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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Sprachforschung I:
UmFAHREN oder UMfahren?

Ob ich etwas UmFAHRE oder UMfahre, macht für Fahrzeug und Hindernis einen gewaltigen Unter-schied. Wie Kinder die Feinheiten der Betonung erlernen, untersucht ein Forschungsprojekt am Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Uni am Beispiel von zehn Stuttgarter Familien.
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Wie Kinder sprechen lernen, wie sie das Lautinventar ihrer Muttersprache erwerben, ist bereits gründlich erforscht worden. Doch wie sie lernen, die Betonungsmuster ihrer Muttersprache zu verstehen und selbst anzuwenden, darüber ist bisher wenig bekannt. Forscher des Instituts für Maschinelle Sprachverarbeitung der Uni untersuchen in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt, wie Kinder in den Altersstufen von sechs Monaten bis sechs Jahren lernen, Wort- und Silbenbetonungen in der Lautsprache wahrzunehmen und zu produzieren. 

 

Feldforschung im Kinderzimmer: Projektmitarbeiterin Katrin Schneider mit ihrem dreijährigen Sohn Tjark.                 (Foto: Institut)

Differenzierte Hervorhebungen

Im Deutschen gibt es etliche Wortpaare, die sich nur durch die Silbenbetonung in ihrer Bedeutung unterscheiden: AUgust (der Vorname) und AuGUST (der Monat), ÜBER-setzen (mit der Fähre) und überSETzen (von einer Sprache in die andere), eine Tasse VOLLmilch und eine Tasse voll MILCH; oder eben umFAHREN und UMfahren. Die betonte Silbe kann vom Sprecher auf verschiedene Weise hervor-gehoben werden, etwa durch Anheben der Stimme, größ-ere Lautstärke, längere Dauer oder auch durch subtile Veränderungen der Stimmqualität. Typischerweise erfolgt die Betonung durch eine Kombination mehrerer dieser Mittel, wobei es durchaus Unterschiede von Sprache zu Sprache gibt. Kinder müssen die richtige Kombination in ihrer Muttersprache lernen.

 In das Projekt einbezogen sind bislang zehn Familien aus Stuttgart und der Region. Dabei beobachten die Wissenschaftler die Kinder zu Hause beim Spiel mit Tierfigur-Paaren wie Eisbär Bimo und Braunbär BiMO. So lässt sich nachvollziehen, in welchen Schritten die Kinder die Ausspracheunterschiede erlernen und ob sie dabei die gleiche Strategie anwenden wie ihre Eltern. Alle Sprach-äußerungen werden mit drahtlosen Mikrofonen digital aufgenommen später akustisch analysiert. „Die hoch sensible Aufnahmetechnik ermöglicht die Qualität von Laboraufnahmen im Feldversuch“, betont Projektleiter Dr. Bernd Möbius. Die Aufnahmen finden über einen Zeitraum von mehreren Jahren in regelmäßigen Abständen statt, so dass sich der Fortschritt beim Erwerb der Betonung genau dokumentieren lässt.                          uk

 

KONTAKT

Dr. Bernd Möbius
Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung
Tel. 0711/121-1381
Fax 0711/121-1366
e-mail: bernd.moebius@ims.uni-stuttgart.de

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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