Saubere Luft mit kaltem Plasma

17. Dezember 2012, Nr. 89

Uni Stuttgart entwickelt energieeffizientes Verfahren zur Reinigung von Methan und Geruchstoffen in der Abluft

Wenn eine Kläranlage oder ein Tiermastbetrieb zur Genehmigung ansteht, sind die Sorgen der Bevölkerung vor Geruchsbelästigungen in der Regel groß. Forscher der Institute für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) sowie für Plasmaforschung (IPF) der Universität Stuttgart arbeiten gemeinsam mit den Firmen PlasmaAir AG (Weil der Stadt – Hausen), Durtec GmbH (Neubrandenburg), Liutec UGh (Münster) und Uniqfill Air (Meijel, NL) an einem umweltschonenden und kostengünstigen Verfahren zur Vermeidung solcher Gerüche und setzen dabei auf eine Verfahrenskombination unter der Verwendung von kaltem Plasma. Da bisher noch nicht einmal fünf Prozent der Tierhaltungsbetriebe in Deutschland über eine Abluftreinigungsanlage verfügen, verspricht das Verfahren auch ein großes wirtschaftliches Potential.

Industrielle Abluftströme wie aus Klärschlammtrocknung oder Viehzucht sind oft komplexe Gemische aus flüchtigen organischen Komponenten und Geruchsstoffen, deren Zusammensetzung stark vom Produktionsprozess abhängt. Um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, sind meist mehrstufige Abluftreinigungsverfahren erforderlich. Die Einhaltung der Grenzwerte für das Klimagas Methan ist dabei nur durch Verbrennungsverfahren möglich, deren Betrieb große Mengen an Erdgas oder Heizöl benötigt. Das treibt nicht nur die Betriebskosten nach oben, sondern setzt auch große Mengen des ebenfalls klimarelevanten Gases Kohlendioxid frei. Nichtthermische Verfahren emittieren zwar kein zusätzliches Kohlendioxid, ihre Reinigungserfolge gegenüber Methan sind jedoch deutlich schlechter. Besonders problematisch ist die Lage bei Klärschlamm und Gülle: Da die landwirtschaftliche Ausbringung von Klärschlämmen in Deutschland zunehmend beschränkt wird, werden derzeit 53 Prozent des Klärschlamms – das entspricht einem Trockengewicht von einer Million Tonnen - als alternative Brennstoffe, zum Beispiel in Zementwerken oder Müllbehandlungsanlagen eingesetzt. Die bei der Vortrocknung entstehenden Abluftströme weisen neben Methan eine Vielzahl an flüchtigen Komponenten und Geruchsstoffen auf.

Als Lösung aus diesem Dilemma untersuchen die Verbundpartner in dem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt eine neuartige Verfahrenskombination aus einer Kaltplasmastufe mit integriertem Nanoadsorber sowie einem Wäscher als dritter Stufe. Hierbei werden in einem elektrischen Feld reaktive Komponenten erzeugt, die die Abluftschadstoffe oxidieren, ohne dass der Abluftstrom erhitzt werden muss. „Dieses Verfahren ist energetisch effizient und für ein breites Anwendungsspektrum anwendbar, da sowohl organische wie auch anorganische Komponenten umgesetzt werden können“, verrät Bernd Glocker, Vorstand der PlasmaAir AG. Die Eignung des Verfahrens für Abluftströme aus der Klärschlammtrocknung konnte Daniel Dobslaw, Wissenschaftler am ISWA, bereits in einem Pilotversuch verifizieren. „Lediglich Methan konnte unter den damaligen Bedingungen nur unzureichend oxidiert werden“, erklärt er.

Um nun auch Methan in einem vertretbaren Zeitraum oxidieren zu können, wird die Wirkung des Kaltplasmas durch eine zusätzliche katalytische Adsorberschüttung aus natürlichen, nanoskaligen Mineralien erhöht. In Vorversuchen erwiesen sich Halloysit – haltige Tonminerale mit weniger als ein Nanometer „großen“ Mikroporen als vielversprechend. Durch zeitweilige Adsorption und somit Verlängerung der Expositionszeit mit dem Kaltplasma wird die Reaktionskinetik stark beschleunigt. Für eine Verbesserung der Energieeffizienz des Verfahrens werden die Schadstoffe nur teiloxidiert und über eine angeschlossene Wäscherstufe ausgewaschen, die sauer, basisch oder biologisch betrieben werden kann.

Ihre Ansprechpartner:
Daniel Dobslaw, Institute für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft, Tel. 0711.685-65406, E-Mail: Daniel.Dobslaw (at) iswa.uni-stuttgart.de

 
Durch den Einsatz von Keramikträgern wird die Entladung gleichmäßig gemacht, wodurch eine gleichmäßig „leuchtende" und somit aktive Schicht entsteht. In dieser Schicht eintretende Luftmoleküle sowie Abluftkomponenten werden energetisch angeregt, fragmentiert sowie oxidiert. Foto: Universität Stuttgart/ISWA
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