In der vielbefahrenen Stadt Stuttgart sind Ladeflächen für Lieferfahrzeuge häufig von anderen Verkehrsteilnehmenden belegt. Daher halten die Lieferdienstleister häufig in zweiter Reihe oder auf Geh- und Radwegen, was den Verkehrsfluss behindert und zu Gefahrensituationen führt. Zur Verbesserung dieser Situation konzipiert die Landeshauptstadt gemeinsam mit dem Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart und Parkunload® im Rahmen des Projekts »Digitales Lieferzonen-Management« eine App mit Echtzeitdaten.
In der schwäbischen Landeshauptstadt nimmt der Lieferverkehr einen hohen und ansteigenden Anteil des gesamten Verkehrsaufkommens ein. Dementsprechend hoch ist auch der Bedarf an temporären Flächen zum Be- und Entladen von Waren. Diese Ladeflächen sind jedoch häufig von anderen Verkehrseilnehmenden belegt und die Lieferdienstleister sind dazu gezwungen, in zweiter Reihe oder auf Rad- und Gehwegen zu halten. Damit gerät nicht nur der Verkehr ins Stocken, durch blockierte Rad- und Fußgängerwege entstehen zudem auch Gefahrensituationen für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmende. Deshalb konzipiert die Landeshauptstadt Stuttgart gemeinsam mit weiteren Partnern im Pilotprojekt »Digitales Lieferzonen-Management« eine Smartphone-Applikation, die auf Echtzeitdaten zurückgreift und somit eine intelligente Steuerung des Lieferverkehrs ermöglicht. Das Projekt wird im Rahmen des »Sofortprogramms Saubere Luft« vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert und hat zum Ziel, den lokalen Verkehrsfluss zu verbessern und Emissionen zu reduzieren. Um die Auswirkungen dieser digitalen Lösung zu untersuchen und zu erfassen, führt das Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT der Universität Stuttgart, das eng mit dem Fraunhofer IAO kooperiert, eine Analyse der Ausgangssituation durch und beobachtet die Effekte während und nach der Einführung. Mit dem Plattformanbieter Parkunload® als weiterem Projektpartner kann die Stadt Stuttgart auf eine digitale Parkkontrolltechnik zurückgreifen, die europaweit zum Einsatz kommt.
Eine App als Chance für den lokalen Verkehrsfluss und den Stuttgarter Wirtschaftsverkehr
Das digital gestützte Lieferzonen-Management basiert auf der Nutzung einer Smartphone-Applikation in Kombination mit sensor-basierten Verkehrsschildern. Durch die Nutzung dieser App können Fahrerinnen und Fahrer von Lieferfahrzeugen in Echtzeit die Verfügbarkeit von freien Ladezonen prüfen und diese direkt anfahren. Beim Erreichen der Ladezone wird diese in der App über eine Bluetooth-Verbindung als belegt markiert und der Lieferdienstleister kann die Fläche für den eigenen Be- und Entladevorgang nutzen. Neben der Chance auf eine verbesserte Verkehrssteuerung birgt das Pilotprojekt weitere Vorteile für die Stadt Stuttgart: Mit den digital erfassten Daten zur Ladezonenbelegung und -auslastung kann die Landeshauptstadt ihre Planungsprozesse für weitere Lieferzonen anreichern.
Verschiedene Erwartungen an das bundesweit erste Pilotprojekt
Im September 2020 startet das Pilotprojekt in den Stuttgarter Stadtbezirken Feuerbach und Zuffenhausen und damit auch das bundesweit erste Projekt, um den innerstädtischen Lieferverkehr digital zu steuern. »Wir sind gespannt, ob sich mit dieser Technik das Parken in zweiter Reihe flächendeckend und langfristig verhindern lässt«, sagt Dr. Manuela Wohlhüter, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IAO. »Auch die Bevölkerung muss hier mitspielen und sensibilisiert werden, gekennzeichnete Ladeflächen freizuhalten und beim Kurzparken Rücksicht auf den Lieferverkehr zu nehmen.« Wie das digitale Lieferzonen-Management im internationalen Vergleich funktionieren wird, ist eine Frage, die besonders Carles Sentís Ros, CEO von Parkunload®, interessiert: »Während wir durch den Einsatz unserer Plattform innerhalb vereinzelter Städte europaweit schon sehr gute operative und umweltfreundliche Ergebnisse erzielen konnten, sind wir nun sehr auf die erste Pilotierung in Deutschland mit der Stadt Stuttgart gespannt. Hier stellt sich derzeit insbesondere die Frage, ob ähnliche Ergebnisse erzielt werden können, wenn die Beteiligung vollkommen auf freiwilliger Basis erfolgt. In Anbetracht dessen hat die Stadt Stuttgart die Logistikgemeinschaft in die Auswahl der Zonenstandorte miteinbezogen. Wenn alle Akteure zusammenarbeiten, wird die Lösung gewiss neue Erkenntnisse und Vorteile bringen.«
Für die Umsetzung in Deutschland müssen im Vorfeld noch einige Rahmenbedingungen geklärt werden. Nicht nur wegen der Erhebung und Verarbeitung von Echtzeitdaten, auch bei der Auswahl der Ladezonen sowie deren Beschilderung müssen rechtliche und stadträumliche Belange berücksichtigt werden.
Quelle: Fraunhofer IAO
Fachlicher Kontakt:
Steffen Bengel, Universität Stuttgart, Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement /Fraunhofer IAO, Tel. +49 711 970-2395 , E-Mail