Tschaikowskys Schicksals-Sinfonie voller Lebhaftigkeit vorgetragen

17. Februar 2022

Das Akademische Orchester der Universität Stuttgart hat zum Konzert in die Liederhalle eingeladen. Im Beethoven-Saal erwartete die Musikliebhaber*innen ein spannendes sinfonisches Programm. Unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Mihály Zeke erklangen Tschaikowskys 5. Sinfonie und die Enigma-Variationen von Edward Elgar.

Ein misslungenes Werk, zu bunt, zu massig, zu lang, überhaupt wenig ansprechend – Pjotr Iljitsch Tschaikowsky soll so über seine 5. Sinfonie, die „Schicksals-Sinfonie“, geurteilt haben. Das Publikum in der Liederhalle gab wenig auf diese Aussagen des russischen Komponisten. Die Zuhörerschaft im Beethovensaal ließ sich über alle vier Sätze seines Werkes begeistern, das vom Akademischen Orchester voller Energie und Lebhaftigkeit vorgetragen wurde. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksal, mal ergeben, mal aufbrausend, mal düster, dann wieder voller Hoffnung, und schließlich in einem triumphierenden Finale endend, zog sie alle in den Bann. Zu bunt, zu lang? Keineswegs. Nach zwei Jahren Pandemie genau richtig! Der lang anhaltende Applaus sprach für sich – und auch den Musikerinnen und Musikern war die Freude über ihr gelungenes Spiel und das rundum gelungene Konzert anzusehen.

Das Akademischen Orchester trug Tschaikowskys 5. Sinfonie voller Energie und Lebhaftigkeit vor.

Es ist kaum in Worte zu fassen, was für eine Emotion es für das ganze Orchester darstellte, nach zwei Jahren endlich wieder ein richtiges Konzert geben zu können.

Zitat Mihály Zeke, Universitätsmusikdirektor

Auch für Mihály Zeke, der seit 2020 die Leitung der Akademischen Ensembles innehat, war es ein besonderer Abend. „Es ist kaum in Worte zu fassen, was für eine Emotion es für das ganze Orchester darstellte, nach zwei Jahren endlich wieder ein richtiges Konzert geben zu können“, sagt Zeke. Dank Impfschutz und konsequentem Testen ohne Abstände in einem richtigen Konzertsaal auftreten zu können, sei auch bei 50 prozentiger Auslastung eine ganz neue Dimension, im Vergleich zu den Kirchenkonzerten in kleiner Besetzung zuvor, und Mihály Zeke schwärmt: „Für mich war es ein umso bedeutenderes Konzert, als meine Amtseinführung fast zeitgleich mit dem Ausbruch der Pandemie stattfand. Die mühsamen, vorsichtigen Versuche, die Flamme der Unimusik durch online-Proben, in kammermusikalischen sowie in klein besetzten Orchester- und Chorprojekten aufrecht zu erhalten, zahlte sich jetzt endlich aus. Die Begeisterung und pure Freude, die ich vom Orchester zu spüren bekam, ist ein großes Geschenk und zeigt, dass sich die Mühe gelohnt hat.“

Der Wunsch, Tschaikowskys Fünfte aufzuführen – eine Reise aus der tiefsten Verzweiflung in die triumphal leuchtende Freude – sei schon in den ersten Monaten der Pandemie aufgekommen, erzählt Mihály Zeke: „Schon damals war zu ahnen, dass wir alle den Trost brauchen werden, den ein so zutiefst menschliches, ergreifendes Werk spendet. Die Fünfte ist ein Testament für die Größe des menschlichen Geistes vor jeder auch so unmenschlichen Situation. Das wollten wir gerade zu Zeiten der Pandemie mit unserem Publikum teilen.“

Zufriedene Gesichter am Ende des Konzerts.

Elgar porträtiert Menschen und Situationen

Das Konzerterlebnis komplettierten die zu Beginn des Abends erklungenen „Enigma-Variationen“ von Edward Elgar. Am 19. Juni 1899 in der Londoner St. James's Hall uraufgeführt, sollten sie die Geburtsstunde der neueren britischen Musik einläuten und Elgar international bekannt machen. In 14 Variationen porträtiert Elgar Menschen und Situationen aus seinem engen Umfeld.

Während einst die Zuhörenden noch rätseln mussten, wer da zu „hören“ ist, bot das Programmheft am Abend die Lösung: Erleben, wie sich Freunde des Komponisten im Klavierspiel oder an der Bratsche versuchen, sich auf einer Seereise befinden, mit Elgar beim Spaziergang über Beethoven philosophieren oder ein Hund baden geht. Liebevoll, freundlich, polternd, humorvoll und mehr – das Orchester vermittelte wunderbare klangvolle Eindrücke, lies die Situationen und Personen vor dem geistigen Auge der Zuhörenden lebendig werden. „Das Werk zelebriert für mich die Erkenntnis, wozu wir erst in schwierigen Zeiten kommen: wie kostbar es ist, wahre Freunde und Wegbegleiter zu haben, und was für eine unerschöpfliche Quelle der Freude und Zuversicht dies bedeutet“, führt Mihály Zeke aus: „Abgesehen davon ist es auch wahnsinnig spannend, farbenreich und herausfordernd. Dem Orchester hat es neue Räume geöffnet, nicht zuletzt durch die große Anzahl an delikaten, kammermusikalisch besetzten Abschnitten, die einzelne Orchestermitglieder in den Vordergrund stellten.“

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