Rektor: Gleichstellung als Erfolgfaktor

22. Januar 2010, Nr. 8

Mehr Frauen für die Wissenschaft - Uni Stuttgart bei Professorinnenprogramm erfolgreich

Überall das gleiche Bild: Der Frauenanteil unter den Studierenden steigt deutschland- und europaweit, mehr Absolventinnen promovieren und streben eine wissenschaftliche Karriere an – doch bei den Professuren sind Frauen mit 17 Prozent in Deutschland und 18 Prozent in Europa immer noch eine Minderheit. Die Ursachen dafür sind zahlreich und liegen nicht zuletzt auch im gesellschaftlichen Bereich. Die Universität Stuttgart will ihre bisherigen Aktivitäten ausweiten und dazu beitragen, weibliche Talente für wissenschaftliche Karrieren zu nutzen. Auf diesem Weg kann sie einen wichtigen Erfolg verbuchen: Bei der ersten Ausschreibung des Professorinnenprogramms des Bundes und der Länder hat das Stuttgarter Gleichstellungskonzept die Gutachter überzeugt. Nun werden drei Professuren hochqualifizierter Wissenschaftlerinnen für jeweils fünf Jahre gefördert. „ Wir haben uns angestrengt und freuen uns, dass alle drei Anträge bewilligt wurden“, sagt dazu Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel. „In Baden-Württemberg stehen wir damit an der Spitze“, betont er. Bundesweit ist es bisher nur sechs weiteren Universitäten gelungen, diese Höchstförderung zu erreichen. Insgesamt hatten sich bei der ersten Ausschreibung 113 Hochschulen (79 Bewilligungen) und bei der zweiten 60 (45 Bewilligungen) mit ihren Gleichstellungskonzepten beworben.

Die Professorinnen Nadja Schott (Sport und Gesundheitswissenschaft), Cristina Tarín (Prozessleittechnik im Maschinenbau) und Meike Tilebein (Diversity Studies in den Ingenieurwissenschaften) haben inzwischen ihre Arbeit an der Universität Stuttgart aufgenommen. „ Für uns als technische orientierte Universität ist der Gewinn von Frauen immer ein Erfolg“, sagt Wolfram Ressel, „und wir sind stolz darauf, dass wir zwei Frauen für ingenieurwissenschaftliche Bereiche gewinnen konnten. Insbesondere mit der neuen Professur von Meike Tilebein hoffen wir, neue Wege zu finden, um mehr junge Frauen für Technik und Wissenschaft zu begeistern und dieses große Potential nicht länger brachliegen zu lassen.“ „Fachübergreifendes Forschen und Denken in Systemen zieht sich wie ein roter Faden durch mein Berufsleben“, sagt Meike Tilebein, die eine Doppelqualifikation als Ingenieurin und Betriebswirtschaftlerin mitbringt. Das Denken in Systemen verbindet sie mit Cristina Tarín, deren Forschung auf den Zwischenbereich zwischen von Informationstechnik und Systemdynamik zielt, dessen Bedeutung in der modernen Prozessleittechnik immer wichtiger wird. Auch bei der Sportwissenschaftlerin Nadja Schott findet sich dieser systemübergreifende Ansatz, die sich mit Motorikforschung bei Menschen in verschiedenen Lebensaltern beschäftig und kognitives Lernen einbezieht.

Genderkonzept ebnet Wege
„Die Gedanken von Gender und Diversity wollen wir in die gesamte Universität tragen und ausbauen“, sagt der Rektor. Mit dem Begriff Gender und Diversity ist gemeint, unterschiedliche Fähigkeiten und Potentiale der Menschen in ihrer Vielfalt als gleichwertig anzusehen und zu fördern. Schon seit vielen Jahren bietet die Universität erfolgreiche Projekte für Schülerinnen an, um ihnen Berührungsängste vor technischen Studiengängen zu nehmen. Dies hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Frauenanteil auf allen Ebenen gestiegen ist – von den Studentinnen bis zu den Professorinnen. Doch was bisher nur als Trend sichtbar ist, soll nun verstärkt und verstetigt werden. Das inzwischen beschlossene Genderkonzept mit zahlreichen Maßnahmen von der aktiven Nachwuchswerbung für junge Frauen über den Dual Career Service, zusätzliche Angebote in der Kinderbetreuung, der Personalentwicklung einschließlich Mentoring bis zur Verankerung der Genderpolitik in allen Bereichen der Universität hat die Wege dafür geebnet. „Eine deutliche Steigerung sollte in allen Bereichen möglich sein“, ist Gabriele Hardtmann, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Stuttgart, überzeugt. So soll der Anteil der Studentinnen bis Ende 2012 von 33 auf 40 Prozent und der der Wissenschaftlerinnen im Akademischen Mittelbau von 24,6 auf 30 Prozent steigen. Besonderen Handlungsbedarf sieht Hardtmann bei den Promotionen von Frauen, für die das Genderkonzept eine Erhöhung von 21 Prozent auf mindestens 30 Prozent vorsieht. Bei den Professuren wird eine Steigerung von jetzt 6,1 auf zehn Prozent angestrebt. „Wir begreifen Gleichstellungsmanagement als Erfolgsfaktor“, betont Wolfram Ressel, „ diese Fragen spielen auch bei Forschungswettbewerben eine wichtige Rolle“. So hat die Universität im Rahmen der Exzellenzinitiative II eine eigene Arbeitsgruppe zur Gleichstellung eingerichtet, die derzeit neue Handlungsfelder identifiziert und die Gedanken von Gender und Diversity von Anfang an in die anderen Arbeitsgruppen hineinträgt.

www.uni-stuttgart.de/gleichstellungsbeauftragte
http://www.bmbf.de/de/494.php

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