Home           Inhalt           Suchen

Stuttgarter unikurier Nr. 87 April 2001
Stuttgarter Triebwerk soll Amateurfunksatelliten auf Kurs bringen:
Erster Einsatz eines Lichtbogentriebwerks in Westeuropa
 

Am 16. November startete von Kourou eine Trägerrakete Ariane 5 mit dem 630 Kilogramm schweren Amateurfunk-Satelliten AMSAT P3-D an Bord. Nach dem Aussetzen aus der Trägerrakete sollte der Satellit in den folgenden Wochen und Monaten in seine endgültige Position gebracht werden. Eine wichtige Aufgabe bei der exakten Ausrichtung und Feinjustierung des Senders wird das am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart entwickelte Lichtbogentriebwerk übernehmen. Es war geplant, daß zunächst ein chemisches Zweistoff-Raketentriebwerk den Satelliten auf seine Umlaufbahn in einer Höhe zwischen 4.000 und 47.000 Kilometern bringen sollte. Doch wegen einer Fehlfunktion im Haupttriebwerk konnte der Satellit nicht in seine ursprüngliche Bahn gebracht werden. Zeitweise wurde der Zustand des Amateurfunksatelliten sogar mit einem bei Ebbe auf einer Sandbank gestrandeten Schiff verglichen. Inzwischen ist es den Ingenieuren jedoch gelungen, den Satelliten wieder unter Kontrolle zu bekommen und nach dem 21. März ist seine Position zur Sonne wieder so günstig, daß er von der Sandbank gebracht werden kann.

kleinbal.gif (902 Byte)
 

Diese Komplikation hat den bereits für Dezember geplanten Einsatz des Stuttgarter Arcjet-Triebwerks bei seinem ersten Flug verzögert. Die Feinarbeit bei der präzisen Ausrichtung zur Erde und die spätere Nachregulierung des Amateurfunk-Satelliten wird voraussichtlich erst im April erfolgen können. An Bord des Satelliten dienen 52 Kilogramm Ammoniak als Treibstoff für das Lichtbogentriebwerk ATOS, die für 600 Betriebsstunden in fünf Jahren ausreichen werden. Gegenüber den bisher gebräuchlichen chemischen Satellitenantrieben wird mit dem Arcjet rund die Hälfte an Treibstoffgewicht eingespart.

Funktionsprinzip
Die am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart seit Beginn der 90er Jahre entwickelten Lichtbogentriebwerke arbeiten nach folgendem Funktionsprinzip: Aufheizen des gasförmigen Treibstoffes in einem elektrischen Lichtbogen mit anschließender Umwandlung der thermischen Energie in gerichtete kinetische Energie durch Expansion in einer Düse. Die besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung dieses Präzisionsinstrumentes lagen vor allem darin, ein konstantes niedriges Leistungsniveau zu erzielen unter Verwendung von Ammoniak statt dem sonst eingesetzten Hydrazin und in der Verlängerung der Lebensdauer des Triebwerkes. AMSAT-OSCAR 40, so lautet inzwischen der Name des Satelliten, ist das bisher ehrgeizigste Projekt der internationalen Amateurfunkergemeinschaft AMSAT. Unter der Leitung von Prof. Dr. Karl Meinzer von der Philipps-Universität Marburg entstand der 650 Kilogramm schwere Satellit mit einem Durchmesser von 2,30 Meter und einer Höhe von einem Meter. Er dient neben seiner eigentlichen Aufgabe als Relaisfunkstelle mit acht Transpondern für Amateurfunker weltweit auch als Plattform zur Erprobung einer Reihe neuer Raumfahrttechnologien wie etwa dem Lichtbogentriebwerk. Die Organisation AMSAT ist ein weltweiter Zusammenschluß von Wissenschaftlern und Funkamateuren, die kleine Satelliten kostengünstig als Forschungsplattformen entwickeln, bauen und starten. In den 30 Jahren ihres Bestehens hat die AMSAT mehr als 30 Satelliten gebaut. Der P3-D ist weltweit erst der zweite Satellit mit einer Ammoniakbetankung und zugleich der erste Arbeitseinsatz eines elektrischen Lichtbogentriebwerks in Westeuropa. Aktuelle Informationen zur Lage des Satelliten findet man unter: http://www.amsat-dl.org/ journal/adlj-p3d.html /eng

KONTAKT
Institut für Raumfahrtsysteme, Dipl.-Ing. Helmut Kurtz, Tel. 07071/685-2389, Fax 07071/685-3596, e-mail: kurtz@irs.uni-stuttgart.de

 


last change: 27.04.01 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

Home           Inhalt           Suchen