NS-Unrecht Uni Stuttgart Zwangsarbeiter

Universität Stuttgart entschuldigt sich bei Angehörigen der Verfolgten für NS-Unrecht

6. Februar 2017, Nr. 11

Gedenkveranstaltung und wissenschaftliche Aufarbeitung
[Bild: UASt 17/684]

Die Universität Stuttgart hat sich im Rahmen einer Gedenkveranstaltung am 6. Februar 2017 zu ihrer Urheberschaft und Mittäterschaft im NS-Unrechtsregime bekannt und sich bei den Opfern entschuldigt. In Anwesenheit von Angehörigen der Opfer und mehr als 300 Gästen aus Universität, Politik und Öffentlichkeit sagte der Rektor der Universität Stuttgart, Prof. Wolfram Ressel: „Im Namen der Universität Stuttgart bitte ich alle Angehörigen der Verfolgten um Entschuldigung für das Unrecht, das sie und ihre Angehörigen in der Zeit des Nationalsozialismus durch die Universität Stuttgart erleiden mussten.“ Ressel betonte, „dass wissenschaftlicher Fortschritt und Lebendigkeit in Forschung und Lehre an den Universitäten nicht denkbar ist, ohne die persönliche und geistige Freiheit ihrer Mitglieder, die Akzeptanz von kultureller Vielfalt und die Toleranz gegenüber vermeintlichen Abweichungen von Normen.“ Der Rektor rief alle Mitglieder der Universität Stuttgart dazu auf, immer wieder mit Nachdruck für die Wissenschaftsfreiheit einzutreten.

Nach einer Ansprache von Prof. Wolfram Pyta, Historisches Institut der Universität Stuttgart, zur Erinnerungskultur an deutschen Hochschulen stellte Dr. Norbert Becker, Leiter des Universitätsarchivs, die Ergebnisse des dreijährigen Forschungsprojekts „Verfolgung und Unrecht an der Technischen Hochschule Stuttgart in der NS-Zeit“ vor. Ziel des in der deutschen Universitätslandschaft einzigartigen Projekts war es, alle Mitglieder der Technischen Hochschule zu ermitteln, denen während der NS-Zeit durch die Hochschule selbst Unrecht durch Entlassung, Relegation, Zwangsarbeit oder Diskriminierung zugefügt wurde.

440 Personen ist Unrecht geschehen

Es wurden 440 Personen ermittelt, denen in der NS-Zeit durch die Hochschule Unrecht geschehen ist und die Verfolgung erleiden mussten. Hiervon sind 301 Personen namentlich bekannt. Elf Prozent der Professoren und neun Prozent der Assistenten wurden entlassen. Mindestens zwei Prozent der Studierenden waren zwischen 1933 und 1945 von Diskriminierungen und Zwangsexmatrikulationen betroffen.

Die Dokumentation, die von der Universität Stuttgart als Buch veröffentlicht wird und deren Vorabdruck den aus Deutschland und Europa angereisten Angehörigen übergeben wurde, zeichnet das Schicksal jedes namentlich bekannt gewordenen Mitglieds der Hochschule nach. Auch wird geschildert, welche Auswirkungen das an der TH Stuttgart erlittene Unrecht auf den weiteren Lebensweg hatte.

Verfolgungen gingen von der Hochschule aus

Als Ergebnis der Forschungen machte der Leiter des Universitätsarchivs in seinem Vortrag deutlich, dass Verfolgungen in den meisten Fällen von der Hochschule selbst ausgingen. Als Täter und Tätergruppen konnten ermittelt werden: Rektoren, Studierende, Mitarbeiter der Verwaltung, NS-Studentenführer und -Dozentenführer. Zwangsarbeiter kamen aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten Polen, UdSSR, Frankreich, Belgien, Niederlande, Jugoslawien und Italien, wobei die Lage der „Ostarbeiter“ aus der UdSSR besonders schlecht war.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom renommierten Klenke Quartett (Berlin, Thüringen), das Werke der verfemten Komponisten Ursula Mamlok und Werner Wolf Glaser interpretierte.

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