Baden-Württemberg feiert seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass hat das Land zusammen mit dem Südwestrundfunk (SWR) den Wettbewerb „Die Übermorgenmacher“ ausgeschrieben. Von den 60 Gewinnern stammen sieben von der Universität Stuttgart. Die Jury hat sie für ihre zukunftsweisenden Projekte und Ideen ausgezeichnet, die das Potential haben, die Welt von übermorgen zu verbessern.
Zu den Preisträgern der Universität Stuttgart zählen Ferdinand Ludwig mit seinem Projekt „
Baubotanik – Bauweise mit lebenden Pflanzen“, Prof. Nejila Parspour mit dem Projekt „Induktives
Laden von Elektrofahrzeugen“, Prof. Rudolf Voit-Nitschmann und sein Team rund um das
Elektroflugzeugs e-Genius, Steffen Geinitz, Len Schumann und Clemens Gerlach, sowie Prof. Michael
Resch für den Einsatz und Ausbau von Höchstleistungsrechner gegen die Probleme der Zukunft.
Als Belohnung haben die Gewinner einen Wunsch beim Land frei, der bis zu 1.000 Euro kosten
darf und einen Bezug zum Projekt haben muss – sei es die Vermittlung eines Kontakts oder ein
fehlendes Handwerkszeug. Die Ehrungen wird das Land von Mai 2012 bis zum Ende des Jubiläumsjahres
für jeden Übermorgenmacher in seinem Heimatort vornehmen. Für den überzeugendsten Übermorgenmacher
stiftet der SWR außerdem den SWR-Publikumspreis. Im April können die Hörer von SWR1 und SWR4 sowie
die Zuschauer der Landesschau Baden-Württemberg im Internet aus fünf Auswahlkandidaten ihren
Favoriten wählen. Der Preisträger wird in einer Live-Sendung am 27. April, 20:15 Uhr, präsentiert,
zu der auch alle anderen 60 Übermorgenmacher eingeladen sind.
Baubotanik – Bauweise mit lebenden Pflanzen
Ferdinand Ludwig vom Institut Grundlagen Moderner Architektur und Entwerfen (IGMA), hat die
Jury mit seinen einzigartigen lebenden Bauobjekten überzeugt. Dabei nutzt der Stuttgarter Architekt
die Fähigkeit von Holzpflanzen aus, mit weiteren Einzelpflanzen zu einem einzigen Organismus zu
verwachsen. Die entstandenen Bauten können sich optimal ihrem jeweiligen Standort anpassen und
erzeugen in ihrem Innern auf natürliche Weise ein angenehm kühles Mikroklima. Zu bestaunen sind die
im Jahreszeitenwechsel sich wandelnden Bauten beispielsweise auf dem Gelände „Neue Kunst am Ried“
in Wald-Ruhestetten. Dort können die Besucher einen baubotanischen Steg und einen Turm aus lebenden
Bäumen bestaunen, der im Rahmen des Wettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen“ als „Ausgewählter Ort
2010“ ausgezeichnet worden ist. Auch bei Lärmschutzwänden können die Blätterwerke eingesetzt
werden, wie eine 2009 patentierte Baumwand beweist. Aktuell entsteht für die Landesgartenschau 2012
in Nagold ein zehn Meter hoher Platanenkubus.
Induktives Laden von Elektrofahrzeugen
Elektrofahrzeuge flächendeckend auf Deutschlands Straßen einzusetzen: Diesem Ziel ist Prof.
Nejila Parspour, Leiterin des Instituts für Elektrische Energiewandlung (IEW), mit der
Entwicklung einer induktiven Ladestation ein Stück weit näher gerückt. Dabei wird der Akku des
Elektroautos kabellos aufgeladen, sobald sich das Auto über einer im Boden versenkten und mit Strom
durchflossenen Spule befindet. Mit dem im Dezember 2011 fertig gestellten Prototypen kann eine
Leistung von drei Kilowatt kontaktlos übertragen werden. Somit kann ein
12-Kilowattstunden-Batteriespeicher, der einen Kleinwagen für 100 Kilometer mit Energie speist, in
vier Stunden wieder aufgeladen werden. Das neue System toleriert es zudem, wenn das Elektroauto
nicht präzise über der Spule platziert ist: Die Toleranz beträgt ± 25 Zentimeter. Ferner ermöglicht
das neue System das automatische Laden der Fahrzeuge an jedem Parkplatz, jeder Ampel oder jedem
Straßenabschnitt, wodurch sich die zur Verfügung stehende Reichweite nochmals erhöht. Die
Realisierung einer funktionierenden Ladeinfrastruktur – einer wesentlichen Grundvoraussetzung für
den Durchbruch von Elektroautos – ist damit in greifbare Nähe gerückt.
Elektroflugzeug e-Genius
2011 war das Jahr des e-Genius: erfolgreicher Erstflug, Streckenrekord über 341 Kilometer in
zwei Stunden, der zweite Platz beim höchstdotierten Flugwettbewerb Green Flight Challenge in den
USA und der Lindbergh Preis für das leiseste Flugzeug. Diese Erfolgsserie setzt sich mit der
Übermorgenmacher-Auszeichnung in diesem Jahr fort. Die „Väter“ des e-Genius und Übermorgenmacher,
Projektleiter Prof. Rudolf Voit-Nitschmann und sein Team vom Institut für Flugzeugbau (IFB) haben
nach weniger als zwei Jahren Bauzeit ein mit 336 Kilogramm extrem leichtes und energieeffizientes
Elektroflugzeug realisiert, das es locker mit konventionellen Flugzeugen aufnehmen kann. Das eigens
für e-Genius entwickelte Antriebssystem verfügt über eine Leistung von 60 Kilowatt und eine
Gesamtkapazität der Akkus von 56 Kilowattstunden. Als Pionier im Flugzeug- und Leichtbau ist der
aktive Pilot Voit-Nitschmann zudem mit dem Löhn-Technologietransferpreis 2011 der
Steinbeis-Stiftung gewürdigt worden.
Höchstleistungsrechner gegen die Probleme der Zukunft
Prof. Michael Resch tüftelt an den großen Forscherfragen unserer Zeit wie dem Klimawandel,
der Energieerzeugung, der Mobilität oder der Entwicklung neuer Produkte. Sein neuestes Werkzeug:
der mit über einer Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde, insgesamt mehr als 3.500 Rechenknoten
und 110.000 Cores schnellste zivile Supercomputer Europas und der zwölfschnellste der Welt, „Hermit“
genannt. Seit 2002 leitet Resch als Direktor das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität
Stuttgart (HLRS). Die enormen Rechenkapazitäten nutzen Physiker, Chemiker und Ingenieure, um in
kürzester Zeit verschiedene Forschungsszenarien und Designkonzepte, beispielsweise im
Automobilbereich, virtuell durchzuspielen und die Ergebnisse zu visualisieren. Noch in diesem Jahr
erhält das Höchstleistungsrechenzentrum einen Forschungsneubau, um die dringendsten Problemen der
Zukunft zu lösen.
Weitere Informationen unter www.bw-feiert.de/uebermorgenmacher/.