Nordlicht im Schwabenland
Fehling stammte zwar gebürtig aus Lübeck, kam jedoch zum Zeitpunkt seiner Bewerbung in Stuttgart frisch aus Paris. Mit dem mehrmonatigen Aufenthalt in der französischen Hauptstadt, dem damaligen Weltzentrum der Naturwissenschaften, hatte er seine Ausbildung gekrönt. Fehling war zunächst bei einem Apotheker in die Lehre gegangen, hatte dann in Heidelberg Chemie studiert und anschließend zwei Semester bei Liebig in Gießen im Laboratorium gearbeitet. Der 28jährige hatte demnach eine Ausbildung erster Klasse und entsprechende Referenzen vorzuweisen. Kein Wunder also, daß er den Zuschlag erhielt.
Allerdings wurde ihm die Stelle zunächst provisorisch übertragen, da seine Lehrbegabung noch nicht erwiesen war. Fehling behielt damit zunächst seine Lübeckische Staatsbürgerschaft und residierte als Ausländer im Schwabenland. Erst durch die unbefristete Übertragung der Stelle im Frühjahr 1841 und durch die Eheschließung mit einer Stuttgarter Professorentochter wurde Fehling ein Württemberger.
Die Gliederung des deutschen Sprachraums in viele Einzelstaaten machte Fehling nicht nur zum Ausländer in Württemberg, sie hatte auch Bedeutung für seine Tätigkeit. Denn nach dem Willen der Regierung sollte er nur Württemberger als Assistenten anstellen. Diese Forderung jedoch ließ sich nicht immer einhalten, weil es einfach noch nicht genug wissenschaftlichen Nachwuchs aus Württemberg gab. Als Fehling 1883 sein Lehramt am Polytechnikum aufgab, stand allerdings der wissenschaftliche Nachwuchs aus Württemberg bereit, seine Nachfolge anzutreten. Fehlings über vierzigjährige Lehrtätigkeit hatte die erhofften Früchte getragen.
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