"Von der Matrikelnummer aus kann man
durchaus auf die dazugehörigen Studierenden kommen", erklärt
Schullerer. Die Nummer ist keineswegs so geheim, wie oft
gedacht. Neben vielen Stellen und Personen an der
Universität ist sie nicht selten Freunden oder Kollegen
bekannt und auch beispielsweise Firmen, bei denen man als
Student gejobbt hat, Banken, Verkehrsbetriebe, die
BaföG-Stelle und Krankenkasse kennen sie - und können sie
der entsprechenden Person zuordnen.Gerade der schnelle
Service des Internets macht aus einer Matrikelnummer einen
"Kombinationspartner": Nummer in eine der vielen
Suchmaschinen eingeben und mit ein wenig Glück finden sich
mehrere Prüfungsergebnisse. In welchen Fächern und mit
welchen Noten der/die Studierende sich schon hat prüfen
lassen, ist nun nur noch zum Teil ein Geheimnis. Und mit
etwas mehr Glück gelangt man gar auf eine Seite, die der
Matrikelnummer einen Namen zuordnet, wie etwa bei der
Anmeldung zu Prüfungen oft praktiziert. Wer all diese Daten
konsequent sammelt, kann so genannte Personenprofile
erstellen, erläutert Andreas Lumpe, der bei ZENDAS für den
Aufgabenbereich Recht zuständig ist. Welche Noten haben die
Studierenden in Klausuren bekommen, wie zügig haben sie
studiert, welche Fächer belegt, kurz und gut, wer sich
bemüht, der kann viele Daten zusammentragen, an denen auch
tatsächlich Interesse besteht: beim potenziellen
Arbeitgeber, bei Versicherungsunternehmen und Krankenkassen,
vielleicht gar bei Kommilitonen, wenn Diplom- oder
Promotionsarbeiten vergeben werden. Nun also doch auf die
bequeme Noteneinsicht im Internet verzichten? Aber nein!
Der Trick mit der Nummer
Erst seit Oktober 2003 aktiv, hat die an der Universität
Stuttgart angesiedelte Zentrale Datenschutzstelle der
baden-württembergischen Hochschulen (ZENDAS) nun ein
Verfahren vorgestellt, das es ermöglicht, Prüfungsergebnisse
im Internet zu veröffentlichen und dabei den Datenschutz zu
berücksichtigen. Die Idee ist im Grunde ganz simpel: Vor
jeder Prüfung zieht der Klausurteilnehmer ein Los mit einer
Nummer oder einem anderen Pseudonym. Soll seine Note später
im Internet veröffentlicht werden, schreibt er das gezogene
Pseudonym vor der Abgabe auf seine Klausur - und merkt es
sich, denn unter ihm wird er nach der Korrektur auf den
Internetseiten des Instituts seine Note vorfinden. Die
zufällig gezogene Nummer beziehungsweise das Pseudonym, und
wohl gemerkt, bei jeder Prüfung wird eine neue Kombination
gezogen, steht dann für rund 30 Kalendertage neben seiner
Note im Netz. Diese Kombination ist auch mithilfe von
Suchmaschinen nicht zu knacken, Prüfungsergebnisse und
zugehörige Person können somit nicht zusammengeführt werden
und Profilbildungen sind ausgeschlossen. Das schnelle und
bequeme Medium Internet ist ohne großen Aufwand für eine
sichere Notenabfrage tauglich geworden und die Studierenden
können den Service ohne Bedenken nutzen.
Hinweise positiv aufgenommen
Der Prüfungsausschuss Wirtschaftswissenschaft geht seit
dem Wintersemester 2003/04 bei Prüfungen den von ZENDAS
vorgeschlagenen Weg der Veröffentlichung. Andere, so hofft
Heinrich Schullerer, werden folgen, und er freut sich, dass
die Beratung seines Teams an den Universitäten auf
fruchtbaren Boden fällt: "Alle unsere Hinweise wurden
bislang positiv aufgenommen." Einige In-stitute haben gar,
sensibilisiert für die Problematik personenbezogener Daten
im Internet, einen Weg eingeschlagen, der dem Datenschützer
ganz besonders gefällt: Sie vergeben Usernamen und ein
Passwort, so dass jeder Klausurteilnehmer seine ganz
persönliche Seite mit Note abfragen kann. Auch Walter Nohlen,
Leiter des Dezernats Studentische Angelegenheiten der Uni
Stuttgart, wurde aufgrund der Diskussion um die
Matrikelnummer auf eine Tatsache aufmerksam, die jetzt zur
Frage wurde: Weshalb eigentlich steht diese Nummer auf jeder
Studienbescheinigung? Die Antwort "Das muss nicht sein" hat
nun zu Versionen ohne Nummernaufdruck geführt.
Die Arbeit geht den Datenschützen von ZENDAS nicht aus.
Schon steht die nächste Aufgabe an: die Internetseiten der
Landesuniversitäten auf ihre medien- und
datenschutzrechtlichen Voraussetzungen hin überprüfen.
Mithilfe eines automatisierten Verfahrens wird dabei in den
Webauftritten unter anderem nach dem Impressum, der
Datenschutzerklärung, permanenten Cookies usw. gesucht. Bei
der Bewertung des Analyseberichts sind die Mitarbeiter von
ZENDAS dann kompetente und konstruktive Ansprechpartner.
Julia Alber
Weitere Informationen zu ZENDAS finden Sie im
unikurier
Nr. 92, 2/2003, S. 20.
KONTAKT
Heinrich Schullerer,
Zentrale Datenschutzstelle ZENDAS,
Breitscheidstr. 2, 70174 Stuttgart
Tel. 0711/121-3687, -3690,
e-mail: datenschutz@uni-stuttgart.de
sowie unter
www.zendas.de