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Stuttgarter unikurier Nr. 87 April 2001
Forschungsschwerpunktprogramm des Landes:
Drei Projekte neu in der Förderung
 

Das Forschungsschwerpunktprogramm des Landes soll vor allem neue Forschungsvorhaben unterstützen und dabei auch auf kurzfristige Entwicklungen reagieren können. In der Forschungskonzeption des Landes vom März 2000 ist festgehalten, daß derzeit weniger Mittel als noch 1990 zur Verfügung stehen. Deshalb kommt diesem „beweglichen“ Förderinstrument eine besondere Bedeutung zu. Um so erfreulicher ist es, daß Ende des vergangenen Jahres drei Projekte der Universität Stuttgart in das Forschungsschwerpunktprogramm des Landes aufgenommen worden sind. Echtzeit-Visualisierung, mehrphasige Reaktionsmodelle und Protein-Screening lauten die Stichworte für die drei Forschungsprojekte, die im folgenden kurz vorgestellt werden.

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GISMO für Echtzeitbilder
Das Ziel des über zwei Jahre geförderten Projekts GISMO ist die Echtzeit-Visualisierung virtueller Stadtmodelle. Der Forschungsschwerpunkt wird von der Abteilung Visualisierung und Interaktive Systeme am Institut für Informatik (Prof. Ertl) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Photogrammetrie (Prof. Fritsch) durchgeführt. Stadtmodelle bestehen einerseits aus den eigentlichen Häuserdaten in Form von Drahtgittermodellen mit dazugehörigen Texturen für die Fassaden und die Dächer. Andererseits sind diese Häuser in ein Landschaftsmodell eingebettet, das mit Hilfe von Laser-gestützter Interferometrie gewonnen wurde und eine typische Ortsauflösung von circa einem Meter hat. Bei dem Versuch der gemeinsamen Visualisierung entstehen sehr schnell Datenmengen, die in den Gigabytebereich hereinreichen. Nur mit der Anwendung modernster Graphikhardware und effizienter Visualiserungsalgorithmen ist es überhaupt möglich, auch die interaktive Visualisierung der virtuellen Stadtmodelle anzuzielen. Im Forschungsprojekt sollen hierzu neuartige Ansätze zur Beschleunigung des Szenenaufbaus evaluiert werden, wie zum Beispiel bildbasierte Verfahren, hierarchische Ansätze für die Objektrepräsentation und Berücksichtigung von Verdeckungen. Aufgrund der rasanten Entwicklung der 3D-Graphikhardware auf PC-Basis, angetrieben nicht zuletzt durch den stetig wachsenden 3D-Spielemarkt, sollen insbesondere auch die Möglichkeiten genutzt werden, die sich durch den Einsatz neuester PC-Hardware eröffnen. Anwendungsmöglichkeiten für eine interaktive 3D-Landschaftsvisualisierung gibt es viele: sie reichen von der Stadtplanung über Facility-Management bis zu Navigations- und Umweltinformationssystemen. Einen ersten Eindruck von dem Projekt kann man sich im Internet unter http://wwwvis.informatik.uni-stuttgart.de/~roettger/index2.html
verschaffen. Dort ist ein Algorithmus zur effizienten Landschaftsvisualisierung (Terrain Rendering) beschrieben, der am Institut für Informatik weiterentwickelt wird und in GISMO einfließen soll. Weiterhin sind dort einige Beispielbilder zu sehen, die ein vorläufiges und noch relativ kleines Stadtmodell von Stuttgart (Zentrum) zeigen, das am Institut für Photogrammetrie modelliert wurde.

(Prof. Dr. Thomas Ertl, Institut für Informatik der Universität Stuttgart, Abteilung Visualisierung und Interaktive Systeme, Tel. 0711/7816-331/332, Fax 0711/7816-340, e-mail: thomas.ertl@informatik. uni-stuttgart.de)

Software für die Analyse mehrphasiger Reaktionssysteme
Mehrphasige Reaktionssysteme spielen in vielen technischen Prozessen, insbesondere in der Verfahrenstechnik, eine wichtige Rolle. Als Beispiel seien hier nur Reakionen genannt, bei denen Ausgangsstoffe gasförmig zudosiert werden, aber in der flüssigen Phase, u.U. an einem Katalysator, abreagieren. Für eine gezielte Entwicklung und Optimierung solcher Prozesse sind quantitative Angaben zu den kinetischen Vorgängen in diesen Systemen erforderlich. Entsprechende kinetische Modelle müssen aufbauend auf möglichst einfachen, aussagekräftigen Experimenten entwickelt werden. Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines methodischen Kerns für die modellgestützte Analyse mehrphasiger Reaktionssysteme, die prototypische Implementierung dieses Ansatzes in eine geeignete Simulationsumgebung sowie die Erprobung dieses Ansatzes anhand von praktisch relevanten Beispielen. Die Umsetzung der Forschungen in ein marktreifes Softwarewerkzeug und Weiterentwicklung in industriellen Anwendungen wird nach Abschluß der Förderung in einer industriefinanzierten zweiten Phase erfolgen, für die bereits eine feste Zusage vorliegt. Als Ergebnis dieser industriellen Phase soll ein neuartiges Softwarewerkzeug zur modellgestützten Analyse von mehrphasigen Reaktionssystemen entstehen, das die Entwicklung, Auslegung und Erprobung von verfahrenstechnischen Apparaten und Anlagen effizient unterstützt. Das Projekt ist eingebunden in das Kompetenznetz Verfahrenstechnik Pro3, einen Zusammenschluß der Universitäten Stuttgart und Karlsruhe und des Max-Planck-Instituts für Dynamik komplexer Technischer Systeme, Magdeburg, mit verschiedenen Industrieunternehmen (u.a. BASF AG, Degussa-Hüls AG, Siemens AG). Ziel des Kompetenznetzes Verfahrenstechnik Pro3 ist es, auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik neue Lösungsansätze in enger Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu entwickeln, umzusetzen und möglichst schnell zur wirtschaftlichen Nutzung zu bringen. Den Forschungsschwerpunkt tragen das Institut für Technische Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik (ITT, Prof. Hasse) und das Institut für Technische Verbrennung (ITV, Prof. Maas) der Universität Stuttgart.

(Prof. Dr. Hans Hasse, Institut für Technische Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik, Tel. 0711/685-6105 / Fax 0711/685-6140 e-mail: hasse@itt.uni-stuttgart.de)

Fingerabdruck des Zustands einer Zelle
Hier handelt es sich um ein Verbundprojekt des Instituts für Zellbiologie und Immunologie der Universität Stuttgart und der Nachwuchsforschergruppe „Proteinscreening-Systeme“ des Fraunhofer Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik. Ziel des Projektes ist es, Verfahren zu entwickeln, mit denen spezielle Aspekte des Funktionszustandes von Säugerzellen untersucht werden können. Die Arbeiten betreffen das Gebiet der sogenannten Proteomforschung. Mit dem Begriff Proteom (zusammengesetzt aus Protein und Genom) beschreibt man die Gesamtheit der exprimierten beziehungsweise vorhandenen Proteine einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Man geht davon aus, daß das Proteom einer Säugerzelle aufgrund sekundärer Modifikationen der Proteine eine bis zu zehnfach höhere Komplexität als das Transkriptom (die Gesamtheit aller exprimierten Gene) besitzen kann. Diese enorme Vielfalt kann bisher nur schwer und nur mit aufwendigen Analysemethoden, wie etwa der hochauflösenden zweidimensionalen Gelelektrophorese, dargestellt werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine selektive Analyse des Proteoms vorzunehmen. Im Idealfall kann über die Identifikation von Schlüsselmolekülen auf einen bestimmten Funktionszustand der Zelle geschlossen werden. Schlüsselmoleküle bei Signalprozessen, also der zellulären Kommunikation, sind Proteinkinasen. Das humane Genom kodiert für etwa 1100 Proteinkinasen; es handelt sich hierbei um Enzyme, die als molekulare Schalter agieren, indem sie ihren eigenen Aktivierungszustand und den spezifischer Proteinsubstrate durch Übertragung einer Phosphatgruppe auf bestimmte Aminosäuren regulieren. Der Forschungsschwerpunkt will mit Hilfe von Phospho-Aminosäure-spezifischen Antikörpern Testverfahren im Mikromaßstab entwickeln, welche die Erfassung der Gesamtheit aller Phosphoproteine erlauben. Der Nachweis repräsentativer Markerproteine innerhalb dieser Gruppe sollte es ermöglichen, einen „Fingerabdruck“ eines spezifischen Aktivierungszustandes von Zellen zu erstellen. (Prof. Dr. Klaus Pfizenmaier, Institut für Zellbiologie und Immunologie, Tel. 0711/685-6986, Fax 0711/685-74-84 e-mail: klaus.pfizenmaier@po.uni-stuttgart.de)

 


last change: 27.04.01 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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