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Erich Hauser – Leichtigkeit in Beton

Auf die abstrakten Figurationen Erich Hausers trifft man in Stuttgart vielerorts: zum Beispiel auf dem Kernerplatz, an der Hohenheimer Straße, vor der Oberfinanzdirektion am Rotebühlplatz und auf dem Campus der Universität Stuttgart-Vaihingen. Das Objekt vor dem Institut für Aero- und Gasdynamik nimmt eine besondere Stellung im Werk Hausers ein, denn es ist ein einzigartiges Frühwerk aus Beton.

Betonplastik

 

Als Werkstoff der Leichtigkeit zeigt sich Erich Hausers Betonplastik vor dem Institut für Aerodynamik und Gasdynamik am Pfaffenwaldring 21.         (Foto: Küster)

Fast immer arbeitete Hauser mit drei Millimeter dünnen, gewalzten Stahlplatten, die seit den späten 50-er Jahren kalt zu gesteinsartigen, unpolierten Brocken, die ihr Inneres entfalten, später zu blanken Röhren oder seit 1987 etwa zu sich emporschiebenden, sonnenreflektierenden Formationen verschweißt sind. Dem gelernten Stahlgraveur Erich Hauser (1930-2004) lag nicht nur der Stahl besonders nahe; er arbeitete auch mit grafischen Effekten, dem Kontrast zwischen Licht und Schatten auf der glatten Stahlhaut.

  1962, dem Jahr der Realisierung der Betonplastik, war gerade der Campus in Stadtmitte mit den Neubauten der Kollegiengebäude und der Universitätsbibliothek aufgewertet worden. Der Standort in Vaihingen lag mit den drei zwischen 1957 und 1960 entstandenen Instituten der Luft- und Raumfahrttechnik sowie der Forschungs- und Materialprüfungsanstalt als kleine Außenstelle auf der grünen Wiese. Das Institut für Aero- und Gasdynamik war eines dieser ersten Institute. Am Eingangsbereich des funktionalen Baus von Günter Wilhelm hat Hauser seine Betonplastik installiert.

  Auf 14 Metern Länge staffeln sich Betonquader hintereinander. Beginnend mit einem am Boden liegenden Quader verformen sich die nachfolgenden in einer mächtigen Strömung, Ecken und Kanten werden aufgeworfen. Sich um eine imaginäre Mittelachse verschiebend steigen sie bis auf eine Höhe von 1,70 Meter hinauf, zerren an ihrer Verankerung und kommen im letzten mächtigen Block wieder zur Ruhe. Die Oberfläche zeigt Rillen und Grate längs der Strömung. Die ungleichmäßigen Verschalungsbretter des Gusses geben dem Beton eine zusätzliche Unruhe, ein Relief, das heute verstärkt und zugleich von den Blättern und Moosen gestört wird, die sich in den letzten 40 Jahren auf der Plastik angesammelt haben.

Unsichtbare Kraft

Nicht der Künstler, sondern eine unsichtbare, ungeheure Kraft scheint hier den Baustoff Beton zu Kunstmaterial zu formen. Hauser, der in seinem Frühwerk seine der Konkretion nahestehenden Formen in die Naturkräfte einbettet, scheint hinter den Verformungen als formschaffender Künstler zu verschwinden – was ihn mit den Künstlern der minimal art verbindet. Zugleich hat er mit den formenden Kräften den Zweck des hiesigen Instituts materialisiert: Strömungstechniken. Hauser stellte in einem Gespräch 2003 die Betonplastik am Pfaffenwaldring als werkstofflichen Irrweg in seinem Werk dar. Obwohl er in Beton Ähnliches realisierte wie mit dem leichten, biegsamen Stahlblech, hat er sich wohl den illustrativen Charakter des Werkes verübelt. Ein ‚typischer’ Hauser ist übrigens auf dem Campus in Vaihingen im Treppenhaus des Instituts für Thermische Strömungsmaschinen im Pfaffenwaldring 6 zu sehen: das Stahlrelief 4/1962. Hier entfalten sich Kanten, Grate im Relief. Im Stahl versteckte Formen brechen das Material auseinander und kündigen die späteren Plastiken an, mit denen Hauser nicht nur in Stuttgart oder Baden-Württemberg bekannt wurde, sondern in ganz Europa.

Bärbel Küster

 

 

 
last change: 30.06.07 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart