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Zonta-Club zeichnet erneut Doktorandinnen aus > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
Forschen für das Universum

Frauen in technischen Berufen zu fördern ist eines der Ziele des Zonta-Clubs. Dieser weltweite Zusammenschluss berufstätiger Frauen vergibt jährlich 35 so genannte Amelia-Earhard-Stipendien an junge Wissenschaftlerinnen der Luft- und Raumfahrttechnik. Benannt ist der Preis nach der Pilotin, die 1932 als erste Frau alleine den Atlantik überquerte. Im Hotel Royal erhielten drei Stuttgarter Preisträgerinnen am 9. Februar 2007 im festlichen Rahmen die mit 6.000 US-Dollar verknüpfte Auszeichnung. Das Geld soll sie in ihrer weiteren Forschungsarbeit unterstützen und motivieren.

In der Sprache der Sioux-Indianer bedeutet „Zonta“ Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Auf diesen Tugenden basiert die Idee der 1919 in den USA gegründeten Organisation. Heute bestehen weltweit etwa 1.200 Clubs mit insgesamt rund 33.000 ausschließlich weiblichen Mitgliedern. Neben weltweiten Hilfsprojekten für Frauen in Not, soll – wie mit dem Amelia-Earhard-Preis - auch generell ihre Stellung in der Gesellschaft gestärkt werden. Mit Prof. Monika Auweter-Kurtz, der jetzigen Präsidentin der Universität Hamburg und langjährigen stellvertretenden Leiterin des Instituts für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart, begann 1979 die Tradition der hiesigen Preisträgerinnen. Seitdem gingen 19 Auszeichnungen nach Stuttgart und in diesem Jahr konnten sich gleich drei Doktorandinnen freuen: Hannah Böhrk, Yunfei Xing und Dagmar Bock.

  Sichtbar stolz zeigten sich die Betreuer während der Preisverleihung: Prof. Monika Auweter-Kurtz gratulierte ihrer Doktorandin Hannah Böhrk, die das Amelia-Earhard-Stipendium sogar schon zum zweiten Mal erhielt. Prof. Jens von Wolfersdorf beglückwünschte Yunfei Xing zu ihrer hervorragenden Arbeit und Prof. Hans-Peter Röser, Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme, erklärte, wonach er immer suche: Nach jungen, mutigen Nachwuchswissenschaftlern für ungewöhnliche Aufgaben, die ruhig besser als ihre Chefs sein dürften. Und mit Dagmar Bock habe er genau eine solche Vertreterin gefunden.

Doktorandinnen Dagmar Bock, Yungfei Xing und Hannah Böhrk

 

Über die Auszeichnung freuen sich die Doktorandinnen Dagmar Bock, Yungfei Xing und Hannah Böhrk (von links).                           (Foto: Eppler)

Mit heißem Gas zum Mars

Viele verschiedene Zukunftsideen hatte Hannah Böhrk nach dem Abitur. Auf diesen doch sehr speziellen Studiengang sei sie schließlich ganz klassisch gekommen: beim Blättern in den Ordnern des Berufs-Informations-Zentrums des Arbeitsamtes. Gut zehn Jahre später steht die 31-jährige Preisträgerin jetzt kurz vor dem Ende ihrer Promotion über die Optimierung von Hybrid-Plasmageneratoren. Hinter dem Begriff Plasma verbirgt sich ionisiertes Gas. Durch elektrische Spannung aufgeheizt und ausgedehnt strömt es in einem rot leuchtenden Strahl hinein in das Vakuum des Weltalls. Und entstanden ist der nötige Schub zum Antrieb des Raumfahrzeugs. Die große Idee hinter Hannah Böhrks Arbeit heißt bemannte Marsmission. Herkömmliche Systeme verbrauchen so viel Treibstoff in fester Form, dass die Raumschiffe zeitweise auf natürlichen Flugbahnen quasi im Leerlauf pausieren müssen. Plasma-Generatoren können durch den relativ niedrigen Verbrauch an Gas hingegen kontinuierlich betrieben werden und sind so wesentlich flexibler in der Steuerung. Und nur das würde den Mars-Astronauten auf ihrer langen Reise ein Mindestmaß an Sicherheit gewähren.

  Während des Studiums und der Promotion bewahrte sich Hannah Börkh stets den Blick über den Tellerrand, beispielsweise durch ein halbes Jahr Japan im Rahmen ihrer Diplomarbeit oder aber durch das Projekt „Probiert die Uni aus!“. Hier gibt sie Schülerinnen der Oberstufe Einblick in das Fach Luft- und Raumfahrttechnik und fördert so auf ihre Weise den weiblichen Nachwuchs.

Abkühlung erwünscht

Dass Frauen in Ingenieurberufen auch in China die Ausnahme sind, bestätigt Yunfei Xing. In ihrem Studium in Peking lag der Schwerpunkt auf Heizungs- und Kühlanlagen für Gebäude. Der Sprung zur Raumfahrt war gar nicht so weit, denn die optimale Kühlung der Antriebssysteme stellt ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Seit einem Jahr untersucht die 28-Jährige daher am Institut für Thermodynamik der Luft- und Raumfahrt, wie die enorme Hitze, die durch die Gasverbrennung entsteht, am besten abgeleitet werden kann. Eine Methode ist die so genannte Prallkühlung, bei der stoßweise kalte Luft auf die heiße Oberfläche geblasen wird. Die Kühlluft verteilt sich in alle Richtungen gleichmäßig und leitet so einen Teil der Wärme ab. Das Leben in Deutschland und die Arbeit im Institut gefielen ihr sehr, betont Yunfei Xing. Die Labore seien gut ausgestattet und sie habe schon viele neue Fachkenntnisse gewonnen. Nach Abschluss ihrer Promotion in zwei, drei Jahren würde sie diese am liebsten als Dozentin an einer Universität in ihrem Heimatland weitergeben.

Besuch beim Mann im Mond

Wenn der Mond in einigen Jahren Besuch von einem Satelliten der Universität Stuttgart bekommt, könnte er das unter anderem der dritten Preisträgerin, Dagmar Bock, zu verdanken haben. Und ein Wunsch von Prof. Hans-Peter Röser wäre in Erfüllung gegangen: der Welt zu zeigen, dass auch Hochschulen Satelliten ins All schicken können. Die Fahrzeuge der großen Raumfahrtunternehmen würden für viel Geld mit chemischem Treibstoff angetrieben und könnten so den Weg zum Mond in drei bis fünf Tagen zurücklegen. Die Universität habe jedoch eher Zeit als Geld. Und so setzt das Team um Prof. Hans-Peter Röser auf eine deutlich langsamere, aber bezahlbare Variante: 20 Monate Reisezeit mit zwei verschiedenen elektrischen Triebwerksystemen, gespeist durch kostenlose Sonnenenergie.

  An der Optimierung eines dieser Systeme tüftelt Dagmar Bock, die schon zu Schulzeiten eine Vorliebe für Mathematik und Physik hatte. Die Entscheidung zum Maschinenbaustudium in Aachen fiel ihr daher nicht schwer. Im Hauptstudium wählte sie schließlich Luft- und Raumfahrttechnik als Schwerpunkt. Das Reizvolle sei, dass hier besonders viel „um die Ecke denken“ gefragt sei, erklärt die 27-Jährige. Denn wie viele Ingenieure müssen sich beim Konstruieren beispielsweise Gedanken über die Schwerelosigkeit machen? Und so ergriff sie vor zwei Jahren gerne die Gelegenheit, in Stuttgart über ein praxisnahes Thema der Luft- und Raumfahrt zu promovieren.

  Ziel des gesamten Projektes ist es, den Satelliten in eine Bahn zu bringen, die über die Polregion des Mondes verläuft. Mit Hilfe von Satellitenbildern könnte so diese noch relativ wenig erforschte Gegend erschlossen werden. Und wer weiß, vielleicht bekommen wir dann bald die ersten Fotos vom Mann im Mond…oder ist es doch eine Frau?!

Birgit Gebauer

Weitere Informationen über den Amelia-Earhard-Preis und für zukünftige Forscherinnen finden sich unter
 > > > www.zonta-union.de/stipendien.html und
 > > > www.irs.uni-stuttgart.de/institut/nachwuchsfoerderung.html

 

 

 
last change: 30.06.07 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart