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Ein IZKT-Symposium beleuchtet den ersten modernen Krieg > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
Der Krimkrieg als erster Medienkrieg

Der Krimkrieg ist im kollektiven Gedächtnis der Gegenwart kaum präsent. Als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts gilt der Erste Weltkrieg, den man gemeinhin für den ersten modernen, also technisch dominierten und von Massenmedien und Propagandakämpfen begleiteten Krieg hält. Ein internationales Symposium des IZKT in enger Zusammenarbeit mit der Université de Nancy im Juni 2005 stellte hingegen die Modernität des Krimkriegs ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

  photographic van  

Einen Eindruck von der Medienberichter-stattung im Krimkrieg vermittelt diese erst-mals in „The Illustrated London News“ vom 10. November 1855 erschienene Aufnahme: Sie zeigt Roger Fenton, der auf dem abgebil-deten „photographic van“ die Kriegsschau-plätze bereiste und insgesamt 360 Glas-platten belichtete.
    (Quelle: Library of Con-gress, Prints and Photographic Division – Washington D.C.)

Nicht erst in den Materialsschlachten des 20. Jahrhunderts, sondern bereits während des Krimfeldzuges der Westmächte verkeilten sich die gegnerischen Heere im mörderischem Dauerbeschuss bei der Belagerung Sevastopols.

   Neben den Auswirkungen neuer Techniken wie der Telegraphie, der Dampfschifffahrt oder der neuen Zylinder-Munition interessierte die Teilnehmer vor allem die mediale Bearbeitung der Ereignisse. Der Krimkrieg war der erste europäische Medienkrieg. Hier lag die Geburtsstunde eines neuen literarischen Genres: der Kriegsberichterstattung, die beispielsweise bei Tolstoi erstmals aus dem heroisierenden Duktus der napoleonischen Schlachtenbeschreibungen ausbricht und das Leiden des Einzelnen und das unkontrollierbare Chaos des Kampfes realistisch wiedergibt. Neu war auch die Rolle der Illustrationen und Photographien in den britischen und französischen Zeitungen. Im Krimkrieg wurden erstmals inszenierte Bilder hergestellt, zumeist mit propagandistischer Intention. Der Autor des Standardwerks zur visuellen Geschichte des Krimkriegs, Ulrich Keller (University of California), zog die Linie bis zu den Kriegen der Gegenwart. Wenn auch im Krimkrieg das massenhafte Töten erstmals medial vermittelt wurde, zum Beispiel in den großen Varieté-Spektakeln der europäischen Metropolen, so erreicht diese voyeuristische Inszenierung des Krieges doch mit den modernen Massenmedien eine neue Qualität. Das Fernsehen macht den Konsumenten des eingebetteten Journalismus zum integralen Bestandteil eines umspannenden Funktionszusammenhangs, dessen letzte Vermarktungsstufe die Computerspiele-Industrie zeitgleich zu den Ereignissen bereitstellt: Der Krieg als ultimatives Spektakel.

   Die durch die enge konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen IZKT, Geschichtswissenschaft und Philologie ermöglichte interdisziplinäre Herangehensweise der Tagung an diese Thematik darf auch aufgrund des öffentlichen Interesses und der Medienresonanz als voller Erfolg gewertet werden. Dank der Förderung seitens der DVA-Stiftung waren die Einbindung der französischen Teilnehmer und die begleitende Ausstellung im französischen Kulturinstitut möglich, wodurch die Universität ihre Verankerung in der Stadt unterstrich. Ein Sammelband mit den Beiträgen der Tagung ist in der vom IZKT im LIT-Verlag herausgegebenen Reihe vorgesehen.                 Felix Heidenreich/Martin Windisch

 

   

 

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Chancen und Risiken im Blick

Chancen und Risiken in den Politikfeldern Technik, Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz werden noch selten als interdisziplinäre Aufgabe verstanden. Zwei Neugründungen, die am 27. Juni 2005 im Internationalen Begegnungszentrum der Uni festlich begangen wurden, versprechen hier neue Impulse: So wurde am Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung der Interdisziplinäre Forschungsschwerpunkt für Risiko und Nachhaltige Technikentwicklung (ZIRN) eingerichtet. ZIRN wird sich auf die Voraussetzungen und Folgen nachhaltiger Technikentwicklung und deren Wechselwirkungen mit Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft konzentrieren. Vorausgegangen war die Gründung der Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung DIALOGIK. Die Einrichtung erforscht Lösungsansätze für die beobachtbaren Blockaden in risikosensiblen Politikfeldern. Zu den Projekten zählen unter anderem die Regulierung von Lebensmittelsicherheit im internationalen Vergleich, die Evaluierung von Kommunikationsmaßnahmen zur Risikokommunikation bei Mobilfunkanlagen sowie ein Trainingsprogramm für japanische Wissenschaftler zur Kommunikation über Technikfolgen und Risiken. Die Leitung von ZIRN und die Geschäftsführung von DIALOGIK liegt in den Händen von Prof. Ortwin Renn, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Techniksoziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Uni Stuttgart.                     uk

 

 

 

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Pressestelle der Universität Stuttgart