichen Messungen von DDA umfassen insbesondere chemische Analysen der Zusammensetzung interplanetarer und interstellarer Mikrometeoroiden im inneren Sonnensystem. Diese Ergebnisse sollen, so Ralf Srama, Aufschluss über die Entstehung und Evolution unseres Sonnensystems geben und damit fundamentale Fragen der Astrobiologen beantworten: "Wir erwarten detaillierte Daten von Staubteilchen und ihren interplanetaren und interstellaren Quellen. Noch nie konnten Analysen mit einem Staubteleskop dieser Qualität im Weltraum erzielt werden."

Das Staubspektrometer ermöglicht chemische Analysen von organischen Bestandteilen einzelner kosmischer Staubteilchen. Kohlenstoff kann als Hauptbestandteil mit großer Empfindlichkeit nachgewiesen werden, so dass der kosmische Transport von organischen Stoffen durch Staubteilchen auf die Erde mit DESTINY+ untersucht werden kann. Das Staubteleskop DDA an Bord der japanischen Raumsonde wurde vom IRS in Zusammenarbeit mit der Firma von Hoerner & Sulger entwickelt und vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Für die Entwicklung, den Bau und Start der Raumsonde sowie den anschließenden Betrieb der Mission ist die JAXA verantwortlich. Zukünftig arbeiten DLR und JAXA unter anderem im Rahmen der Mission Mars Moon Explorer (MMX) zur Erforschung der Marsmonde Phobos und Deimos zusammen. Deutschland und Japan nutzen darüber hinaus die Internationale Raumstation ISS intensiv, um Fragen der Medizin, Materialentwicklung und Grundlagenforschung zu beantworten.

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