Die Windenergie hat an der Universität
Stuttgart eine lange Tradition. Schon in den 50er-Jahren
beschäftigte sich Professor Ulrich Hütter, der von 1959 bis
1980 Direktor des Instituts für Flugzeugbau war, mit
Windkraftanlagen. Die von ihm als Chefkonstrukteur bei der
Firma Allgaier entwickelte Allgaier-Hütter-Anlage - ein
restauriertes Modell steht vor dem Institut für Flugzeugbau
am Pfaffenwaldring 31 gilt mit ihren elf Metern
Rotordurchmesser "als Urmodell der modernen Windanlagen zur
Energieerzeugung", erklärte Heiner Dörner, der seit über 20
Jahren Dozent für das Fachgebiet Windenergienutzung ist. Mit
Freude registriert er, dass die Windenergie seit Jahren
boomt und nun ein Lehrstuhl den Weg an die Universität
Stuttgart gefunden hat, "an die er auch hingehört."Als
Segelflieger hat Karl Schlecht den Wind im Blut.
Ausschlaggebend für das Engagement des Lehrstuhlstifters
waren jedoch sein "Traumberuf Flugzeugbauer" und sein
Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule Stuttgart.
Der Gründer und heutige Aufsichtsratsvorsitzende der
Putzmeister AG in Aichtal traf dort 1957 auf Ulrich Hütter,
der ihn für die Naturkraft des Windes und die damit
verbundenen vielfältigen und faszinierenden Technologien
begeisterte. Dessen Lehre und Tradition auf dem Gebiet der
Windenergie soll der Stiftungslehrstuhl an der Universität
Stuttgart nun fortführen - und das möglichst praktisch. Die
Studierenden werden sich mit allen Problemen beschäftigen,
die das Thema Wind-energie mit sich bringt, ob von Seiten der Konstruktion
und Technik, der Öffentlichkeit oder der Investoren, und sie
sollen lernen, Perspektiven zu entwickeln, wie sich diese
Probleme lösen lassen. Karl Schlecht ist überzeugt:
"Analytisches Arbeiten, der Wahrheit auf den Grund gehen und
lebenslanges Lernen lernen", gepaart mit der Freude an der
Arbeit, ist "der eigentliche Schlüssel zum Erfolg, der auch
die Putzmeister AG an die Spitze geführt hat."
"Mit dem neuen Lehrstuhl haben wir eine einmalige Chance,
aber auch eine Verantwortung bekommen", betonte Professor
Dr. Martin Kühn. Bei seinem letzten Arbeitgeber, der GE Wind
Energy GmbH, war er als Projektleiter unter anderem für den
Aufbau von 3,6 Megawatt Turbinen mit 104 Metern Durchmesser
auf der Irischen See verantwortlich und ist somit auch
speziell mit dem Thema Offshore-Nutzung sehr gut vertraut.
Bei der Windenergie, die heute weltweit Wachstumsraten von
20 Prozent hat, könne man eigentlich von "big business"
reden, so der Professor, der darauf setzt, seinen
Studierenden ein "motivierendes Fachgebiet mit einer soliden
Basis und viel Praxis" bieten zu können. Neben
Grundlagenvorlesungen für alle Studiengänge wird es
Vertiefungsvorlesungen für die Studierenden der Luft- und
Raumfahrt geben, so unter anderem zur Konstruktion von
Windenergieanlagen. Im Bereich der Forschung setzt Kühn auf
die Weiterentwicklung der Rotorblätter, die Berechnung und
Regelung von Onshore- und Offshore-Anlagen sowie deren
Betrieb und Überwachung. Zudem sind Kooperationen geplant -
innerhalb der Fakultät und der Universität, mit dem, auch
von Karl Schlecht gestifteten, Lehrstuhl Entrepreneurship an
der Uni Hohenheim und natürlich mit Forschungszentren im In-
und Ausland.
Der Lehrstuhl, vom Stifter für die nächsten zehn Jahre
mit zweieinhalb Millionen Euro ausgestattet, Uni und Land
steuern nochmals über eine Million Euro bei, ist mit seinen
momentan sieben Mitarbeitern im Verfügungsgebäude am
Allmandring 5b untergebracht. Für die Zukunft erträumt sich
Karl Schlecht an die 100 Mitarbeiter, die auch in den der
Windenergie verwandten Gebieten aktiv sind. Und für die
Umsetzung der Forschungsergebnisse in der industriellen
Praxis hat er schon vorgesorgt - er hat die wintus GmbH
gegründet.
Mit der neuen Professur Windenergie sind an der
Universität Stuttgart zur Zeit neun Stiftungsprofessuren
angesiedelt. Dies demon-striert auch die hohe Akzeptanz Stuttgarter
Forschungsleistungen in der Industrie. Die Themengebiete
reichen von Architektur über Bildschirmtechnik, Heiz- und
Raumlufttechnik oder Produktionstechnische Softwaresysteme
bis zu Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik sowie
Verbrennungsmotoren. Julia Alber
*) Informationen zum Werdegang von Martin Kühn finden Sie
in der Rubrik Personalia.
KONTAKT
Stiftungslehrstuhl Windenergie (SWE)
Prof. Dr. Martin Kühn,
Allmandring 5b,
D-70569 Stuttgart
Tel. 0711-685 8258
Fax 0711-685 8293
e-mail: kuehn@ifb.uni-stuttgart.de
www.ifb.uni-stuttgart.de