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Gedenktafel für Christian Mohr und Friedrich Hebbel > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
 
Was einen Ingenieur mit einem Dramatiker eint

Was haben der Dramatiker Friedrich Hebbel und der Mechanik-Professor Christian Otto Mohr der früheren Polytechnischen Schule, späteren TH und heutigen Universität Stuttgart gemeinsam? Nun, sie stammen beide aus dem schleswig-holsteinischen Wesselburen und sind seit kurzem auf einer gemeinsamen Gedenktafel am heutigen Hebbelmuseum, dem Wohnort des Dichters und Geburtshaus des Professors, als zwei bedeutende Söhne dieses Städtchens vereint.

  Auf der Gedenktafel in Wesselburen vereint sind nun Friedrich Hebbel und Christian Otto Mohr.  

Auf der Gedenktafel in Wesselburen vereint sind nun Friedrich Hebbel und Christian Otto Mohr.
                                        (Foto: Hanss)

Otto Mohr wurde 1835 in Wesselburen geboren, im selben Jahr, in dem Hebbel den Ort verließ. Sein Vater war der Kirchspielvogt Johann Jakob Mohr, der bis dahin der Dienstherr des Dichters war. Die Initiative, nun auch an den berühmten Mechaniker und Begründer der graphischen Statik zu erinnern, war an der Universität Stuttgart gerne aufgenommen und von der Freundesvereinigung auch unterstützt worden, berichtete Prof. Lothar Gaul vom Institut A für Mechanik bei der Einweihung Ende Mai 2005. Otto Mohr war 1867, im Alter von 32 Jahren, auf die neu eingerichtete Professur für Mechanik, Eisenbahntrassen und Erdbau in Stuttgart berufen worden. Zuvor hatte er an der Polytechnischen Schule in Hannover studiert und als Eisenbahningenieur Praxiserfahrung gesammelt. Mohr lehrte in Stuttgart die graphostatische Behandlung von Konstruktionsaufgaben und scharte bald einen begeisterten Kreis von Schülern um sich, zu denen neben Carl von Bach, einem Pionier der Ingenieurwissenschaften, auch August Föppl gehörte, der 1984 eine Professur in München übernahm. Föppl schildert Mohr als einen „Lehrer von Gottes Gnaden", dem allerdings die Rede „nur schwer und ungelenkt vom Munde“ kam. Doch – so schrieb er in seinen Erinnerungen – „über diesen kleinen Mangel sah man leicht hinweg: der wohldurchdachte Inhalt wirkte häufig wie eine Offenbarung auf uns".

   In Stuttgart erforschte Otto Mohr einen Weg zur graphischen Ermittlung komplizierter elastischer Biegelinien von Balken, erkannte als Erster die Analogie zwischen Differentialgleichungen eines Balkens und einer Seilkurve und leitete daraus seine Interpretation der Biegelinie mit dem Seileckverfahren ab. 1886 führte er die Einflusslinie ein, die den Einfluss der Belastungsposition auf die Biegeverformung beschreibt und vor allem bei wandernden Lasten wie der Eisenbahn kritische Zustände erkennen lässt. Übrigens kennt auch heute noch jeder Ingenieur die „Mohrschen Kreise“ zur grafischen Konstruktion der Transformationsgesetze von Spannungen und Verzerrungen bei Drehungen des Koordinatensystems. „Gerade diesem Kapitel sehen die Studierenden vor Klausuren mit großem Respekt entgegen“ erzählte Prof. Gaul.

   Bereits als international bekannter Ingenieurwissenschaftler wurde Mohr 1873 auf die Professur für Eisenbahnbau, Wasserbau und Graphostatik an das Königlich Sächsische Polytechnische nach Dresden berufen. Dort setzte er sich nach 27-jähriger Lehrtätigkeit zur Ruhe und starb 1918.

   Mohr habe als Mitbegründer der seinerzeit neuen Disziplin der graphischen Statik dazu beigetragen, dem Ingenieurwesen eine wissenschaftliche Grundlage zu gegeben zu haben, hob Prof. Gaul hervor. Als großer Lehrer und Forscher in Stuttgart und Dresden verdiene er dieses ehrende Andenken – auch an seinem Geburtshaus – in besonderer Weise.                                                           zi

 

  

 
 


 

 

last change: 08.01.06 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart