Forschung

Forschungsschwerpunkte, Projekte, Highlights

Die Forschung der Fakultät Chemie
fokussiert sich auf fünf Schwerpunkte:

Die Entwicklung neuer Katalysatoren und Biokatalysatoren ist eines der zentralen Forschungsthemen um eine nachhaltigere Zukunft für unsere Gesellschaft zu sichern. Durch neue Katalysatoren kann die Effizienz in der Produktion von Feinchemikalien, Kunststoffen und Wirkstoffen erhöht werden. Darüber hinaus ermöglichen neue Katalysatoren die Verwendung erneuerbarer Rohstoffe sowie die Langzeitspeicherung von Energie aus neuartigen Energieträgern und Brennstoffen. Katalyse ist daher eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft unserer Gesellschaft.

An der Fakultät 3 erforschen wir homogene, heterogene und Biokatalysatoren. Die von uns entwickelten homogenen Katalysatoren ermöglichen sehr hohe Selektivitäten und Aktivitäten in der Produktion von Medikamenten, Feinchemikalien, und Kunststoffen. Mit unseren heterogenen Katalysatoren können wir Energie aus erneuerbaren Quellen in Form von Chemikalien speichern und neue Energieträger und Brennstoffe herstellen, die den CO2-Ausstoß verringern. Die Biokatalysatoren, die wir durch innovative Gentechnik herstellen, ermöglichen den Ersatz fossiler Rohstoffe in der chemischen Industrie durch neue nachwachsende Rohstoffe. 

Unsere Katalyseforschung bleibt aber nicht nur innerhalb der traditionellen Bereiche; wir verbinden auch die Vorteile der verschiedenen Katalyseformen miteinander. Im Rahmen der Forschung zum SFB 1333, der von der Fakultät 3 getragen wird, immobilisieren wir wohldefinierte Katalysatoren in mesoporösen Feststoffen mit definierter Porenstruktur und -größe, und kombinieren so die Vorteile von heterogenen und homogenen Katalysatoren mit denen dirigierender Geometrien. Damit können die katalytischen Eigenschaften der darauf immobilisierten homogenen Katalysatoren gezielt im Sinne der jeweiligen Anwendung beeinflusst werden.

Quantentechnologie wird die Art und Weise verändern, wie wir kommunizieren und sichere Informationstechnologien verwenden, wie wir die Messung von Analyten und Feldern mit zuvor unerreichter Sensitivität durchführen. Bisher existierende Quantentechnologie-Plattformen sind allerdings in ihrer Anwendbarkeit durch Hürden im Bereich der Skalierbarkeit, der Positionierung einzelner Qubits und in der Error correction limitiert. Um diese Herausforderungen anzugehen, forschen wir an molekularen Quantensystemen als einer neuen Plattform für die Quantentechnologie. Diese chemisch-synthetischen Qubits können mit atomarer Präzision maßgeschneidert und zu hochreproduzierbaren und einstellbaren Quantensystemen aufgebaut werden. Die chemische Herangehensweise an die Herausforderungen der Quantentechnologie ermöglicht die akkurate Positionierung der Quantenbits sowie die Erzeugung großer Architekturen aus diesen Bausteinen. Wir forschen daher ebenfalls an der definierten Assemblierung molekularer Quantenbits in zwei und drei Dimensionen, um die Bausteine für die Quantentechnologie der Zukunft zu entwickeln.

Das Erforschen neuer Materialien spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von Technologien zur Speicherung, zum Transport und zur Umwandlung von Energie. Diese Technologien sind von großer Bedeutung, da sie dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und in der Zukunft eine nachhaltigere Energieversorgung zu gewährleisten. Sie beruhen darauf, mit chemischen und elektrochemischen Methoden Zustände hoher Energie zu erzeugen, aus denen diese Energien gezielt durch chemische oder elektrochemische Vorgänge wieder freigesetzt werden können. 

An der Fakultät 3 untersuchen wir vielfältige Aspekte dieses Themenbereichs. Darunter fällt die Entwicklung neuer Materialien für die Energiekonversion in Solarzellen und für zukünftige Batteriespeicher in mobilen und stationären Anwendungen (z. B. Lithium-Ionen- / Natrium-Ionen- / Magnesium-Schwefel-, Fluorid-Ionen- und Feststoffbatterien) sowie Betrachtungen zu deren Nachhaltigkeit und deren Recycling. Auch das Erforschen neuer Katalysatoren für die CO2-Umwandlung oder die Photokatalyse sowie von Materialien für Brennstoffzellen, welche sowohl für die Elektromobilität als auch die saisonal unabhängige Verfügbarmachung erneuerbarer Energien von großer Bedeutung sind, ist ein besonderer Fokus unserer Forschungsteams. Zudem wird die Generierung solcher Energiematerialien nach bioinspirierten Vorbildern betrachtet. 

Auf der Grundlagenseite steht ein vertieftes Verständnis von gemischtem Ionen-Elektronen-Transport im Fokus der Untersuchungen. Moderne in-situ elektrochemische Methoden kommen hier zum Einsatz, um beispielsweise Redoxpolymere als flexible Elektroden zu erforschen.

Die Struktur und Funktion von Proteinen, Nukleinsäuren, Lipiden und Glykanen als grundlegende Bausteine des Lebens werden durch ihre chemischen Eigenschaften definiert, die wir vom Einzelmolekül bis hin zu komplexen biologischen Systemen verstehen wollen. Mittels Synthese, Genomeditierung, Protein Engineering, experimenteller Strukturuntersuchung, Molekulardynamik-Simulationen und KI-basierter Datenanalyse klären wir die Struktur-Funktions-Beziehungen von Biomolekülen auf. Von großem Interesse für uns sind hierbei insbesondere Beziehungen, welche die präzise Substraterkennung und katalytische Funktion von Enzymen, die Enzym-freie Replikation von Nukleinsäuren oder die Selbstorganisation von Lipiden in chemisch-definierte Kompartimente ermöglichen und welche das intra- und intermolekulare Wechselwirkungsprofil, etwa mit funktionalen Oberflächen oder in Folge von DNA- und Proteinmodifikationen, bestimmen. Auf Grundlage der entschlüsselten natürlichen Synthesestrategien und Strukturprinzipien entwickeln wir hochselektive Biokatalysatoren für die nachhaltige Synthese von Feinchemikalien und Wirkstoffen, neue medizinisch wirksame Substanzen und therapeutische Ansätze sowie bioinspirierte Funktionsmaterialien. Durch Anwendung von Next-Generation-Sequencing-basierter Epigenomik sowie Massenspektrometrie-basierter Proteomik und Metabolomik setzen wir darüber hinaus die gewonnenen Erkenntnisse über die Reaktivität der Einzelmoleküle in einen ganzheitlichen biomedizinischen Zusammenhang, um beispielsweise zelluläre Regulationssysteme basierend auf epigenetischen Veränderungen der Chromatinstruktur während Zellentwicklungs- und Krankheitsprozessen zu entschlüsseln oder den Einfluss der Metabolisierung im Magendarm-Trakt auf das allergene Potential von Lebensmittelproteinen zu verstehen. Enge Bezüge bestehen damit auch zu anderen Organisationseinheiten der Universität Stuttgart wie etwa dem Stuttgart Research Center Systems Biology (SRCSB) oder dem Exzellenzcluster SimTech.

Die Erforschung neuer Funktionsmaterialien ist für viele Bereiche des täglichen Lebens von zentraler Bedeutung. Der Forschungsansatz der Fakultät 3 zu solchen Funktionsmaterialien basiert auf einem intensiven, synergistischen Zusammenspiel von Chemie, Materialwissenschaften und Simulation (s. a. Exzellenzcluster SimTech). Stimuli-responsive Materialien sind die Grundlage für sensorische bzw. aktorische Systeme und damit u.a. zentral für neue Materialien und Werkstoffe für die Bereiche Bau und Architektur (s. Exzellenzcluster „Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur“, SFB 1244 „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“) sowie für die Medizintechnik. Somit trägt dieser Forschungsschwerpunkt auch unmittelbar zum Exzellenzclusterantrag „Bionic Intelligence for Health“ bei. Confinement Effekte, die z. B. bei katalytischen Reaktionen in maßgeschneiderten mesoporösen anorganischen oder polymeren Materialien mit definierten dirigierenden Geometrien beobachtet werden, sind auch das zentrale Thema des laufenden SFB 1333 „Molecular heterogeneous catalysis in confined geometries“, mit dem damit auch eine Brücke zu einem weiteren Forschungsschwerpunkt der Fakultät 3 „Crossing Borders in Catalysis and Biocatalysis“ geschlagen wird. Zur Realisierung hierarchisch strukturierter Architekturen mit dirigierenden Eigenschaften sowie stimuli-responsiver Materialien kommen u.a. auch Soft Matter Materials sowie bioinspirierte Ansätze zur Anwendung (s.a. "ChitinFluid"-Projekt, Carl-Zeiss-Stiftung, CZS P2019-02-004). 

Die Fakultät gliedert sich in acht Institute (Forschungsschwerpunkte auf den Institutsseiten). Die drei großen Institute für Anorganische Chemie, für Organische Chemie und für Physikalische Chemie repräsentieren die klassischen Lehr- und Forschungsgebiete der Chemie. Ergänzt werden die Forschungsrichtungen und das Lehrangebot durch die Aktivitäten in den fünf kleineren Instituten der Fakultät (Institut für Biochemie und Technische Biochemie, Institut für Materialwissenschaft, Institut für Polymerchemie, Institut für Technische Chemie sowie Institut für Theoretische Chemie).
 

Interdisziplinarität

Ein weiteres Merkmal der Forschung an den Instituten der Fakultät Chemie ist die vielfältige und enge Kooperation mit anderen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen der Universität Stuttgart, unter anderem in verschiedenen Stuttgarter Sonderforschungsbereichen:

Zwei Clusterskizzen die im Rahmen der Exzellenzstrategie von der Universität Stuttgart eingereicht wurden, wurden im Februar positiv begutachtet. Damit kann die Universität für die Skizzen „Bionic Intelligence for Health“ und „Chem4Quant“ einen Vollantrag stellen. An beiden Projekten sind Professor*innen der Fakultät beteiligt. Die finale Entscheidung über die neuen Exzellenzcluster und die Fortführung bereits bestehender Cluster fällt im Mai 2025.

ERC Grants

 

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© Clarissa Dietrich

Das Video zeigt die Umwandlung eines nematischen Flüssigkristalls in eine gewöhnliche Flüssigkeit, beobachtet in einem sog. Polarisationsmikroskop bei Temperaturerhöhung. Aufgrund ihrer inneren molekularen Ordnung sind Flüssigkristalle optisch doppelbrechend, was im Polarisationsmikroskop als farbige „Schlierentextur“ erscheint. Bei höherer Temperatur geht die molekulare Ordnung verloren, die Doppelbrechung verschwindet und die Flüssigkeit erscheint nun schwarz. Derartige Prozesse laufen z.B. im Display eines Smartphones ab, das sich im Sonnenlicht zu sehr erwärmt!

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