Selbstfahrende Autos, die einen entspannt zum Urlaubsziel bringen, fließender Verkehr auf deutschen Autobahnen, weniger Unfälle. Das sind die Idealvorstellungen des Verkehrs der Zukunft. Wie schätzt der Experte die zukünftige Situation ein? Drei Fragen an Prof. Markus Friedrich, Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik der Universität Stuttgart.
Wie wird sich der Verkehr in der Zukunft entwickeln?
Die Prognosen für Baden-Württemberg zeigen im Personenverkehr zwischen 2010 und 2030 eine Steigerung um 15 Prozent. Im Güterverkehr wird sogar ein Zuwachs von 40 Prozent erwartet. Die Zahl der PKW wächst, wir nutzen das Auto häufiger und fahren damit weitere Strecken. Gleichzeitig radeln wir aber auch mehr und fahren öfters mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Insgesamt bedeutet das mehr Fahrzeuge auf den Straßen, mehr Stau und vollere öffentliche Verkehrsmittel.
Sind automatisierte Autos die Lösung für unser Stauproblem?
Auf diese Frage lässt sich derzeit keine eindeutige Antwort finden, da die Regeln, nach denen die automatisierten Autos fahren werden, noch nicht klar definiert sind. Angenommen die Autos halten sich auf der Autobahn an alle Verkehrsregeln, fahren sehr gleichmäßig und verursachen weniger Unfälle, dann steigt die Leistungsfähigkeit der Straße und der Verkehr fließt besser. In der Stadt sieht es anders aus. Das Zusammenspiel von Radfahrern, Fußgängern und automatisierten Autos wird eine große Herausforderung und kann auch zu einer niedrigeren Leistungsfähigkeit führen. Grundsätzlich wird Autofahren mit automatisierten Fahrzeugen komfortabler, da die Fahrtzeit im Fahrzeug teilweise für andere Tätigkeiten genutzt werden kann. Und wenn das Auto noch besser wird, werden mehr Menschen das Auto nutzen. Die Effizienzgewinne durch automatisierte Fahrzeuge gehen dann wieder durch mehr Verkehr verloren.
Was ist Ihr Lösungsvorschlag?
Es wird schwer sein, Verkehrsprobleme zu lösen, ohne das Verhalten der Menschen zu ändern. Verkehr funktioniert nur, wenn wir kooperieren. Dafür brauchen wir andere Rahmenbedingungen, die die Politik vorgeben muss. Es genügt nicht, das Verhalten durch Anreize, beispielsweise billigere Fahrscheine oder die Förderung von Elektrofahrzeugen, zu beeinflussen. Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, müssen wir von den Autofahrern mehr Geld verlangen und dieses Geld in alle Verkehrssysteme investieren. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Politik nur parteiübergreifend lösen kann. Den Stau am Ferienbeginn wird es aber auch in Zukunft geben. Wir können die Straßen nicht so dimensionieren und das Verkehrsmanagement so gestalten, dass die Nachfragespitzen im Urlaubsverkehr ohne Überlastungen abgewickelt werden können. Da helfen nur „intelligente“ Verkehrsteilnehmende, die ihre Wahl der Abfahrtszeit anpassen: Entweder um 3 Uhr, um 15 Uhr oder einen Tag später losfahren.
Fachlicher Kontakt:
Prof. Dr. Markus Friedrich, Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart, T +49 711 685-82482, E-Mail