Absolventin Anne Wolff

Dr. Anne Wolff – Referentin Verkehrstechnik

„Ich muss mein Fachwissen in eine Sprache übersetzen, die verständlich für alle ist.“
[Foto: privat ]

Von wann bis wann haben Sie Bauingenieurwesen an der Uni Stuttgart studiert?

Ich habe von 1999 bis 2005 studiert – damals noch im Diplom-Studiengang, es war noch vor der Umstellung auf die Abschlüsse „Bachelor“ und „Master“.

Mit welcher Vertiefung haben Sie studiert?

Ich wusste von Anfang an, dass mich der Bereich Verkehrswesen reizt: Straßenplanung, Straßenbau und Verkehrstechnik waren Dinge, die mich interessierten. Sie sind Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens: Ohne Infrastruktur wäre die Gesellschaft in ihrer heutigen Form ja undenkbar. Auf Englisch heißt Bauingenieur „civil engineer“ – mit dieser Betonung der gesellschaftlichen Funktion von Bauingenieuren konnte ich mich gut identifizieren.

Was war Ihr erster Job nach dem Studium?

Ich hatte Lust, mich mit den Themen des Studiums noch weiter auseinander­zusetzen. Als Studentin hatte ich bereits am Lehrstuhl für Straßenplanung und Straßenbau der Uni gearbeitet – nach meinem Abschluss 2005 habe ich dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin angefangen. Ich habe Vorlesungen gehalten, an spannenden Forschungsthemen gearbeitet und meine Doktorarbeit geschrieben. Darin habe ich ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem man berechnen und visualisieren kann, wie bei Regen das Wasser von der Straße abfließt und ob Aquaplaning-Gefahr besteht.

Wie ging es danach weiter?

Ich habe mich für das Referendariat für den höheren bautechnischen Verwaltungs­dienst des Landes Baden-Württemberg entschieden. Das ist so etwas wie ein Traineeship (Praktikum) für angehende Beamte: Zwei Jahre lang (2011-2013) habe ich die verschie­denen Arbeitsbereiche der Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg kennenge­lernt. Für die Arbeit dort braucht man nicht nur technisches Know-How, sondern muss auch die Bereiche Technik und Recht miteinander verbinden. Das fand ich spannend. Nach dem Referendariat und dem Abschluss mit der Staatsprüfung habe ich dann als Projektleiterin für Straßenplanung im Regierungspräsidium in Stuttgart angefangen.

Um welche Projekte haben Sie sich gekümmert?

Die Straßenbauverwaltung kümmert sich darum, dass die Straßen in Baden-Württemberg leistungsfähig und verkehrssicher bleiben. Das sind in Baden-Württemberg insgesamt 26.000 Kilometer, also eine ganze Menge. Als Projektleiterin beim Regierungspräsidium Stuttgart habe ich ein spannendes Großprojekt betreuen dürfen: die Planung des Autobahnausbaus der A6 zwischen Weinsberg und der Landesgrenze zu Bayern.

Welche konkreten Aufgaben gehörten dazu?

Bei der Straßenbauverwaltung sind wir die Auftraggeber für Ingenieurbüros und Baufirmen. Neben den „klassischen“ Aufgaben des Projektmanagement, also der Überwachung der Kosten, der Zeit und der Qualität der Planung, gab es noch andere, wichtige Aufgaben. Ich musste z.B. unter Beachtung von Vergabevorschriften passende Ingenieurbüros suchen und mit der Planung beauftragen. Zudem habe ich mich in besonderem Maße um die Kommunikation nach außen gekümmert: So habe ich das Projekt etwa vor Gemeinderäten oder in Bürgerinformationsveranstaltungen vorgestellt und fachkundig (kritische) Rückfragen beantwortet: Wie stellen wir sicher, dass der Lärmschutz gewährleistet wird? Warum muss es genau diese Routenführung sein?

Was war dabei besonders wichtig, um einen guten Job zu machen?

Wichtig war sicherlich das Interesse, sich in neue Aufgabengebiete, etwa Straßenrecht oder Naturschutzrecht, einzuarbeiten. Das waren ja Dinge, die ich im Studium nicht gelernt hatte. Gute Kommunikationsfähigkeit – in Wort und Schrift – war ebenfalls gefragt, um das Projekt überzeugend und verständlich nach außen darzustellen. Aber ich brauchte auch technisches Fachwissen, um Lösungs­vorschläge von Ingenieur­büros prüfen und bewerten zu können.

Das heißt, Ihr Wissen aus dem Studium war hier gefragt?

Genau. Wir erhalten ja Entwürfe von Ingenieurbüros, die wir mit der Planung eines Projektes beauftragen, und müssen beurteilen, ob alle gültigen Richtlinien beachtet worden sind. So müssen die Kurven bei einer Autobahnplanung eine bestimmte Größe haben und dürfen nicht zu eng sein. Da ich im Studium gelernt habe, den Verlauf einer Straße zu planen, kann ich im Entwurf prüfen, ob die Planung korrekt ist oder nicht.

Wie sah ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?

Einen typischen Arbeitsalltag gab es nicht – meine Arbeit wurde vom Rhythmus des Projektes bestimmt. Aber ein beispielhafter Arbeitstag sah etwa so aus: Ich komme morgens ins Büro und beantworte zuerst eine E-Mail von der Presse, die um Auskunft zum Stand des Projektes bittet. Danach habe ich einen Termin mit einem Ingenieurbüro, um die aktuellen Pläne zu besprechen und Probleme zu diskutieren. Hier muss ich auch darauf vorbereitet sein, mit ihnen zu verhandeln, ob zusätzlich anfallende Tätigkeiten vergütet werden oder nicht. Nach der Mittagspause arbeite ich an einer Auftragsvergabe – für den Ausbau der Autobahn muss ein Lärmschutz­gutachten erstellt werden, das wir in Auftrag geben. Am späten Nachmittag habe ich dann noch einen Termin mit einem Betroffenen des Autobahnausbaus: Ich fahre zu einem Bauern, dem ich die Hintergründe des Trassen­verlaufs genauer erkläre.

Was hat Ihnen bei dieser Arbeit am besten gefallen?

Besonders gefallen hat mir die Koordination und Kommunikation, die ein Projekt erfordert: zum Beispiel Presseanfragen zu beantworten oder Informationsveranstaltungen vorzubereiten und durchzuführen. Hier war ich gefordert, mein technisches und rechtliches Fachvokabular in eine Sprache zu übersetzen, die verständlich für alle ist. Beruflich habe ich mich dann weiter in diese Richtung entwickelt.

In welcher Position arbeiten Sie aktuell?

Mittlerweile arbeite ich als Referentin für Verkehrstechnik beim Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. Dort bin ich zuständig für Verkehrstechnik und Ver­kehrs­sicherheit: Ich sorge dafür, dass wir landeseinheitliche Regelungen entwickeln – zum Beispiel haben wir neue Verkehrsschilder aus Kunststoff für die Sicherheit von Motorrad­fahrern entwickelt. Meine Aufgabe war es, einheitliche Regelungen dafür aufzustellen und diese für die Anwendung in anderen Behörden einzuführen. Auch die Planung öffentlicher Termine des Verkehrs­ministers gehört zu meinen Aufgaben. Ich habe zum Beispiel vor einiger Zeit einen Presse­termin zur Motorradsicherheit organisiert, bei dem sich der Verkehrsminister mit dem ADAC, Abgeordneten und Pressevertretern getroffen hat.

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