Unikurier Inhaltsverzeichnis Suchen Uni Home
Der Operationssaal der Zukunft besticht durch Ergonomie > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
Chirurgie ohne Schulterschmerzen

Ob Bürostuhl, PC-Tastatur oder Operationssaal: Die Ergonomie beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Arbeitswelt gut an den Menschen anpassen lässt. Im Rahmen des ersten interuniversitären Zentrums für medizinische Technologie arbeiten Prof. Thomas Maier und Dr. Markus Schmid vom Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design der Uni Stuttgart am OP der Zukunft – zusammen mit dem Institut für Arbeitswissenschaften und Technologiemanagement, dem Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen sowie mit Kollegen der Uni Tübingen.

  Die ergonomische OP-Liege  

Die ergonomische OP-Liege lässt sich bequem betätigen und minimiert Ver-spannungsschmerzen bei Operateur und Patient.                                     (Fotos: IKTD)

Vier bewegliche Wände, eine in der Höhe verstellbare Decke – in einer Fabrikhalle in Tübingen wird derzeit ein voll flexibler Raum aufgebaut. Schritt für Schritt soll daraus ein bislang einzigartiger Experimental- und Demo-Operationssaal werden. Komplett nach ergonomischen Gesichtspunkten eingerichtet, wird dieser in Zukunft bei der Weiterbildung von Ärzten und medizinischem Personal eingesetzt oder bei Schulungen von Medizingeräteherstellern. Doch bevor es so weit ist, steht noch viel Arbeit an. Um den Ist-Zustand der Arbeitsbedingungen in heutigen Operationssälen genau zu erfassen, ist Markus Schmid mit einer Kamera während Operationen vor Ort und filmt. Im Zentrum des Interesses stehen der Patient, das medizinische Personal, die Geräte und die Schnittstelle Mensch-Maschine.

 Welche Arbeitshaltung nimmt der Operateur ein? Wird er nach mehreren Stunden Probleme mit Schultern oder Armen bekommen oder mit dem Fuß, der einen Schalter bedient? Hat er zusammen mit seinem Assistenten genügend Platz am OP-Tisch und lässt sich dieser passend für den Eingriff einstellen? Sind Instrumente und Geräte gut zu bedienen, die Bildschirme ohne Probleme einsehbar und die visuelle Informationsdarstellung eindeutig? Gibt es Stolperfallen, wie Kabel auf dem Boden, oder kommen sich an der Decke OP-Leuchte und andere Geräte in die Quere? Wenn Thomas Maier und Markus Schmid den Arbeitsplatz Operationssaal genau unter die Lupe nehmen, kommt Frage um Frage auf.

  Der OP der Zukunft entsteht virtuell. Jeder Arbeitsschritt ist dabei bis ins Detail durchgedacht  

Der OP der Zukunft entsteht virtuell. Jeder Arbeitsschritt ist dabei bis ins Detail durchgedacht.

Fehlerlose Mensch-Maschine-Interaktion

Damit im OP auch unter Stress sicher und fehlerfrei gearbeitet werden kann, sollte die visuelle, akustische und haptische Interaktion zwischen Mensch und Maschine ideal und unmissverständlich sein. Von dieser Forderung ist der durchschnittliche heutige Operationssaal oft noch weit entfernt, in dem sich nicht selten viele medizinische Geräte unterschiedlichster Hersteller finden, die nicht aufeinander abgestimmt sind und daher zu Bedienungsfehlern führen können. „Die OP-Planer nehmen diese Probleme zunehmend wahr“, weiß Thomas Maier, und auch an den Krankenhäusern selbst wachse das Wissen um die Wichtigkeit, Systeme zu verbessern und aufeinander abzustimmen. Zum einen natürlich wegen der Patientensicherheit, zum anderen aber auch wegen der Effektivität – denn den Umgang mit vielen verschiedenen Geräten erlernen, das kostet Zeit und Geld.

MIC und Neurochirurgie: beste Lernfelder

Minimal Invasive Chirurgie (MIC) und Neurochirurgie haben die Forscher ausgewählt, anhand derer sie das OP-System-Interface der Zukunft entwickeln. Die minimalinvasive Chirurgie bietet sich an, da diese schonende Operationsform einer besonderen Visualisierung des Operationsgebiets bedarf. Der Chirurg kann die Stelle, an der er arbeitet, nicht direkt einsehen, sondern muss sich mithilfe von Monitorbildern orientieren. Dies gilt auch für die Neurochirurgie. „Sie ist ein besonders gutes Lernfeld“, erklärt Markus Schmid, „da es sich hier zumeist um komplexe, schwierige und lange Operationen handelt“.

  Modernste Software lässt den ergonomischen OP der Zukunft zunächst virtuell entstehen. Erst dann zieht er in seinen flexiblen Raum ein, wo sich in der Praxis zeigt, ob das Ziel der Wissenschaftler erreicht wurde – eine einfache, intuitive, situative und effiziente Bedienung aller OP-Systemkomponenten. „Nach einer achtstündigen Operation werden alle Beteiligten den OP nicht mehr so belastet verlassen wie bisher“, nimmt Thomas Maier die Zukunft vorweg.

Julia Alber

 
   

 

KONTAKT

                                                                  

Prof. Thomas Maier
Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design
Tel. 0711/685-66060
Fax 0711/685-66219
e-mail: thomas.maier@iktd.uni-stuttgart.de
 > > > www.iktd.uni-stuttgart.de/design/

 

 

 

last change: 28.05.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart