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Architekturabsolvent ist Taut-Preisträger

30. Juni, Berlin, Bundeskanzleramt: Staatsminister Bernd Neumann, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, überreicht vier Hochschulabsolventen mit den jahrgangsbesten Diplomarbeiten im Fach Architektur den Taut-Preis. Der höchst dotierte Preis für den begabten Architekturnachwuchs wird zum sechsten Mal vergeben, erstmals mit dabei ein Absolvent der Uni Stuttgart – Thomas Gantner.

  Thomas Gantner  

Thomas Gantner

 

 

„Der Taut-Preis ist schon eine super Sache“, sagt Thomas Gantner, der 2005 an der Uni Stuttgart sein Studium der Architektur und Stadtplanung abgeschossen hat. Angesichts der großen Konkurrenz und der „vielen Schritte, die man überleben muss“, vergleicht der Taut-Preisträger sein Glück mit einem Lottogewinn. Das Stipendium in Höhe von 2.050 Euro pro Monat ermöglicht dem 27-Jährigen einen einjährigen Auslandsaufenthalt in einem international angesehenen Architekturbüro. Auch ein Postgraduiertenstudium an einer ausländischen Hochschule wäre möglich gewesen, aber nach dem langen Studium, nach jeder Menge Theorie und vielen Praktika hat sich der ausgezeichnete Nachwuchsarchitekt für die Arbeit und für London entschieden.Thomas Gantners Frau Mei Ying hat dort eine Anstellung als Architektin gefunden, er sich ein renommiertes Büro für seine einjährige Stipendiatenzeit ausgewählt. Nun hofft er auf interessante Projekte. Groß muss es dabei nicht zugehen. Zwar wäre zum Beispiel ein Museumsbau schon toll, räumt Thomas Gantner ein, aber auch der Entwurf von Kindergärten oder Schulen reizt ihn. Viele seiner Bekannten sind schon auf der Insel, denn „in London herrscht im Vorfeld der Olympischen Spiele Aufbruchstimmung im Wohnungsbau“, weiß Gantner. Gute Aussichten also, zumal ihm Inseln Glück zu bringen scheinen.

Entwürfe, die sich wie selbstverständlich integrieren

In seiner mit dem Taut-Preis gekürten Diplomarbeit hat Thomas Gantner als Alternativvorschlag zur großen Erweiterung des Friedhofs San Michele auf der verlassenen Insel San Giorgio in Alga eine „Stadt der Toten“ geschaffen. Boris Podrecca, Professor an der Uni Stuttgart mit Büro in Venedig, hat ihn auf dieses Diplomarbeitsthema aufmerksam gemacht. Dreimal war Gantner vor Ort und hat viel skizziert. Sein Entwurf sollte mit dem Ort verwurzelt sein, das Entstehende sich so selbstverständlich integrieren, als sei es schon immer da gewesen. Dem Thema angemessen, heute aber nur noch selten praktiziert, hat der Nachwuchsarchitekt seine Arbeit mit der Hand gezeichnet: „Weil es Spaß macht, und weil ich noch einmal machen wollte, was später im Beruf wohl so nicht mehr möglich ist.“ Ein Wagnis sei es schon gewesen, merkt er an, „wo doch heute alles mit dem Computer gezeichnet wird“, aber er hat sehr genau gezeichnet und sich zuvor die Zustimmung seines Professors eingeholt.

Bauten, die „berühren“

  Entwurf für die Stadt der Toten  

Sein Entwurf für die Stadt der Toten – hier ein Ausschnitt mit der Hafenkapelle – hat Thomas Gantner den Weg zum renommierten Taut-Preis geebnet.
                                                                     (Foto: Gantner)

Nie wird sie gebaut werden, die „Stadt der Toten“. Was sich Thomas Gantner für seine realisierten Entwürfe wünscht, dass „man davon berührt wird“, macht sich aber auch schon im Modell bemerkbar. Wer über die Weite der Lagune kommend Gantners „Stadt der Toten“, einen „Ort der Ruhe und Würde“, ansteuert, umfährt zunächst die geschlossen wirkende Nordseite der Insel San Giorgio in Alga. An der sich öffnenden Westseite finden sich der Hafen, ein länglicher Neubau, Sakristei und Kapelle. Die Katakomben im Innern der Friedhofsanlage, mit Sargwänden und Gruften, werden durch Innenhöfe erhellt, die teilweise Ausblick auf das Meer, den Horizont, Himmel und Venedig gewähren, Wasserstellen und hängende Gärten enthalten. Der Widerhall der Wellen, die gegen den Backstein schwappen, ist immer wieder zu hören. Auf dem Dach der Anlage, das sich gleich einer riesigen Freitreppe nach und nach dem Wasserniveau nähert, trifft der Besucher auf eine Gartenlandschaft mit Getreidepflanzungen und den Himmel reflektierende Glasplatten. Hier ist viel Platz für Erd- und Urnengräber. Die Fußwege zwischen den Grabreihen mit ihren unterschiedlichen Texturen aus Sand, Mergel und Kies lassen die eigenen Schritte und die der anderen wahrnehmen.

  Seine Diplomarbeit musste Thomas Gantner, der eigentlich sehr gerne im Team arbeitet, alleine angehen. Für die ferne Zukunft sind daher die Zusammenarbeit mit Kollegen und ein eigenes Architekturbüro angedacht. Zuvor wird er allerdings noch Praxiserfahrung sammeln, in England, in Frankreich, die Welt steht ihm offen. Und vielleicht bleibt sogar etwas Zeit für seine Hobbies wie Sport, Musik – und Kinderbücher. Kinderbücher findet Gantner „wahnsinnig interessant“ und eines hat er gar schon komplett selber gemacht: Geschichte, Illustration, Bindung – auch Bücher binden kann der Nachwuchsarchitekt.

Julia Alber

 

 

 

 

 
last change: 22.12.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart