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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Mathematik für Blindet:
Lambda gibt Formeln „fühlbar Gestalt“

Welche Probleme blinde Menschen bislang mit mathematischen Formeln haben und was sich dank Lambda (Linear Access to Mathematics for Braille - Device and Audio-Synthesis) daran ändern wird, war Thema zweier Präsentationen, die im März im Informatikgebäude der Uni sowie in der Stuttgarter Nikolauspflege für blinde und sehbehinderte Menschen stattfanden.
kleinbal.gif (902 Byte)
 

Ein Wurzelzeichen, darunter ein Bruch mit mehreren Klammern, von denen einige im Quadrat stehen: Was ein sehender Mensch mit einem Blick erfasst, wird für den Blinden zu einem langen Text. Dargestellt in Brailleschrift, kann er durchaus über mehrere Zeilen gehen. Das macht es enorm schwierig, den Überblick zu behalten oder diesen erst einmal zu bekommen. Ziel des Lambda-Projekts ist eine kurze, vereinfachte Mathematikschrift für den Computer - europaweit einsetzbar -, mit der blinde und sehende Menschen arbeiten können.

 

Europaweit „kompakte“ Formeln

Dr. Waltraud Schweikhardt vom Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme der Uni arbeitet mit Kollegen aus acht europäischen Ländern an dem von der Europäischen Union geförderten Projekt Lambda. Das im Rahmen dieses Forschungsprojekts entwickelte Softwarepaket basiert auf einem einfachen und intuitiven mathematischen Code, der sich am internationalen MathML-Code orientiert. Auf diese Weise ist die Grundlage dafür geschaffen, dass die verein-fachte Mathematikschrift ohne Kommunikationsprobleme in ganz Europa genutzt werden kann.

 Der Lambda Editor funktioniert wie ein normaler Texteditor, bietet aber noch weitere hilfreiche Dinge. Zusammengehörige Blöcke können markiert werden und die mathematischen Formeln sind in einer erweiterten oder verdichteten Form anzeigbar. So kann sich der Nutzer bei der verdichteten An-zeige zunächst einmal orientieren, wie groß die Formel ist oder welche Funktionen ihn unter der Formel „erwarten“. „Von der Gestalt geht es zum Detail - zur fühlbaren Gestalt, das ist absolut neu“, betont Waltraud Schweikhardt. Der Lambda Editor importiert Dokumente verschied-ener Formate, bringt sie auf die Braillezeile oder den Bildschirm und liest sie über die Sprachsynthese vor. Und zu guter Letzt druckt er sie aus: in linearer Lambda-Symbolik, einem standardisierten Grafik Format oder der tradi-tionellen 6-Punkt-Schrift. 

Das mathematische Dokument erscheint auf dem Bildschirm in der linearen Lambda-Darstellung und kann in ein gebräuchliches graphisches Format umgesetzt werden.          (Foto: Eppler)

 

Für Blinde und Sehende lesbar

Dank Lambda werden blinde und stark sehbehinderte Menschen in Zukunft selbstständig und effizient mathematische Texte lesen, verstehen und bearbeiten können, so das Ziel der Wissenschaftler und die Hoffnung von Elke Meinhardt-Nanz. Die Leiterin der Sonder-pädagogischen Beratungsstelle der Nikolauspflege, einer Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen, freut sich besonders, dass die einheitliche Mathematikschrift von sehenden und blinden Menschen gemeinsam genutzt werden kann.

Im September 2005 läuft die EU-Förderung für das vor drei Jahren gestartete Lambda-Projekt aus. Die Aussichten auf eine Verlänger-ung sind jedoch gut. „Im Prinzip ist unser Prototyp, der aufgrund seiner einfachen Bedienbarkeit schon in der Grundschule zum Einsatz kommen kann, schon in der Praxis einsetzbar“, konnte Waltraud Schweikhardt bei der Vorstellung des Projekts vor Medien-vertretern berichten und der Lambda-Day zwei Tage später in der Stuttgarter Nikolauspflege gab ihr recht. Schüler und Lehrer, die den Editor erprobten, waren schnell von ihm angetan und konnten gut mit ihm umgehen.

Julia Alber

 

KONTAKT

Dr. Waltraud Schweikhardt
Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme
Tel. 0711/ 7816-334
Fax 0711/ 7816-340
e-mail: Waltraud.schweikhardt@vis.uni-stuttgart.de

 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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