Leben hinter Schutzwällen - auch in Deutschland?

27. Mai 2011, Nr. 44

Abschiedsvorlesung von Prof. Tilman Harlander

Noch in den 1990er Jahren eher unter Fachleuten als – vor allem US-amerikanisches – Phänomen diskutiert, hat das Interesse für das Leben hinter Mauern, Zäunen und Wällen in sogenannten „Gated Communities“ längst auch auf breiter Front die Medien erreicht. Im Hintergrund steht ein weltweiter Boom dieser Siedlungsform, die in den unterschiedlichen kulturellen Kontexten von Ländern wie China, Russland, Indien, Südafrika oder Brasilien zu einer großen typologischen Vielfalt geführt hat und inzwischen auch Europa und selbst Deutschland längst erreicht hat. Dieses Thema beleuchtet Prof. Tilman Harlander in seiner Abschiedsvorlesung am Mittwoch, den 1. Juni.


Abschiedsvorlesung von Prof. Tilman Harlander
Termin: Mittwoch, den 1. Juni 2011, 19.00 Uhr
Ort: Campus Stuttgart-Stadtmitte, Keplerstr. 17, KII, Hörsaal 17.02
Medienvertreter sind herzlich eingeladen.

Die wichtigsten Motive für das Wohnen in diesen Siedlungsformen liegen in Sicherheitsfragen und wachsender Kriminalitätsfurcht. In vielen Weltgegenden hat das Leben in abgeschlossenen, sozial homogenen Quartieren aber auch lang zurückreichende Traditionen oder wird mittlerweile in den gehobenen Preissegmenten als fast selbstverständliches Statussymbol angesehen. Die Gefahren liegen in wachsender sozialer Fragmentierung und einem nur schwer umkehrbaren Entsolidarisierungsprozess der (Stadt-)Gesellschaften.

In Deutschland hat das Mischungsideal in der Wohnungs- und Siedlungspolitik eine fest verwurzelte Tradition, trotzdem fassen die Gated Communties auch hier allmählich Fuß. Zunehmende Segregation und sozialräumliche Differenzierungen zeigen sich aber weniger in abgeschlossenen, als vielmehr in städtebaulich „abgeschirmten“ Wohnanlagen. Harlander wird in dem Vortrag Beispiele und Ergebnisse des von ihm geleiteten interdisziplinären Forschungsprojekts „Zukunft der Stadtgesellschaften – Wohnen, Stadtentwicklung und soziale Segregation“ vorstellen. Das von der Wüstenrot-Stiftung in Auftrag gegebene Projekt wird im Fachgebiet Architektur- und Wohnsoziologie der Uni Stuttgart durchgeführt. Die Veröffentlichung ist für Ende des Jahres geplant.

Von Soziologie und Architektur
Prof. Tilman Harlander hat in München und Berlin Soziologie, Volkswirtschaftslehre, Psychologie und Politikwissenschaften studiert. 1972 war er an der RWTH Aachen zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, nach Promotion und Habilitation übernahm er dort 1996 die Lehrstuhlvertretung Planungstheorie an der Fakultät Architektur. Von 1989 bis 1997 hatte er zudem den Vorsitz im Aufsichtsrat der städtischen Aachener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft inne. 1997 kam Prof. Tilman Harlander an die Universität Stuttgart und übernahm die Professur Architektur- und Wohnsoziologie am Institut für Wohnen und Entwerfen. Von 2000 bis 2002 war er Studiendekan und von 2002 bis 2006 Dekan der Fakultät für Architektur und Stadtplanung. Er übernahm die Leitung verschiedener durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die VW-Stiftung und die Wüstenrot-Stiftung geförderter Forschungsprojekte. Harlander ist Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, des wissenschaftlichen Beirats des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, des deutschen Werkbundes, der Sektion Stadtsoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, des Wohnbundes e.V., der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung (GSU), der Redaktion der Zeitschrift „Die alte Stadt" und des Städtebauausschusses der Landeshauptstadt Stuttgart.

Kontakt:
Prof. Dr. Tilman Harlander
Institut für Wohnen und Entwerfen
Tel. 0711/685-84200
e-mail: tilman.harlander@iwe.uni-stuttgart.de

 
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