Forschenden gelingt Meilenstein in der Terahertz-Kommunikation

5. Juli 2022

Weltweit erste bidirektionale Terahertz-Richtfunkstrecke vorgestellt
[Bild: Dominik Wrana/Universität Stuttgart]

Wissenschaftler*innen der Universität Stuttgart ist es im Rahmen des Projekts „ThoR“ gelungen, die weltweit erste bidirektionale Terahertz (THz)-Richtfunkstrecke mit Internetanbindung zu demonstrieren. Diese soll als „Backhaul“-Link für zukünftige Mobilfunkanwendungen dienen. Das Institut für robuste Leistungshalbleitersysteme (ILH) ist dabei Teil eines Konsortiums aus zwölf Partnern aus fünf Ländern. Geleitet wird das Projekt von der TU Braunschweig und der Waseda University (Japan). Ende Juni wurde die THz-Richtfunkstrecke im Rahmen eines Abschlussworkshops vorgestellt.

Nicht immer und überall besteht die Option, hochbitratige Datenübertragungen über Glasfaserkabel zu realisieren. In dicht bebauten Städten, an abgelegenen Orten, bei natürlichen Hindernissen, in Katastrophenfällen oder auf Massenveranstaltungen ist es oft nicht möglich, jede Basisstation des Mobilfunknetzes per Kabel anzubinden und genug Bandbreite zur Verfügung zu stellen. Hier sind Terahertz-Richtfunkstrecken eine attraktive Alternative. Sie können Entfernungen von bis zu einem Kilometer überbrücken. So werden wichtige „Backhaul“-Verbindungen zwischen Mobilfunkzellen und den Knotenpunkten des Mobilfunknetzes geschaffen, ohne Straßenbaumaßnahmen vornehmen zu müssen.

Große Datenübertragungen ohne Glasfaserkabel möglich

Bisher sprachen die hohen Datenraten, die der Mobilfunkstandard 5G produziert und die perspektivisch im künftigen 6G-Standard noch weiter steigen werden, trotz allem für eine Glasfaser-Anbindung der Stationen an das Datennetz. Dem internationalen ThoR-Projekt ist es jetzt gelungen, eine bidirektionale Terahertz-Richtfunkstrecke mit Netzanbindung zu entwickeln, die genau diese hohen Datenmengen übertragen kann. Genutzt wird dafür der Frequenzbereich oberhalb von 300 Gigahertz (GHz), da dieser genug Spektrum für große Datenraten bietet.

Die ThoR-Backhaul-Strecke bietet dabei als weltweit einzige Strecke dieser Art eine echte bidirektionale Datenanbindung und verknüpft das Informatikzentrum und das Okerhochhaus der TU Braunschweig über eine Entfernung von 160 Metern. Mit ihr können Datenraten von 2 mal 20 Gbit/s netto bei einer Bandbreite von 2 mal 8,64 GHz übertragen werden. Die entwickelte THz-Richtfunkstrecke ist über die Bandbreite so skalierbar, dass auch höhere Datenraten realisierbar sind. „Wir haben hier eine anwendungsnahe Komplettlösung realisiert, die bereits in naher Zukunft als Backhaul-Verbindung im Datennetz eingesetzt werden kann", sagt Professor Thomas Kürner von der TU Braunschweig, Leiter des europäischen Teils des Projekts. Darüber hinaus entspricht ihre Funktionsfähigkeit als erste Backhaul-Verbindungen dieser Art dem IEEE 802.15.3-Standard. Dieser Standard wurde bereits im Vorfeld des ThoR-Projekts unter wesentlicher Beteiligung der TU Braunschweig und einigen japanischen Partner*innen entwickelt.

Die Braunschweiger Richtfunkstrecke verbindet das Okerhochhaus mit dem Informatikzentrum der TU Braunschweig über eine Entfernung von 160 Metern.

Das Forschungsteam der Universität Stuttgart entwickelte die neuartigen, breitbandigen Sende- und Empfangsschaltungen für das Projekt ThoR auf Basis einer leistungsfähigen Transistortechnologie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF. Sie realisierten gemeinsam mit den französischen Projektpartnern IEMN und Universität Lille das Terahertz-Radio bei 300 GHz. Das Radio ermöglichte die weltweit erste Netzanbindung einer Terzhertz-Funkstrecke durch die parallele Verarbeitung von bis zu vier Gigabit-Modems. 

Mobilfunknetz 6G: Universität Stuttgart erforscht technologische Voraussetzungen

Das ThoR-Projekt wurde von der EU durch das Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 und vom National Institute of Information and Communications Technology in Japan mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert. Die vierjährige Projektlaufzeit endete am 30. Juni 2022. An der Universität Stuttgart werden die Forschungsarbeiten derzeit im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes Open6GHub fortgeführt. Neben dem Institut für robuste Leistungshalbleitersysteme (ILH) forscht dabei auch das Institut für Nachrichtenübertragung (INÜ) an den technologischen Voraussetzungen für das Mobilfunknetz der 6. Generation.

ThoR-Projekt

ThoR ist die Abkürzung für "TeraHertz end-to-end wireless systems supporting ultra high data Rate applications". Partner des ThoR-Projekts sind: Technische Universität Braunschweig (EU-Koordinator, Deutschland), Waseda University (Japan-Koordinator, Japan), Chiba Institute of Technology (Japan), Gifu University (Japan), Universität Stuttgart (Deutschland), Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF (Deutschland), University of Lille-CNRS IEMN&PhLAM Laboratories (Frankreich), HRCP R&D Partnership (Japan), Vivid Components Ltd. (Großbritannien), Siklu Communication Ltd. (Israel), NEC Corporation (Japan) und Deutsche Telekom (Deutschland/Tschechien).

Logo des ThoR-Konsortiums

Fachlicher Kontakt:

Prof. Ingmar Kallfass, Institut für robuste Halbleitersysteme (ILH), Universität Stuttgart, Tel.: 0711 685-68747, E-Mail

Medienkontakt

 

Hochschul­kommunikation

Keplerstraße 7, 70174 Stuttgart

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