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Hightech-Winzlinge mit Scharfblick

Innovative Bildsensorchips können Blinden das Augenlicht zurückgeben und ermöglichen die Herstellung preiswerter Endoskope mit hervorragender Bildqualität. Entwickelt werden die Hightech-Winzlinge am Institut für Physikalische Elektronik (IPE) der Uni in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls auf dem Uni-Campus angesiedelten Institut für Mikroelektronik (IMS).

  Retina-Implant-Chip  

Der Retina-Implant-Chip übernimmt die Funktion der natürlichen Photorezeptoren und stimuliert die Nervenzellen der Netzhaut entsprechend dem optisch im Auge erzeugten Bild der Umwelt.
                                                      (Foto: Retina Implant)

Beide Institute kooperieren bereits seit Jahren erfolgreich und bringen ihre Erfahrung in der Medizintechnik jetzt in das neue IZST ein. Dabei setzt das IPE unter der Leitung von Prof. Jürgen Werner seine Forschungsschwerpunkte in den Bereichen der Photovoltaik, der Dünnschicht- und Halbleitertechnologie, während das IMS unter der Leitung von Prof. Joachim Burghartz in der Entwicklung hochdynamischer elektronischer Bildsensoren international eine Spitzenposition einnimmt. Eine hervorragende Ausgangsbasis für die Entwicklung von Netzhautimplantaten, spezialisierten Kamerachips und Photodetektoren für die Bioanalytik.

  Zu den jüngsten Forschungsergebnissen zählen so genannte Retina-Implantatchips. Dies sind aktive Bildsensorchips, die subretinal unter die Netzhaut verpflanzt werden und Blinden einen Großteil ihres Sehvermögens zurückgeben sollen. Bei einigen vergleichsweise häufigen Erkrankungen des menschlichen Auges (Makula-Degeneration, Retinitis Pigmentosa) wird nämlich der Verlust des Sehvermögens durch das Absterben der Fotorezeptoren der Netzhaut (Retina) verursacht, während ihre signalverarbeitenden Schichten weitgehend unversehrt bleiben. Ein Retina-Implant-Chip übernimmt nun die Funktion der natürlichen Photorezeptoren und überträgt diese an das originäre Retinagewebe. Dadurch werden die Nervenzellen der Netzhaut entsprechend dem optisch im Auge erzeugten Bild der Umwelt stimuliert.

 Der am IMS gemeinsam mit dem Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) an der Uni Tübingen, der Tübinger Retina Implant AG und anderen Partnern gefertigte Retina-Chip wurde zur Implantation auf ein Kunststoffbändchen montiert, das als flexibler, biokompatibler Träger für die Bauelemente fungiert. Bei der Entwicklung dieser Technik übernahm das IMS den Entwurf und die Fertigung der Bildsensorchips, das IPE arbeitete an der biostabilen Beschichtung der Chipoberfläche.

  Innovative Kamerachips ermöglichen Einweg-Endoskope im Miniaturformat  

Innovative Kamerachips ermöglichen Einweg-Endoskope im Miniaturformat.
                                                       (Foto: IMS)

Kombinierte Technologien

Auch in der neuartigen Thin-Film-on-CMOS (TFC) Technologie kooperieren IMS und IPE intensiv. Hierbei werden Mikroelektronik und Dünnschichttechnologie kombiniert. Das IMS fertigt seit über zehn Jahren Bildsensorchips für verschiedene Anwendungen in der CMOS (Complementary Metal Oxide Semiconductor) Technologie. In die mikroelektronischen Ausleseschaltungen der IMS-Sensoren werden nun die am IPE hergestellten Fotodetektoren auf der Basis amorphen Siliziums vertikal integriert. Dies erlaubt die Herstellung neuartiger Bildsensoren mit besonderen Eigenschaften. So kann die nach der eigentlichen CMOS-Fertigung in einem „Add-on-Prozess“ aufgebrachte Fotodiodenschicht für die spezielle Anwendung optimiert werden und ist zudem wenig empfindlich für ionisierende Strahlung oder induzierte Gefügestörungen. Während übliche Sensorchips meist nur eine zu 50 Prozent fotoempfindliche Oberfläche haben, bedeckt die Fotodiodenschicht die Sensoroberfläche nahezu vollständig. Dies verbessert die Leistungsfähigkeit erheblich.

  Die Kombination von Dünnschicht- und CMOS-Technologie erlaubt zudem die Fertigung von Bildsensoren mit sehr kleinen Pixeln, wie sie beispielsweise in der Endoskopie benötigt werden. Im Rahmen des europäischen Verbundprojekts Intracorporeal Videoprobe (IVP) wurden Kamerachips für endoskopische Anwendungen hergestellt. Ein Mini-Endoskop mit einem Außendurchmesser von 3,5 Millimetern trägt an seiner Spitze einen Bildsensor mit circa 40.000 Bildpunkten. Solche Chips können in großen Stückzahlen kostengünstig hergestellt werden und erlauben somit auch die Fertigung von Einweg-Endoskopen.

Noch zahlreiche Forschungsideen

Für die Zukunft gehen den Kooperationspartnern die Ideen nicht aus. In Vorbereitung sind Projekte zur Entwicklung optischer Detektionssysteme für die Bioanalytik und die molekular-medizinische Diagnostik. Ziel innerhalb des IZST ist es, moderne Photodetektor-Entwicklungen für bioanalytische Verfahren nutzbar zu machen. Diese sollen in eine modulare Detektionsplattform integriert werden, die für unterschiedliche Anforderungen der Molekularmedizin weitgehend frei konfigurierbar und skalierbar ist.

 Speziell für die patientennahe Diagnostik (point-of-care testing) bieten sich Verfahren aus der Bioanalytik an, da diese automatisierbar und in hohem Maße spezifizierbar sind. Optische Messmethoden eignen sich aufgrund ihrer Robustheit und einfachen Handhabung sehr gut für schnelle Analyseverfahren. Dünnschichtdetektoren auf der Basis amorpher Halbleiter, wie sie das IPE herstellen kann, erlauben aufgrund ihrer niedrigen Herstellungstemperatur die direkte Integration empfindlicher Photodetektoren mit Mikrofluidik-Komponenten eines molekularmedizinischen Analysesystems. Um die von diesen Dünnschichtdetektoren gelieferten Sensorsignale optimal zu verstärken, zu erfassen und auszuwerten, soll die Mixed-Signal Gate-Array Technologie des IMS zum Einsatz kommen. Vorprozessierte „Master-Wafer“, die in der Art eines Baukastens viele gleiche Grundstrukturen enthalten, werden in weiteren Prozessschritten mit Metallebenen versehen und erhalten so ihre spezifische Verdrahtung. Damit lassen sich selbst bei begrenzter Stückzahl auf einfache und sehr kostengünstige Weise komplexe Schaltungen realisieren, die insbesondere für die meist mittelständisch gewachsenen Analytikfirmen wichtig sind.

 Die Kombination dieser Stuttgarter Detektorentwicklung mit den geeigneten Nachweismethoden des Instituts für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Tübingen (Prof. Günter Gauglitz) und dem medizinischen Sachverstand des Zentrallabors des Universitätsklinikums (Prof. Erwin Schleicher) entstand aus intensiven Diskussionen innerhalb des Clusters „Sensorik und Steuerung“ des IZST. Falls die Vorarbeiten und Antragstellungen zur Realisierung dieser Ideen erfolgreich sind, dürften die daraus entstehenden Forschungsvorhaben zu den ersten im Rahmen des IZST beantragten und geförderten Projekten gehören.

Dr. Markus Schubert / Dr. Christine Harendt

 
   

 

KONTAKT

                                                                  

Prof. Jürgen Werner
Institut für Physikalische Elektronik
Tel. 0711/685-67140
e-mail: Juergen.Werner@ipe.uni-stuttgart.de

Prof. Dr. Joachim Burghartz
Institut für Mikroelektronik Stuttgart
Tel. 0711/21855-200
e-mail: burghartz@ims-chips.de
 

 

 

 

last change: 28.05.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart