Campusführer Stuttgart-Vaihingen
Objekt Q2:
Die IVK-Windkanalanlage
Konzept, Planung und Realisierung
Noch bevor das IKUV-Gebäude die Planungsphase erreichte wurde 1969 mit ersten Projekten und deren Definition bezüglich eines Windkanal-Neubaus begonnen, im Jahr 1970 wurde der alte große Windkanal an die Daimler-Benz AG verkauft. Die ersten Vorgaben sahen zwei Windkanäle vor, eine 5,58 qm großen M 1:25 Modellmesstrecke mit Windgeschwindigkeiten bis zu 95 m/s, sowie eine 11,76 qm große M 1:1 Freistrahlmessstrecke mit Windgeschwindigkeiten bis 50 m/s. Die geschätzten Kosten für ein solches Vorhaben bezifferte das Ingenieurbüro H.R. Wallner aus Saarbrücken mit ungefähr 8,25 Mio. DM. Mehrere Automobilhersteller signalisierten schon vorab finanzielle Unterstützung, jedoch kristalisierte sich schon bald heraus, dass die Hersteller BMW, Ford, Behr, Längerer & Reich, Audi, Opel und Porsche unterschiedliche Anforderungen an einen Windkanal stellten. So kam es dazu, dass alleine bis 1974 drei Unterschiedliche Planungsvarianten vorlagen, die in den Folgejahren noch mehrfach geändert wurden. Den größten Schritt hin zur Realisierung des Projekts gab es im Jahr 1981, mit der Planungsversion vom 25.6., deren Bau mit 25,8 Mio. DM beziffert wurde. Auch diese Version sah zwei Windkanäle vor, einen M 1:1- Windkanal mit 22,45 qm Grundfläche sowie einen M1:4/1:5- Modellwindkanal mit 1,65 qm Grundfläche. Zur Finanzierung erfolgte eine Begutachtung durch die DFG am 18.3.1981. Desweiteren beschloss das Bundesbildungsministerium, die Zuschüsse der Industrie auf den Bundeszuschuss anzurechenen, was schlussendlich zu einer klaffenden Finanzierungslücke führte. Diese wiederum führte 1981 erneut zu einem allgemeinen Planungsstopp. Dank persönlicher Beharrlichkeit von Prof. Essers sowie den Unternehmen Audi und Porsche, erklärte sich das Land am 7.9.1982 schließlich doch noch dazu bereit, die fehlenden 14,3 Mio. DM selbst aufzubringen. So konnte Ende November 1982 der allgemeine Planungsstopp wieder aufgehoben werden, sodass es dann "Schlag auf Schlag" weiterging. Das Baugesuch war bereits im Februar 1983 fertiggestellt und die Baufreigabe erfolgte im März 1984. Schon am 12. April 1984 war Baubeginn und der erste Spatenstich wurde vollführt.
Einfahrt und Südseite des Windkanals
Die Geschichte des Gebäudes
Bis in die Jahre 1985/1986 summierten sich die Gesamtkosten auf gut 31 Mio. DM, alleine die Erstausstattung kostete rund 900.000 DM. Neben dem Land wurde der fehlende Betrag aus Drittmitteln (Porsche, Opel, FKFS) zu 10,37 Mio. DM und mithilfe eines Bundeszuschusses in Höhe von 6,5 Mio. DM finanziert. Laut Vertrag blieb der Windkanal allerdings Eigentum des Landes Baden-Württemberg und es wurden Nutzungsvereinbarungen zwischen Opel, Uni, FKFS und Porsche getroffen. Letztere stiegen aber schlussendlich aus der Nutzung aus. Am 31.7.1987 konnte nach etwas über vier Jahren Bauzeit erstmals ein Erprobungslauf des Windkanals stattfinden und schon knapp zwei Monate später, am 2. Oktober 1987 wurde der Fahrzeugwindkanal in Betrieb genommen. Eingeweiht wurde er jedoch erst am 19. Mai 1989, seine Hauptnutzfläche beträgt 3380 qm, der umbaute Raum errechnet sich zu 22500 kbm. Die Gesamtkosten beliefen sich am Ende auf 33,08 Mio. DM.
Modell des Windkanals. Photographie von Klaus Hentschel, 2010.
Der Umbau zum Aeroakustik-Windkanal
Nachdem der Windkanal am 19.5.1989 offiziell eingeweiht worden war, trafen die FKFS und Opel schon am 15. Juni 1989 ein Abkommen über die Modernisierung des Windkanals. Im November 1989 entstanden erste Ideen für eine akustische Nachrüstung des Windkanals. Es galt, die Eigengeräusche des Windkanals zu senken sowie diverse Dämpfer und Sensoren nachzurüsten. Im Januar 1992 wurde dieses Projekt offiziell eingeleitet und im November 1992 erfolgte eine Vorübergehende Stilllegung des Windkanals. Diese dauerte bis zum Ende der Bauzeit im Juni 1993 an. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 13,419 Mio. DM, davon entfielen 8,328 Mio. DM auf die Aeroakustik, 2,635 Mio. DM auf den Anbau und das Mikrofongerät schlug mit 2,456 Mio. DM zu Buche. Von den Gesamtkosten trug Opel 3,346 Mio. DM, Mercedes-Benz übernahm 5 Mio. DM, die FKFS 2,617 Mio. DM und die Uni beteiligte sich mit 2,8 Mio. DM. Diese neue Beteiligungsstruktur machte auch neue Nutzungsverträge notwendig. In den Jahren 1998 bis 2005 erfolgten kontinuierlich weitere Fortschritte, wie beispielsweise eine Verbesserung der Fahrbahnsimulation und der Ausbau zum Kraftfahrzeug-Thermowindkanal.
Der 1:1-Fahrzeugwindkanal und Auf- und Abtriebsversuche im Modellwindkanal. Photographien von Klaus Hentschel, 2010.
Die Zukunft des Gebäudes
Die Zukunft des Windkanals orientiert sich an den Bedürfnissen des modernen Automobilbaus. Durch den Ausbau zum Aeroakustik- und Thermo- Windkanal sind die Anlagen gut für die Zukunft gerüstet und bieten sowohl Wissenschaft als auch Industrie sehr gute Forschungsmöglichkeiten. Voraussetzung dafür ist natürlich auch in Zukunft eine stete Verbesserung und Weiterentwicklung.
Quellen
Aktenbestand des Archivs des Uni-Hochbauamtes
Literatur:
Essers, Ulf: Endlich im Pfaffenwald. In: 75 Jahre FKFS - Ein Rückblick. Hg. v.: Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und
Fahrzeugmotoren Stuttgart FKFS. Stuttgart 2005. S. 163 - 202.