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Stuttgarter unikurier Nr. 87 April 2001
Interdisziplinäre Tagung von Uni und Umweltbundesamt:
„Rohstoff Fläche“ als endliche Ressource anerkennen
 

Der drastische Anstieg des Flächenbedarfs in Relation zum Bevölkerungswachstum ist ein internationales Problem, speziell in Ballungsräumen und „Megacities“. In den dicht besiedelten Industrieländern Europas, in England, Frankreich und besonders in Deutschland, gilt dies - trotz stagnierender Bevölkerungszahlen - nicht nur für die Stadtgebiete, sondern auch für die ländlichen Räume. In Deutschland beträgt der Flächenverbrauch für Verkehr, Siedlung und Gewerbe inzwischen 120 Hektar pro Tag, dies entspricht 1,2 Millionen Quadratmetern. Die Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ der Bundesregierung hat bereits gefordert, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Um den angemessenen Umgang mit Flächenressourcen ging es bei einem Symposium der Uni Stuttgart und des Umweltbundesamtes am 12. Oktober 2000 zum Thema „Rohstoff Fläche: Wertschöpfung, Management, Recycling“.

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Eine wesentliche Ursache für den ungebremsten Neuverbrauch von Grünland ist die großzügige (und oft subventionierte) Ausweisung von Gewerbe- und Siedlungsgebieten infolge des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks der Kommunen und des wachsenden Konkurrenzkampfs um die Ansiedlung von Arbeitsplätzen. In den Ballungsräumen ist die verfügbare Restfläche bereits knapp („verbrauchter“ Flächenanteil im Raum Stuttgart: etwa sechs Prozent im Jahr 1900, rund 50 Prozent heute). In ländlichen Gebieten führt die anhaltende Expansion von Gewerbe- und Wohngebieten zur Zersiedlung der Landschaft. Vielfach wird diese Entwicklung jedoch nicht bewußt wahrgenommen. Das öffentliche Interesse wird in der Regel kaum artikuliert und organisiert. Das Allgemeingut „Fläche“ wird als preiswerte Grundausstattung ökonomischer Belange mit Gewinn für Käufer und Verkäufer gehandelt. So läßt sich beim Verkauf landwirtschaftlicher Fläche als Bauland in Ballungsräumen hoher Gewinn erzielen. Und für den Investor ist die Ansiedlung auf der grünen Wiese risikoloser als die Umnutzung einer häufig schadstoffbelasteten Brachfläche.

Brachflächen wieder nutzen
Dem immensen Verbrauch von Natur- und Kulturflächen stehen zunehmend ungenutzte industrielle, gewerbliche und auch militärische Brachflächen gegenüber. Könnten diese Flächen in den Nutzungs- und Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden, ließe sich binnen kurzer Zeit der zusätzliche Flächenbedarf deutlich reduzieren. Als Ziel empfehlen Wissenschaftler, mit einem bestimmten Maß an genutztem Flächenbestand dauerhaft auszukommen. Voraussetzung dafür ist, daß der Rohstoff Fläche ebenso wie fossile Energieträger als endliche Ressource erkannt wird. Auch gilt es, Lösungen für Probleme und Hemmnisse bei der Reaktivierung von Brachflächen zu finden (unter anderem Altlastenrisiko, Verkehrsanbindung, Denkmalschutz). Hier sind innovative Konzepte für ein fachübergreifendes Management gefordert.

International einzigartiges Netzwerk in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg wird der Themenkomplex Flächenressourcen-Management in einem international einzigartigen Netzwerk von Förderprogrammen und -projekten sowie Arbeitsgruppen behandelt. Dabei arbeiten Wissenschaft, Praxis und Verwaltung interdisziplinär zusammen. Die nachhaltige Senkung des Flächenverbrauches ist zudem Bestandteil des Umweltplans der Landesregierung sowie aktueller umweltpolitischer Schwerpunkt des Landesamtes für Umweltschutz. An der Universität Stuttgart, und hier insbesondere an der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS), laufen mehrere Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu diesem Thema. Ein Projekt befaßt sich mit der Entwicklung einer EDV-Planungshilfe für Kommunen und Planungsbüros; dazu werden Erfahrungen mit Flächenrecycling in Baden-Württemberg ausgewertet. In einem weiteren Projekt entwickeln die VEGAS-Wissenschaftler Methoden der Vor-Ort-Analytik, um Zeit und Kosten für die Beseitigung von Altlasten zu minimieren. Weitere Projekte kommen aus den Bereichen Städtebau und Landschaftsökologie. Enge Zusammenarbeit gibt es auf diesem Gebiet auch mit der Universität Hohenheim.

Schlüsselfunktion kommt Politik zu
Referenten aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern diskutierten bei dem Symposium Dringlichkeit, Hemmnisse und Lösungsansätze des Flächenmanagements in Deutschland ebenso wie neue wissenschaftliche Wege. Die Schlüsselfunktion zur Minimierung des Flächenverbrauchs liegt jedoch - so wurde deutlich - sicherlich bei der Politik.

KONTAKT
VEGAS, Institut für Wasserbau, Pfaffenwaldring 61, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-4717, -4714,- 4715, - 4601, Fax 0711/685-7020, e-mail: vegas@iws.uni-stutttgart.de http://www.iws.uni-stuttgart.de/
Flächenmanagement-Projektverbund FIGURA: http://www.iws.uni-stuttgart.de/sonstiges/FIGURA/start.html

 


last change: 27.04.01 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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