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Lange Nacht der Wissenschaft > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da …
 
  Lange Nacht

Unter dem Motto „Fußball und die WM im Fokus der Wissenschaft“ hatte die Uni Stuttgart vom 7. auf den 8. Juli zu einer Premiere geladen: der Langen Nacht der Wissenschaft. Kulinarische Köstlichkeiten aus aller Welt, im Ohr fetzige Musik, vor dem Auge tanzende Schönheiten und zwischendurch physikalische Experimente zum Staunen und Mitmachen. Schon allein dies ein tolles Programm für einen unterhaltsamen Abend, aber eben nur der kleinste Teil, denn auch in zahlreichen Hörsälen und Instituten ging es auf dem Campus bis spät in die Nacht heiß her.

 

„Toooor!“ Die Zuschauer jubeln, die Spieler zeigen keine Regung. Ja, die CoPS Stuttgart (Cooperative Soccer Playing Robots Stuttgart) haben sich voll unter Kontrolle, immerhin sind sie Vizeweltmeister1) – die fünf Fußballroboter, die sich auf dem acht mal zwölf Meter großen Kunstrasen mit dem Weltmeister-Team der Uni Osnabrück um das runde Leder rangeln. Zwei Halbzeiten à 15 Minuten spielen die 50 auf 50 Zentimeter großen Roboter, während der fünfminütigen Pause wird an der Taktik gefeilt. „Statt auf starke Einzelkämpfer setzen wir auf das Zusammenspiel“, verrät Reinhard Lafrenz, Doktorand am Institut für Parallele und Verteilte Systeme, und sein Kollege Frank Schreiber erklärt: „Bis 2050 will die weltweite RoboCup-Initiative ein Roboterfußballerteam auf die Beine stellen, das gegen den amtierenden Weltmeister antritt.“ Interessante Aussichten. Das Wissen um die „Spieler-Programmierung“ findet jedoch zum Beispiel auch Eingang in die Automobil- und Verkehrstechnik oder die Service- und Überwachungsrobotik.

 

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Sind Sie im Gleichgewicht?

Eine ungeschickte Bewegung, der Fuß ist verstaucht. Gerade beim Sport passiert dies oft, müsste aber nicht sein. Optimal konstruierte Prothesen können helfen. Mit denen beschäftigt man sich am Institut für Sportwissenschaft und simuliert dazu das Fußumknicken. „Oh“, dem älteren Herrn tut schon das Zuschauen weh, die Doktorandin aber lacht: „Alles halb so schlimm.“ Der Turnierkreisel nebenan sieht nicht so gefährlich aus, einfach wie ein halber Fußball, auf dem ein rundes Brett liegt. Typischerweise in Reha-Zentren und Sportakademien eingesetzt, stammt dieses Exemplar allerdings vom Institut für Statik- und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen – und hat es in sich: während man darauf zu stehen versucht, erfassen Sensoren jede Bewegung, und nach 30 Sekunden Wackelei bringt es der Computerausdruck schwarz auf weiß an den Tag, wie es um unser Gleichgewicht bestellt ist.

Von Modellautos, virtuellen Menschen und Deichen

Eine ruhige Hand ist beim Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design angesagt: „Sonst gibt es unschöne Schrammen“, erklärt eine junge Dame ihrem Freund, während sie die Rundungen eines Autos modelliert. Wer sich in virtuelle Welten begibt, hat mit anderen „Unruhen“ zu kämpfen. Die Wissenschaftler am Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme (VISUS) beschäftigen sich mit parallelen Graphik-Computern, erklärt Prof. Thomas Ertl. Diese werden benötigt, um großformatige Displays mit hoher Auflösung zu realisieren, die beispielsweise die 3D-Darstellung eines Menschen von Kopf bis Fuß oder die Entwicklung ganzer Galaxien zu einem optisch flüssig ablaufenden Ereignis werden lassen. Ganz reales Wasser fließt über das Banner des Wasserbaus und ganz real ist gerade auch der Deich gebrochen. Automatisch ist der Junge in der ersten Reihe ausgewichen – auch in Aquariumsdimensionen ist so ein Deichbruch beeindruckend. Das Institut für Eisenbahn und Verkehrswesen hat zur Knobelfahrt geladen. Trotz mehrerer Fehlfahrten gibt das Pärchen nicht auf, mit Holzlock und Wägelchen zu hantieren. Sie wollen es jetzt wissen: Ist das Rangieren wie vorgegeben möglich?

 

 
 

Lange Nacht

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Mit Spinat zu magnetischen Fähigkeiten

Im voll besetzten Hörsaal outet sich Prof. Gert Denninger als Magier2). Der Physiker lässt eine supraleitende Physikerin schweben, zeigt, dass Sand aus Australien die Sanduhr beim Rieseln leichter macht und zwei Löffel Spinat – voll von Eisen – magnetische Fähigkeiten verleihen. Ob man das alles im Physik-Studium lernt? In der Chemie rüsten sich derweil Gummibärchen zur Himmelfahrt, kann man über zwei Stockwerke ein Seifenblasen-Segel ausziehen und Leute aus der Anorganischen Chemie treffen, die unter anderem daran arbeiten, dass unser Fernseher mit der Hilfe von Kristallen bunte Bilder liefert. Stoffe bereits im Nano- und Mikrometerbereich maßschneidern und ihnen mechanische, chemische, elektrische, magnetische oder optische Funktionen geben, damit beschäftigen sich unter anderem die Institute für Metallkunde, für Ni.htmletallische Anorganische Materialien, für Makromolekulare Stoffe und Faserchemie sowie für makromolekulare Chemie. Die so genannten organisierten Materialien sollen in der Zukunft zum Beispiel in Bauteilen, Sensoren, Beschichtungen oder Implantaten Verwendung finden, weiß Prof. Fritz Aldinger.

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Feuerwerk aus der Vogelperspektive

Wer gut geplant hatte, fand sich im Logenplatz, als die Chemiker die ersten bunten Sternenblüten in den Nachthimmel zauberten. Über dem Vaihinger Campus schwebend im Korb eines Krans, den das Institut für Baubetriebslehre für „Höhenflüge“ bereitgestellt hatte. Aus dieser ungewohnten Perspektive präsentierte sich das Feuerwerk nochmal so schön. Und danach? Die Nacht war noch jung und es gab es noch viel zu entdecken, und zum Schlafen war auch später noch Zeit genug...

  Übrigens: Im Jahr 2007 lädt die Universität Stuttgart am Samstag, den 23. Juni wieder zu einem Tag der Wissenschaft.

Julia Alber

1) Mehr zur erfolgreichen Teilnahme der Stuttgarter CoPS an der diesjährigen RoboCup-Weltmeisterschaft finden Sie auf Seite 25.
2) Wer weiß, vielleicht hat ja Prof. Gert Denninger mit seinem Auftritt bei der Langen Nacht eine neue Karriere gestartet? Jedenfalls widmete die Zeitschrift „Magie“ in ihrer Ausgabe 10/2006 Denningers „unterhaltsamer Physikshow“ eine ganze Seite und lobte diese als „gelungenen Mix aus physikalischen Experimenten und zauberischen Einlagen“. Die Zeitschrift des Magischen Zirkels von Deutschland e.V., der internationalen Vereinigung der Zauberkünstler, wertete seinen Auftritt als „gute Werbung für die Zauberkunst und eine überaus interessante Form, Magie einmal anders zu präsentieren“.

 


 

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last change: 20.12.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart