Sie denken nicht wie wir, sie sehen nicht wie wir, sie navigieren nicht wie wir. Entsprechend gestaltet sich auch die Kommunikation und Kooperation von Robotern untereinander anders als bei uns Menschen. Dr. Aamir Ahmad wird zum 1. September 2020 auf die erste Professur für Flugrobotik am Institut für Flugmechanik und Flugregelung (IFR) der Universität Stuttgart berufen. Er beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Roboter-Systemen, sein Schwerpunk liegt hierbei vor allem auf Flugrobotern. Zuvor war er Gruppenleiter in der Abteilung Perzeptive Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen.
Prof. Dr. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, heißt Dr. Aamir Ahmad sehr herzlich willkommen: „Mit seinem Fokus auf Flugroboter erweitert Dr. Ahmad unser bisheriges Forschungsspektrum im Bereich Robotik und Künstliche Intelligenz um einen sehr wichtigen Aspekt und leistet einen weiteren wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Vision Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft der Universität Stuttgart. Wir freuen uns, dass Dr. Ahmad mit Antritt seiner Professur nun gleichzeitig am Cyber Valley wirkt und unser exzellentes Team an der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie ergänzt.“
Jeder, der schon einmal eine Drohne geflogen ist, weiß, dass das gar nicht so einfach ist. Man muss Hindernissen ausweichen und gut aufpassen, dass man nicht irgendwo dagegen fliegt. Auch beispielsweise den eigenen Hund auf dem Feld damit zu filmen, ist gar nicht so leicht, weil oft nicht vorhersehbar ist, welche Richtung er als nächstes einschlägt. Mit Hilfe von intelligenten Systemen wird es zunehmend einfacher, Hindernisse zu erkennen und ihnen auszuweichen bzw. sich bewegende Objekte erfassen und ihnen zu folgen. Kompliziert wird es allerdings dann wieder, wenn mehrere Flugroboter im Einsatz sind. Wie genau können sich die einzelnen Roboter untereinander so austauschen und abstimmen, dass sie im Kollektiv einen Gegenstand erkennen und dann entsprechend handeln können? Unter anderem mit diesen Fragen setzt sich Ahmad auseinander.
„Ich freue mich sehr, diese neue Herausforderung anzunehmen“, sagt Ahmad, der Advanced Estimation for Flight Robotics lehren wird. „Ich schätze mich glücklich, dass mir die Universität Stuttgart die Gelegenheit bietet, die bisherige Forschung der Luft- und Raumfahrtfakultät um den Bereich der Flugrobotik zu ergänzen. Ich bin außerdem dankbar, dass mir meine bisherige Tätigkeit am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) in Tübingen die Gelegenheit gegeben hat, meine Forschung über visuell agierende Systeme aus kooperierenden Flugrobotern in den letzten drei Jahren voranzutreiben.“
Forschungsschwerpunkt Flugrobotik
Ahmad und seine Forschungsgruppe konzentrieren sich auf die bildbasierte Wahrnehmung in Multi-Roboter-Systemen, insbesondere in Flugrobotern. Es geht ihnen darum, zu erforschen, wie die Formation einer Gruppe von Flugrobotern in der Luft gesteuert werden kann. Praktisch zum Einsatz kommt das immer dort, wo mehrere Flugroboter einem festen oder auch sich bewegenden Hindernis ausweichem müssen oder einem Objekt folgen möchten. Dabei kommen bisher oft vorgegebene Formationsgeometrien zum Einsatz, das versucht das Team um Ahmad jedoch anders zu lösen. Die einzelnen Roboter, lediglich mit Kameras ausgestattet, tauschen sich untereinander aus und können so ein Verständnis des Gesamtbilds entwickeln und ihre Formation entsprechend anpassen. Das langfristige Ziel der Forschung ist, ein besseres Verständnis dafür zu erlangen, wie Roboterteams effektiv navigieren, kooperieren und miteinander kommunizieren.
Im Rahmen des Projekts AirCap am MPI-IS leitete Ahmad seine Forschungsgruppe bei der Konzeption und Entwicklung eines Teams von Micro Aerial Vehicles (MAVs) zur markerlosen Erfassung menschlicher Bewegungen im Freien (Motion Capture, oder kurz MoCap). Das System, das aus mehreren kooperierenden Flugrobotern besteht, ist das erste, das in der Lage ist, eine Person in einer natürlichen Umgebung im Freien ohne den Einsatz von Sensoren oder Markern autonom zu erfassen und zu verfolgen. Dank der bordeigenen Kameras der MAVs und dem hochmodernen Backend des Systems können die 4D-Skeletthaltung und die Körperform eines menschlichen Subjekts mit hoher Genauigkeit rekonstruiert werden. Solche Systeme sind vielversprechend für den Einsatz in einem breiten Spektrum an Bereichen, darunter Such- und Rettungseinsätze, Wildtierschutz, Landwirtschaft und die Überwachung der Sicherheit am Bau.
Über Dr. Aamir Ahmad
Ahmad hat seinen Bachelor of Technology in Bauingenieurwesen am Indian Institute of Technology (IIT) in Kharagpur, Indien, erworben. Danach war er Post-Doc-Stipendiat am Institut für Systeme und Robotik der Universität Lissabon, wo er in Elektro- und Computertechnik promovierte. Die nächsten Stationen waren zum einen das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik sowie das MPI-IS in Tübingen. Als preisgekrönter Wissenschaftler und führender Nachwuchsforscher auf dem Gebiet der Flugrobotik erhielt Ahmad 2013 das Marie Curie Intra-European Fellowship, eines der weltweit renommiertesten akademischen Stipendien.
Zusätzlich zu seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Stuttgart wird Ahmad weiterhin die Forschungsprojekte der Robot-Perception-Gruppe am MPI-IS in Tübingen leiten. Darüber hinaus plant er, Doktorand*Innen an der International Max Planck Research School for Intelligent Systems (IMPRS-IS) mitzubetreuen.
Über das Cyber Valley
Das Cyber Valley ist Europas größtes Forschungskonsortium im Bereich der künstlichen Intelligenz mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie. Die Partnerschaft stärkt Forschung, Lehre und Entrepreneurship in den Bereichen Maschinelles Lernen, Computer Vision und Robotik sowie die Verbindungen zwischen diesen Wissenschaftsbereichen. Partner sind das MPI-IS, die Universitäten Stuttgart und Tübingen, das Land Baden-Württemberg, die Fraunhofer Gesellschaft sowie sieben Industriepartner.
Fachlicher Kontakt:
Dr. Aamir Ahmad, Universität Stuttgart, Institut für Flugmechanik und Flugregelung, Tel.: +49 (0) 711 685-66679, E-Mail