Zwei Millionen Euro für Stuttgarter Linguistik

19. Mai 2010, Nr. 46

DFG-Sonderforschungsbereich zur Erforschung von Doppeldeutigkeiten geht in die zweite Runde

Wörter wie Absperrung, Lieferung oder Messung beschreiben entweder ein Absperr-, Liefer- oder Mess-Ereignis oder verweisen auf einen Zaun, eine Ware und einen Wert. Was tatsächlich gemeint ist, lässt sich nur aus dem Zusammenhang erschließen. Solche Doppel- und Mehrdeutigkeiten (Ambiguitäten) stehen im Mittelpunkt des Sonderforschungsbereichs SFB 732 „Incremental Specification in Context" an der Universität Stuttgart, in dem Theoretische Linguisten und Computerlinguisten eng zusammenarbeiten. Jetzt entschied die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), den im Jahr 2006 ins Leben gerufenen SFB mit zwei Millionen Euro für weitere vier Jahre zu fördern.

„Die Bewilligung der zweiten Förderperiode honoriert die sehr erfolgreiche Arbeit dieses Sonderforschungsbereichs, dem es unter anderem gelungen ist, weltbekannte Forscherpersönlichkeiten wie den politischen Intellektuellen und Sprachwissenschaftler Prof. Noam Chomsky oder den Anthropologen Prof. Michael Tomasello zu Vorträgen an die Uni Stuttgart zu holen“, freut sich Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel. „Gleichzeitig unterstreicht die Entscheidung der DFG die herausragende Bedeutung der Universität Stuttgart an der Schnittstelle von Geistes-, Natur- und Ingenieurwissenschaften.“

Die zentralen Forschungsfragen, mit denen sich die rund 50 Forscher unter der Federführung von Prof. Artemis Alexiadou vom Institut Linguistik/Abteilung Anglistik der Universität Stuttgart ab Juli 2010 befassen werden, knüpfen an die Themen der ersten Förderperiode an: So geht es zum einen darum, wie fehlende Informationen in einem Satz ergänzt beziehungsweise Ausdrücke, in denen Information fehlt, interpretiert werden. Ebenso wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie man aus zwei oder mehr Bedeutungsalternativen die richtige auswählt und diese Prozesse – zum Beispiel für Computer-Sprachprogramme - in Regeln formalisieren und statistisch modellieren. Ziel ist es einerseits, besser zu verstehen, wie doppel- oder mehrdeutige Ausdrücke oder Konstruktionen im beziehungsweise durch den Kontext eindeutig gemacht oder fehlende Informationen durch den Kontext ergänzt werden. Andererseits haben es sich die Wissenschaftler zur Aufgabe gemacht, Modelle zur Beschreibung dieser Mechanismen zu entwickeln.

In der zweiten Förderphase werden vor allem die Frage nach der Architektur der Spezifizierungsprozesse und die Frage nach dem Umfang und der Dichte des benötigten Kontextes von zentralem Interesse sein. So untersuchen die Linguisten, ob die Doppel- oder Mehrdeutigkeit eher schrittweise oder im Zusammenspiel mit mehreren Schnittstellen aufgelöst wird. Darüber hinaus wollen sie ihre Hypothesen und Ergebnisse verstärkt experimentell überprüfen. Zudem sollen Verfahren entwickelt werden, um die Daten dauerhaft zu sichern und diese, soweit keine Urheberrechte berührt werden, anderen Wissenschaftlern zugänglich zu machen.

Fokus auf Nachwuchsförderung
Zudem wird der SFB 732 in der zweiten Phase die Nachwuchsförderung ausbauen, so durch die Einrichtung eines intergrierten Graduiertenkollegs, durch die Förderung junger Wissenschaftlerinnen und eine intensive internationale Zusammenarbeit, zum Beispiel mit dem Exzellenzzentrum der Universität Tromsø, mehreren Forschungseinrichtungen in Frankreich sowie mit den Firmen Google und SONY.

Weitere Informationen bei Prof. Artemis Alexiadou, Institut für Linguistik/Abt. Anglistik, Tel. 0711/685-83121, e-mail: artemis@ifla.uni-stuttgart.de

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