Weitere Erfolge mit Quantendiamanten

19. April 2011, Nr. 31

Veröffentlichung in Nature Physics und DFG-Forschergruppe

Forschern des 3. Physikalischen Instituts sowie des Stuttgart Research Centers für Photonische Technologien (SCoPe) der Universität Stuttgart ist es gelungen, mit einer einzelnen atomaren Fehlstelle in Diamant elektrische Felder zu messen. Damit können künftig die Struktur einer Substanz und deren chemische Reaktivität gleichzeitig bestimmt werden. Über diese Messungen berichtet nun die renommierte Zeitschrift Nature Physics*). Die Erfolge der Stuttgarter Wissenschaftler auf dem Feld der Quantendiamanten honorierte auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG, die in ihrer Sitzung im April die Einrichtung der DFG-Forschungsgruppe „ Diamond Materials and Quantum Application“ an der Uni Stuttgart bewilligt hat.

Die Quantenphysik wandelt sich dank eines immer umfassenderen Verständnisses und gut beherrschbarer Experimente zunehmend zum Forschungsfeld Quantentechnologie. Physikerinnen und Physiker können mittlerweile Materie maßschneidern und die Quantendynamik beeinflussen, was vielfältige Anwendungsmöglichkeiten beispielsweise in der Informationsverarbeitung oder der Sensorik eröffnet. Die Forschergruppe „Diamond Materials and Quantum Application“ (Sprecher: Prof. Jörg Wachtrup, 3. Physikalisches Institut der Universität Stuttgart) widmet sich mit Diamant einem sehr vielversprechenden Quantenmaterial und nutzt die technologischen Grundlagen dazu, besser kontrollierte und immer komplexere Diamant-Strukturen herzustellen. Hierzu bringt die Forschergruppe Experten zu Materialwachstum, Strukturierung und Defekterzeugung, aber auch Quantenoptik und Spintronik zusammen. Sie fokussiert vor allem auf die Anwendung von „ Quanten-Diamanten“ in den Bereichen Quantenphotonik und Spintronik. Die Ergebnisse der Forschergruppe könnten in der Zukunft aber auch unter anderem in der Medizin Anwendung finden.

Hochgenaue Messung elektrischer Felder
In den jetzt in Nature Physics publizierten Forschungsarbeiten widmen sich die Stuttgarter Forscher der großen physikalischen Herausforderung, elektrische Felder zu vermessen. Solche Felder spielen an verschiedenen Stellen in der Natur und Technik eine entscheidende Rolle. Nervenimpulse werden zum Beispiel durch die Veränderung von elektrischen Feldern übertragen und auch die moderne Datenspeicherung wie zum Beispiel auf USB-Sticks beruht auf der Speicherung elektrischer Ladung. Die hochgenaue Messung der mit den Ladungen verbundenen kleinen elektrischen Felder ist allerdings eines der anspruchsvollsten Gebiete der Messtechnik. Die Stuttgarter Forscher haben dafür einen neuartigen Sensor entwickelt, der aus lediglich einem einzelnen Atom besteht. Dieses Stickstoffatom ist als Verunreinigung in Diamant enthalten. Das Diamantgitter fixiert das Atom und erlaubt es gleichzeitig, mit Hilfe eines Lasers die atomare Fehlstelle zu adressieren. Die Wechselwirkung des Atoms mit dem zu messenden Feld kann mittels des von der Verunreinigung wieder ausgesendeten Lichts bestimmt werden. Auf diese Weise ist man in der Lage, elektrische Felder zu messen, die einem Bruchteil einer Elementarladung in einer Entfernung von 0,1 Mikrometern entsprechen. Da der Sensor selbst ungefähr die Abmessung von einem Atom besitzt, können elektrische Felder ebenfalls mit dieser räumlichen Präzision gemessen werden. Das optische Auslesen des Sensors erlaubt es, den Sensor in jeder beliebigen Geometrie anzubringen. Zudem erreicht das Verfahren bei Raumtemperatur und unter Umgebungsbedingungen seine Empfindlichkeit und Auflösung.

Mit demselben Verfahren konnten Wissenschaftler in der Vergangenheit bereits den Nachweis kleiner magnetischer Felder demonstrieren. Jetzt wurde es erstmals möglich, am selben Ort das elektrische sowie magnetische Feld zu bestimmen, ohne den Sensor wechseln zu müssen. Diese einzigartige Kombination eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten, zum Beispiel das gleichzeitige Messen der Verteilung von magnetischen Momenten der Kerne chemischer Verbindungen sowie die Ladungsverteilung von Elektronen in einzelnen Molekülen.

*) Florian Dolde, Helmut Fedder, Marcus W. Doherty, Tobias Nöbauer, Florian Rempp, Gopalakrishnan. Balasubramanian, ThomasWolf, Friedemann Reinhard, Lloyd C.L. Hollenberg, Fedor Jelezko and Jörg Wrachtrup: Sensing electric fields using single diamond spins – Nature physics 10.1038/NPHYS1969

http://www.nature.com/nphys/journal/vaop/ncurrent/full/nphys1969.html

Weitere Informationen bei Prof. Jörg Wrachtrup, Universität Stuttgart, 3. Physikalisches Institut Tel. 0711/685-65278, e-mail 

wrachtrup@physik.uni-stuttgart.de.

 
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