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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Tag der Lehre:  
Gute Lehre kann man lernen

Der fünfte Tag der Lehre, der jährlich an einer anderen Landesuniversität abgehalten wird, fand am 28. Oktober an der Universität Stuttgart statt. Unter dem Motto „e-Learning in der Lehre“ gab es im Inform-atikgebäude auf dem Vaihinger Campus Vorträge und Workshops, Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg diskutierte mit Studierenden und verlieh zwei herausgehobene Landeslehrpreise sowie 68 Baden-Württemberg Zertifikate.
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Für Susanne Lin-Klitzing vom Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie, hier mit Minister Peter Frankenberg, belohnt der Landeslehrpreis ihr Engage-ment in der Lehre. (Foto: Murat)
 „Wir wollen Lehre und Forschung in ein Gleichgewicht stellen“, sagte Minister Peter Frankenberg, als er den mit je 25.000 Euro dotierten Landeslehrpreis für herausragende Leistungen in der Lehre an Dr. Susanne Lin-Klitzing vom Institut für Erziehungs-wissenschaft und Psychologie der Universität Stuttgart und an Prof. Caroline Röhr vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Freiburg übergab. Beide Preisträgerinnen setzen elektronische Medien in der Lehre ein. Susanne Lin-Klitzing erhielt den Preis für die didaktische Konzeption, anregende Vielfalt und die klaren Strukturen ihrer Lehrveranstaltungen. Sie verbindet Formen offener und traditioneller Lehre ziel- und ergebnisorientiert miteinander und kombiniert Präsenz- mit Selbstlernphasen. „Bei der Lehrform des Gruppenpuzzles werden immer Einzelne zu Fachleuten eines Gebiets und geben ihr Wissen dann in Klein-gruppen an ihre Mitstudierenden weiter“, erklärte Lin-Klitzing. Von der Dozentin verlangt dies eine besondere Vorbereitung der Begleitmaterialien, der ganze Lehrstoff ist in voneinander unabh-ängige Teilgebiete zu splitten und die Materialien müssen so aufbereitet sein, dass die Lerneinheiten selbstständig erarbeitet werden können. Für diesen Part entwickelten die Studierenden unter Anleitung von Susanne Lin-Klitzing eine online verfügbare Lernsoftware. „Eine solche Grundlagen-Lernsoftware zum Thema Didaktik ist bundesweit ein Novum“, betonte Minister Frankenberg.

 „Um die Chemie zu verstehen, müssen die Studierenden ein räumliches Vorstellungsvermögen von Molekülen und Strukturen haben“, und deshalb setzt Caroline Röhr in ihren Vorlesungen neben Texten, externen Links und Grafiken auch auf interaktiv bewegbare Abbildungen. „Diese virtuellen Modelle“, so die Professorin für Anorgan-ische Chemie, „sind öffentlich im Internet zugänglich und schnell zu laden“. Erstellt mit Hilfe der Virtual Reality Modeling Language (VRML) benötigt man weder teure noch plattformabhängige Spezialprogramme - bis zu 15.000 Zugriffe innerhalb von 24 Stunden werden registriert und Rückmeldungen bestätigen das weltweite Interesse an den Seiten.

 

Neue Wege

Bei der Gestaltung der Lehre an der Uni Stuttgart versuche man, neue Wege zu gehen, erklärte Prof. Dieter Fritsch. Auf dem Gebiet des e-Learning habe die Universität Stuttgart als erste deutsche Hochschule bereits 2001 ein Konzept entwickelt, das den Einsatz neuer Medien in der ganzen Breite universitärer Lehre fördert (der unikurier berichtete). So wurden mit dem Programm „100-online“ viele Vorlesungen multimedial ins Netz gestellt und mit „self-study online“ sollen bis 2007 Teile des Studiums off-campus möglich werden - „20 Prozent wären schön“, so der Rektor. Dies war nur durch die Einbindung und Unterstützung des Rechenzentrums möglich, und „erstmals haben Professoren miteinander über ihre Lehre geredet und versucht, gemeinsam Probleme zu lösen“, hob Fritsch hervor. Dabei sei ein sehr offenes Klima entstanden, das habe die Uni voran gebracht hat. Jetzt gelte es, die didaktischen Möglichkeiten und Grenzen zu überdenken.

 

e-Learning als Mittel zum Ziel

In seinem Vortrag „Erfolgsfaktoren und strukturelle Voraussetzungen für e-Learning in der Hochschule“ mahnte Prof. Michael Kerres von der Universität Duisburg Essen, der e-Learning Einsatz sei kein Ziel, sondern ein Mittel, um damit Ziele zu verwirklichen - zum Beispiel, um die Lehre zu verbessern oder selbstverantwortliches Lernen zu unterstützen. Wichtig dabei: die Voraussetzungen müssen stimmen, darunter Organisation, Technik und entspre-chend ausgebildete Lehrende. Prof. Horst Dichanz von der Fernuniversität Hagen ging auf „Die bunten Blumen des e-Learning und die Frage nach ihrer Effektivität“ ein. In Workshops hatten die Teilnehmer anschließend Gelegen-heit, Teilaspekte des e-Learning zu diskutieren.

 

Lehrkompetenz ist karrierefördernd

Zum zweiten Mal wurden am Tag der Lehre auch die Baden-Württemberg-Zertifikate verliehen, die den Lehrenden hochschuldidaktische Kompetenz bescheinigen. 68 Hochschullehrerinnen und -lehrer - rund 50 Prozent mehr als im letzten Jahr - haben erfolgreich an dem Zertifizierungsprogramm des Hochschuldidaktikzentrums Baden-Württemberg und des Kompetenzzentrums für Medizin teilgenommen. Karin Kaiser vom Regionalverband Hoch-schuldidaktik Hohenheim, Stuttgart, Tübingen, Ulm freute sich: „Eine gute Lehrkompetenz ist zunehmend auch karrierefördernd für Hochschullehrer“. Das bundesweit einzigartige Programm, um Lehrende und Nachwuchs-wissenschaftler auf ihre Lehrtätigkeit vorzubereiten, erfreut sich großer Resonanz, hat viele Nachahmer gefunden und erfährt auch internationale Anerkennung. Lange Zeit, so Minister Frankenberg, sei die praktische Lehrkom-petenz im Vergleich zur hochschuldidaktischen Forschung vernachlässigt worden. Dabei: „Hochschullehre, die zum Lernen anregt, ist wesentlich, um Studierende zu motivieren“, und Prof. Fritsch merkte an: „Heute ist erst der ein richtiger Hochschuldozent, der Freude an der Lehre hat.“

Julia Alber

 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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